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Europäischer Nachrichtenmix und US-Daten forcieren Risikoaversion

01.10.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.51 Uhr) bei 1.2830, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im US-Handel bei 1.2804 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 77.85. In der Folge notiert EUR-JPY bei 99.90, während EUR-CHF bei 1.2085 oszilliert.

Zu Wochenbeginn ergibt sich eine Fortsetzung der Korrekturbewegungen für den Euro und Risikoaktiva. Neben aufkeimenden Konjunkturängsten bedingt durch die US-Konjunkturdaten des letzten Freitags, den japanischen Tankanbericht oder den Einkaufsmanagerindex Chinas für das produzierende Gewerbe belastet vor allen Dingen derNachrichtenmix aus der Eurozone. Die zum Teil von Ausschreitungen begleiteten Demonstrationen gegen die Reformpolitiken in den Reformländern wirken auf internationale Investoren und Marktteilnehmer abschreckend.

Die Frage ist, ob es den Demonstranten bewusst ist, dass sie den Ast belasten, auf dem sie sitzen. Ohne europäische Solidarität beginnt dort erst das Leiden. Es ist auch verstörend, dass die Bevölkerungen die kurzfristigen Vorteile aus den Fehlsteuerungen gerne genossen haben, aber nur sehr bedingt bereit sind, deren Konsequenzen durch Anpassungen zu ertragen.

Die Einlassungen des slowakischen Ministerpräsidenten, der über zu erwartende Austritte spekuliert, ist ebenso wenig hilfreich. Faktisch untergraben derartige verbale Sportlichkeiten die Interventionspolitik der Eurozone und die bereits erfolgten Anpassungen im Rahmen der Reformpolitik.

Die Veröffentlichung der spanischen Defizitzahlen seitens der spanischen Regierung ist an sich nicht negativ, sondern hinsichtlich der Fakten als neutral zu bewerten. Das Thema Bankenhilfen ist jedoch Hypothek und wirkt sich entsprechend negativan den Finanzmärkten aus. Wenden wir uns kurz Großbritannien zu. Wir bedienenuns der Reutersmeldung und pflegen unsere Kommentare in "blau“ ein.

Großbritanniens Schuldenstand und das schleppende Wirtschaftswachstum erhöhen nach Einschätzung der Ratingagentur Fitch den Druck auf das Top-Rating des Nicht-Euro-Landes. Das ist sachlich richtig - der Schuldenstand liegt schließlich deutlich oberhalb des Niveaus Spaniens und die Neuverschuldung ist sogar deutlich dynamischer! Fitch bestätigte am Freitag die britische Bestnote AAA, hielt aber zugleich am negativen Ausblick fest. Gut, das nehmen wir leicht irritiert zur Kenntnis.

Die Kreditwürdigkeit des Königreichs steht bei Fitch schon seit März auf dem Prüfstand: „Chapeau und immer noch nichts passiert, obwohl bezüglich der Heilung der Defizite die Ziele verfehlt werden!“ Ein negativer Ausblick bedeutet, dass eine Herabstufung folgen könnte. Stimmt! Bei den Kontinentaleuropäern ging das aber sehr schnell im Gegensatz zu den USA, Japan und UK! Zur Begründung für das zunächst aber weiter bestehende Top-Rating führte Fitch die politische Stabilität (gibt es die nicht auch parlamentarisch in den kontinentaleuropäischen Reformländern?)und die Vielseitigkeit der britischen Wirtschaft an. Sorry Fitch, Vielschichtigkeit der britischen Wirtschaft?

Ausgehendes Nordseeöl, nebenmassiver einseitiger Ausrichtung auf den Dienstleistungssektor bei viel zu wenig Produktion und daraus resultierenden strukturellen Handels- und Leistungsbilanzdefiziten? Derartige Statements sind verantwortlich für sachliche Fassungslosigkeit!Zudem gebe die Unabhängigkeit der Bank of England dem Land zusätzliche Flexibilität. Ja, es ist gut für die Bonität, wenn man im Zweifelsfall alles monetarisieren kann. Ist das nicht die maßgebliche Botschaft?

Wenden wir uns den Veröffentlichungen der US-Wirtschaftsdaten des letzten Freitags zu. Die Daten konnten insgesamt nicht überzeugen und wirkten sich sowohl auf den Euro als auch die Klasse der Risikoaktiva belastend aus.

Die persönlichen Einkommen nahmen in den USA per August um 0,1% zu. Die Prognose lag bei 0,2%. Nominal nahmen die Ausgaben um 0,5% zu. Real,also inflationsbereinigt, waren es jedoch nur 0,1%. Insgesamt enttäuschte der Report.

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Der Einkaufsmanagerindex für den Fed Bezirk Chicagodes produzierenden Sektors brach unerwartet von zuvor 53,0 auf 49,7 Punkte ein. Die Subindices spiegeln diesen Einbruch. So verlor der Beschäftigungsindex von 57,1 auf 52,0 Zähler, während der Auftragsindex förmlich von 54,8 auf 47,4 Punkte kollabierte.

Der Blick auf den Chart belegt, dass die Dynamikverluste mit dem sich abschwächenden Zyklus der Weltwirtschaft korreliert sind, der unseres Erachtens ursächlich durch die verschärfte Defizitkrise der Eurozone aufbauend auf unangemessener Spekulation gegen die Reformländer bedingt ist.

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Das Verbrauchervertrauen nach Lesart der Universität Michigan verfehlte in seiner finalen Fassung per September mit 78,3 Zählern die Konsensusprognose bei 79,0 Punkten, nachdem der vorläufige Wert sich auf 79,2 Punkte stellte. Gleichwohl kam es im Berichtsmonat zu einer markanten Aufhellung von zuvor 74,3 Zählern. Mit dem aktuellen Stand wurde das höchste Niveau seit Mai 2012 markiert.

Der Blick auf den langfristigen Chart verdeutlicht,dass sich der Index im Bereich der Höchstwerte seit 2007 bewegt. Der Index belegt aber auch, dass die Topniveaus zwischen 95 und 100 Punkten unverändert weit entfernt sind.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2600 - 1.2630 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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