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Eurostaaten arbeiten gemeinsam an Zukunft

10.10.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.37 Uhr) bei 1.2855, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Höchstkurse im europäischen Handel bei 1.2990 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 78.24. In der Folge notiert EUR-JPY bei101.55, während EUR-CHF bei 1.2112 oszilliert.

Nachdem Frau Merkel ihren von schwierigen Begleitumständen geprägten Besuch in Athen angetreten hat, hören wir viele Übereinstimmungen zwischen deutscher und griechischer Seite. Dies lag auch an dem nötigen Fingerspitzengefühl, das Frau Merkel in ihren Äußerungen zeigte. Der erhobene Zeigefinger wurde nicht gesichtet, stattdessen äußerte sie Verständnis für die verfahrene Lage des Landes. Wie gestern bereits im Forex Report angesprochen zeigt dieser Weg des diplomatischen Geschicks mehr Erfolgsaussichtenals deutsche Arroganz.

Die griechische Führung verspricht alles in ihrer Macht stehende zu unternehmen, um den gemeinsamen Feind - die Eurokrise - zu bekämpfen. Es geht um die "Sache“, nicht mehr um die Kernländer und 2Knoblauchstaaten“. So sieht tiefereIntegration im Alltag aus.

Bei den bisherigen Reformerfolgen (Abbau der Defizite der Dienstleistungs- und Handelsbilanz, Verringerung des Haushaltsdefizits, Senkung der Löhnstückkosen etc.) handelt es sich um beachtenswerte Erfolge, deren strikte Umsetzung durch die vorherrschende Rezession in dem Land stark erschwert wurde, aber trotzdem stringentverfolgt wird.

Durch die Neuwahlen im Frühjahr wurde die Reformtätigkeit für einige Monate aufgrund unklarer Zuständigkeiten ausgesetzt. Welche Rolle spielt es für die Eurozone, wenn das Land in diesem prekären Umfeld die Liste der zu leistenden Reformen nicht vollständig termingerecht umsetzen kann?

Hätte man dem Land nicht mehr geholfen wenn man es nicht alle drei Monate den Finanzmärkten zum Fraß vorgeworfen hätte? Solidarität bedeutet frei Übersetzt soviel wie Zusammenhalt und Unterstützung der Ziele von Gleichgesinnten. Die Politik hat durch ihre Häppchenhilfen (zu wenig, zu spät) in der Vergangenheit zu häufig dafür gesorgt, dass die Bedingungen im Endeffekt immer ungünstiger und damit teurer wurden.

Als der Schuldenschnitt der griechischen Anleihen verkündet wurde, galt ein Zielschuldenstand für einen Termin in knapp 10 Jahren von 120,5% als Richtwert. Glaskugellesen mal anders! Werden durch solche Vorhersagen nicht viel zu vieleRäume für negative Überraschungen geschaffen - gerade wenn man die wirtschaftliche Entwicklung nicht einmal quartalsweise vorhersagen kann? Wenn peu à peu Meldungen lanciertwerden, dass das Land seine Sanierungsvorgaben nicht einhalten kann, ist die Wirkung genau das was wir in den letzten Monaten beobachten konnten. Vertrauensverlust auf breiter Front, gefolgt von Kapitalabflüssen und Strangulierung der Wirtschaft.

Der politische Umgang mit einem Land, welches nichteinmal 2% der Wirtschaftsleistung der EU ausmacht hat uns bereits in das Endspiel um den Euro gebracht.

Die griechischen Schulden liegen per 2012 bei ca. 315 Mrd. EUR (Quelle: IWF). Eine überschaubare Dimension verglichen mit den Vermögensverlusten von ca. 4 Bill. EUR, die global durch die Eurostaatenkrise in der Folge generiert wurden.

Wenn Europa ein Problem dieser Größe nicht beherrschen kann, werden sich die Finanzmärkte Italien und besonders Spanien herauspicken und aggressiv gegen sie spekulieren.

Der Troika bleibt daher nicht viel anderes übrig als die nächste Tranche von 31 Mrd. EUR an das Land auszuzahlen, wenn man keinen "Grexit“ heraufbeschwören möchte.

Auch ein drittes Hilfspaket wird kommen, denn die Anschlussfinanzierung an das jetzige Hilfspaket wird in 2014 enden. Dass das Land zu diesem Zeitpunkt bereits an die Finanzmärkte zurückkehren kann gilt als ausgeschlossen. Gestern liehen die Griechen sich erfolgreich einjähriges Geld in Höhe von 1,3 Mrd. EUR zur Überbrückung von kurzfristigenZahlungsverpflichtungen, aber längere Laufzeiten riskiert momentan kein Investor zu finanzierbaren Konditionen.

Die europäischen Politiker zeigen, dass sie bereit sind Dinge zu verändern. Eine Börsensteuer soll etabliert werden, darauf einigten sich 11 europäische Länder. Hiermit sollen die Verursacher der Krise stärker mit in die Haftung genommen werden. Erwartet werden Einnahmen von 57 Mrd. EUR pro Jahr, wenn allerdings alle EU-Staaten mitmachenwürden.

Wir möchten an dieser Stelle auf eine erfreuliche Nachricht hinweisen. Die zuletzt häufig diskutierten Target2-Salden (als Krisenindikator bekannt), die Forderungen der Bundesbank gegenüber anderen Notenbanken repräsentieren, haben sich im September um 50 Mrd. auf kann 700 Mrd. EUR verringert. Dies lässt darauf hoffen, dass die seit Monaten andauernde Kapitalflucht aus den Reformländern nun zum Stillstand kommt.

Die spanische Notenbank verringerte ihre Verbindlichkeiten um 34 Mrd. auf 400 Mrd. Auch die Banca d`Italia verringerte ihre Verbindlichkeiten. Grund zur Hoffnung gibt der Hintergrund, dass die angekündigten Anleihekäufe der EZB wieder Vertrauenin die Reformländer schaffen und Privatpersonen und Unternehmen Gelder zurück in dieLänder bringen.

Portugal ist ebenfalls eine (Positiv-) Schlagzeile wert. Durch die Reformerfolge soll das Land bereits 2014 - und damit früher als geplant - an den Anleihemarkt zurückkehren. Chapeau!

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2600 - 1.2630 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Moritz Westerheide
Bremer Landesbank



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