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Euro bleibt unter Druck - US-Daten enttäuschen

01.06.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.47 Uhr) bei 1.2365, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im asiatischen Handel bei 1.2325 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 78.45. In der Folge notiert EUR-JPY bei 97.00, während EUR-CHF bei 1.2010 oszilliert.

Gestern blieb der Euro unter Druck. Bis zum 17. Juni, den Wahlen in Griechenland, hängt eine Art Damoklesschwert über der Eurozone und damit über dem Euro. Die Tatsache, dass die Finanzmärkte auf für den Euro günstige Umfragewerte nicht reagieren, darf als Ausdruck einer massiven negativen Marktpsychologie gewertet werden. Auch der Umstand, dass sich die Iren laut Pressemeldungen mit solider Mehrheit für den Fiskalpakt ausgesprochen haben sollen, interessiert den Finanzfachmann von heute anscheinend wenig. Die Reaktionsmuster sind auf negative Daten aus der Eurozone fokussiert und sind dann regelmäßig ausgeprägt. Mit anderen Worten ergibt sich eine erhebliche Asymmetrie in den Marktreaktionen.

Der scheidende Weltbankpräsident Zoellick kritisierte indirekt die deutsche Regierung. Weltbank-Präsident Robert Zoellick hat die europäischen Staaten aufgefordert, sich für den Fall eines Austritts Griechenlands aus der Euro-Zone auf Finanzhilfen für Banken vorzubereiten.

Dieser Ansatz ist sachlich geboten und steht im diametralen Widerspruch zu den von Frau Merkel oder Herrn Brüderle eingenommenen Positionen. Wie bereits regelmäßig in den letzten 30 Monaten wirkt sich die deutsche Regierungspolitik damit als Katalysator einer Krisenbeschleunigung aus. Erst nein - dann doch ja - das Ja kommt dann jedoch regelmäßig zu spät, um eine angemessene Entspannung der Krise zu forcieren. Gibt es Lernkurven in Berlin oder was ist eigentlich die Agenda in Berlin?

Sollte Griechenland aus der Währungsunion ausscheiden und die Euro-Staaten nicht entschlossen die Finanzbranche stützen, könnte die daraus resultierende Krise den Kontinent zu einer wirtschaftlichen Gefahrenzone machen, schrieb Zoellick in einem Kommentar in der "Financial Times" vom Freitag.

So ist es. Genau das gefährdete die aktuelle Erfolgsstory der deutschen Wirtschaft. Offensichtlich hat man in Berlin verdrängt, wen die Konjunkturkrise 2009 in der Eurozone am stärksten traf! Die Länder müssten daher darauf vorbereitet sein, die Banken mit Geld aus dem künftigen Euro-Rettungsfonds ESM zu rekapitalisieren. Diese Flexibilität wäre sachlich geboten.

"Es ist aber bei weitem noch nicht klar, ob sich die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone mental auf diesen Schritt eingestellt haben", schrieb Zoellick. Wer kann hier nur gemeint sein?

Wir begrüßen, dass sich in bei den Strukturreformen der Reformländer der Eurozone eine zeitliche Anpassung ergibt, um damit eine relative konjunkturelle Stabilität zu ermöglichen. Es gilt halt die Interdependenz zwischen fiskalischer, konjunktureller und gesellschaftspolitischer Stabilität zu berücksichtigen, was 30 Monate lang nicht der Fall war und zur konjunkturellen und gesellschaftspolitischen Verunfallung Griechenlands führte, Man kann auch mal aus Fehlern lernen, auch wenn es sehr spät ist.

Damit kommen wir zum gestern veröffentlichten deutschen Arbeitsmarktbericht. Die saisonal bereinigte Arbeitslosenquote sank von zuvor 6,8% auf 6,7% (Vorjahr 7,1%). Damit wurde die niedrigste Quote seit 20 Jahren markiert.

Die Anzahl der Arbeitslosen in der saisonal bereinigten Fassung blieb unverändert bei 2.872.000. Der Vormonatswert wurde jedoch um 3.000 von 2.875.000 revidiert. Somit kam es nahezu zu einer Punktelandung bezüglich der Konsensusprognose, da ein Rückgang um 5.000 Arbeitslose unterstellt wurde. Der nachfolgende Chart stellt die Arbeitslosenzahl im Verlauf der letzten 10 Jahre dar.

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Die erste Schätzung der Verbraucherpreise der Eurozone per Berichtsmonat Mai stellte sich auf 2,4% nach zuvor 2,6%. Die Prognose lag bei 2,5%. Der unten angeführte Chart zeigt die Jahresrate der Verbraucherpreise im Verlauf der letzten 10 Jahre.

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Die Daten aus den USA enttäuschten in voller Breite und Tiefe und wirken sich in Form verstärkter Risikoaversion aus. Der Challenger Report lieferte per Mai einen Anstieg der von Massenentlassungen betroffenen Jobs von zuvor 40.600 auf 61.900. Im Monatsvergleich kam es damit zu einem Anstieg um 52,6% und im Jahresvergleich um 66,7%. Der Blick auf den langfristigen Chart verdeutlicht, dass die aktuelle Verwerfung als nicht prekär eingestuft werden sollte.

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Der "US-ADP Employment Report“, der Auskunft über die neu geschaffenen Stellen in der Privatwirtschaft nach Berechnung von ADP gibt, enttäuschte Per Mai gleichfalls mit 133.000 neu geschaffenen Stellen. Analysten hatten mit 148.000 Jobs gerechnet. Mehr noch wurde der Vormonatswert von 119.000 auf 113.000 revidiert.

Auch hier verrät der Blick auf den Chart, dass die Entwicklung bei weitem nicht prekär ist. Seit Anfang 2010 werden in der Privatwirtschaft der USA neue Jobs geschaffen. Die Dynamik des Jobaufbaus lässt jedoch seit Ende 2011 nach. Diese Entwicklung ist eng mit der europäischen Defizitkrise korreliert.

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Das US-BIP per 1. Quartal 2012 wurde den Erwartungen entsprechend von bisher 2,2% auf 1,86 in der annualisierten Fassung revidiert. Der Konsum mit +1,9%, Investitionssektor mit 0,61% und der Lagersektor mit 0,21% trugen zu dem Ergebnis bei. Exporte mit -0,08 und die Regierung mit -0,78% wirkten sich dagegen belastend aus.

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Die Arbeitslosenerstanträge per 26.Mai verzeichneten einen unerwarteten Anstieg von zuvor 373.000 (revidiert von 370.000) auf 383.000. Die Prognose lag bei 370.000 Anträgen. Hier ergibt sich im Verlauf der letzten Wochen eine leichte Versteifung.

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Besonders enttäuschte jedoch der Einkaufsmanagerindex aus Chicago per Berichtsmonat Mai. Hier ergab sich ein deutlicher Rückgang von zuvor 56,2 auf 52,7 Punkte. Die Prognose lag bei 56,5 Zählern.

Auch die Subindices spiegelten diesen Rückgang umfänglich. Der Auftragsindex fiel von 57,4 auf 52,9 Punkte, während der Produktionsindex von 57,1 auf 50,0 sank und der Beschäftigungsindex von 58,7 auf 57,0 zurückging.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein nachhaltiges Überwinden des Widerstandsfelds bei 1.2820 - 50 neutralisiert den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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