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Griechenland überrascht positiv, Japan kauft EFSF Bonds, Anti-Eurostimmung hält an …

11.01.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.2940 (06.55 Uhr), nachdem im gestrigen europäischen Handel Tiefstkurse bei 1.2875 und heute früh im asiatischen Handel Höchstkurse bei 1.2990 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 83.05. In der Folge notiert EUR-JPY bei 107.45, während EUR-CHF bei 1.2525 oszilliert.

Der Euro hat sich ein Stück weit erholt. Die spekulative Manie gegenüber der Eurozone hält an. Es kommt derzeit nicht auf Fakten an.

Der Finanzmarkt unter Führung unserer Freunde hat sich Portugal herausgepickt und der Markt testet seine Macht. Die Daten des IWF zur Schuldentragfähigkeit Portugals, die bei circa 200% des BIP liegt, als auch der voraussichtliche Verschuldungsstand von circa 90% per 2015 (USA aktuell 98% des BIP) sind für den Markt unwesentlich, ebenso wie die nicht diskontierten Folgen der unternommenen Reformen. "Chapeau", so buchstabiert man Fehlallokation des Produktionsfaktors Kapital im Rahmen einer Spekulation!

Natürlich müssen Erfolge der Griechen gleich von vorn herein ignoriert werden. Vor circa 9 Monaten wurden die jetzt gezeitigten Erfolge Griechenlands vom „Mainstream“ für unmöglich gehalten und unser Optimismus wurde kasteit.
  • Griechenland übertrifft per 2010 sein Sparziel. Die Neuverschuldung sank gegenüber 2009 von 30,9 auf 19,6 Mrd. Euro.
  • Der Rückgang stellte sich auf 36,5% statt der erwarteten 33,2%.
  • Die Staatsausgaben sanken um 9% statt der geplanten 7,5%.
  • Die Entwicklung der Steuereinnahmen verfehlte das anvisierte Ziel. Es kam "nur" zu einem Anstieg um 5,5% gegenüber den anvisierten 6,0%

Die Sparziele wurden also übertroffen und nur bei den Einnahmen wurde das sportliche Ziel um 0,5% verfehlt. Na, das ist aber ein Fiasko, oder? Nein, die Tatsache, dass der Markt diesen Erfolg nicht erwartete und er trotzdem eintrat, wird sachlich unkorrekt mit dem höchsten CDS-Spread, dem Griechenland je unterworfen war, honoriert. "Chapeau", so buchstabiert man Fehlallokation des Produktionsfaktors Kapital im Rahmen einer Spekulation!

Werfen wir einen Blick auf die Entwicklung der CDS-Spreads: Griechenland = grün, Portugal = rot, Spanien = schwarz, Türkei = ocker

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Offensichtlich gibt es jedoch Marktteilnehmer, die die Reformen der Eurozone mit Vertrauen begleiten. Das freut uns.

Es handelt sich einerseits um China, das sich billig in der Eurozone einkauft und bekannt für strategisch nachhaltige Kapitalallokation ist. Es sind nicht nur Bondkäufe in Griechenland und anderen Reformländern zu Ausverkaufspreisen, sondern es ist auch strategische Investition in Infrastruktur. So wird China seinen Mittelmeerhandel über die Häfen Griechenlands abwickeln (Piräus, Volos und Saloniki). Das hat weitreichende Folgen im Bereich der Infrastruktur und Dienstleistungsbranche in Griechenland.

Diese Themen werden in professioneller Manier vom Markt dank asymmetrischer Wahrnehmung sportlich ignoriert. "Chapeau"!

Es bahnt sich ein neues Thema an, das voraussichtlich auch ignoriert werden muss, um die spekulative Manie gegen den Euro aufrecht zu erhalten.

Japan tritt als Unterstützer der Eurozone auf. Der japanische Finanzminister Noda kündigte gestern an, dass Japan Anleihen der Eurozone kaufen wird, um, das Vertrauen in den Euro und das EFSF System zu unterstützen. Japan wird circa 20% der geplanten EFSF-Emission, die im weiteren Verlauf des Monats auf den Markt kommt, erwerben. Darüber hinaus werden weitere Bonds der Eurozone im Rahmen der Allokation der Devisenreserven gekauft. Das ist eine nicht erwartete Ansage.

Die "Spin-Doktoren" haben sich heute morgen bereits bemüht, diese nicht erwartete Entwicklung klein zu schreiben. So müht sich Reuters mit der Schlagzeile "Japans Hilfe in der Schuldenkrise nützt Euro kaum".

Ja, Fakten der Verschuldungshöhe (im Vergleich zu den USA 98% des BIP), Fakten der Schuldentragfähigkeit (laut IWF USA circa 180%, Griechenland circa 195%, Spanien circa 220%, Irland circa 250% und Portugal circa 200%) , Erfolge der Reformen und Hilfsmaßnahmen fremder Länder im Milliardenumfang sind allesamt irrelevant für unsere Freunde.

"What a funny old world? Isn’t it?" Oder sportlich ausgedrückt. Nach der "Neuen Markt Manie", der "US-Immobilien Hype" gibt es offensichtlich immer noch eine große Lust bei unseren Freunden, sich losgelöst von Fakten spekulativ und unsachlich aufzustellen. Lernkurven sind Fremdworte …

Schauen wir mal, wie es weitergeht. Derzeit sind die spekulativen Kräfte fraglos potent. Wie viel Potenz bei Ignoranz der Faktenlage mittelfristig gegeben ist, ist die entscheidende Frage.

Der "OECD Composite Leading Indicator" legte per November 2010 von zuvor 102,6 auf 102,8 Punkte unerwartet zu und markierte damit das höchste Niveau innerhalb des aktuellen Aufschwungs.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Erst ein Überwinden des Widerstandsfelds bei 1.3150 - 1.3180 eröffnet neue nachhaltige Chancen für den Euro.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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