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John Williams: Gold-Versicherung für den Tag der Abrechung

27.01.2011  |  The Gold Report
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The Gold Report: Wo liegt nun die Arbeitslosigkeit, wenn wir diese Zahlen abgleichen?

John Williams: Hierbei handelt es sich um Erhebungen zur Beschäftigungssituation (payroll survey); die Arbeitslosigkeit ist eine andere Zahl, welche aus der Haushaltserhebung (household survey) stammt. Wenn man jetzt alle Menschen zusammenrechnet, die denken, sie wären arbeitslos, dann käme am Ende eine viel höhere Zahl als in den staatlichen Berichten heraus - das ist aber eine Frage der Definition. Vom Staat werden sechs Kategorien der Arbeitslosigkeit veröffentlicht. Um in die staatliche Arbeitslosenkategorie U3 zu fallen, muss man bestimmte Kriterien der Arbeitslosigkeit erfüllen: Man muss eine Arbeitsstelle wollen, muss arbeitswillig und -fähig sein und man muss in den letzten vier Wochen aktiv nach Arbeit gesucht haben. Auf dieser Grundlage erstellt das Bureau of Labor Statistics die Arbeitslosenquote.

Das Problem ist, dass manche Menschen, obgleich sie arbeitswillig und -fähig sind, die Arbeitssuche aufgeben, wenn sie dort wo sie leben, keine Arbeit finden können. Der Staat zählt sie zu den "entmutigten Arbeitern" (discouraged workers), wenn sie während des vergangenen Jahres nach Arbeit gesucht haben, und packt sie in eine allgemeinere Kategorie. Die allgemeinste Kategorie der staatlichen Statistik ist U6 und enthält entmutigte Arbeiter sowie diejenigen, die nur teilweise zu den Arbeitskräften gezählt werden - wie beispielsweise Menschen, die Teilzeit arbeiten, weil sie keine Ganztaganstellung finden können.


The Gold Report: Wie unterscheiden sich die Arbeitslosenzahlen von Kategorie zu Kategorie?

John Williams: Die offiziellen Zahlen für die U3-Kategorie liegen bei ca. 9,8%. In der Kategorie U6 sind es ganze 17%. Füge ich jetzt noch meine Schätzungen für die Zahl der langfristig entmutigten Arbeiter hinzu, dann landen wir bei 22%. Das erschreckt die Leute, denn sie erinnern sich daran, dass die Arbeitslosenquote während der Großen Depression 25% erreichte. Die Schätzungen zur Arbeitslosigkeit während der Großen Depression wurden erst im Nachhinein ermittelt, denn bis 1940 hatte es keine staatliche Erhebung der Arbeitslosigkeit gegeben.

Die Schätzungen für 1933, welches allgemein als das schlimmste Jahr der Großen Depression gilt, lagen bei 25%; und unter den damaligen Bedingungen arbeiteten noch 27% der Bevölkerung in der Landwirtschaft. Viele Menschen zogen zu ihren Verwandten auf’s Land und halfen auf den Höfen. Da heute aber nicht einmal mehr 2% der Amerikaner in der Landwirtschaft arbeiten, kommt eine andere Zahl zu Vergleichzwecken in Frage - die Schätzungen zur außerlandwirtschaftlichen Arbeitslosigkeit während der Großen Depression. Im Jahr 1933 erreichte sie 35%. Im historischen Vergleich mag meine 22%-Spanne vielleicht die schlechteste Zahl nach dem 2.Weltkrieg sein, doch das Niveau der Großen Depression haben wir bislang noch nicht erreicht.


The Gold Report: Kommen wir zurück auf ihre Einschätzung der wirtschaftlichen Situation, was prognostizieren Sie für das Jahr 2011?

John Williams: Am Ende wird der andauernde ökonomische Abschwung offiziell anerkannt werden, aber bevor es zu einer offiziellen Bestätigung kommt, wird man noch über einen zweiten Abschwung im Rahmen eines "Double-Dips" reden. Ich sehe kein Wirtschaftswachstum kommen. Ich sehe tatsächlich eine ziemlich schlimme Kontraktion anstehen. So schlimm es schon gewesen sein mag - mit Blick auf die Zahlen für den Neubau privater Immobilien hat der Immobilienmarkt beispielsweise nie eine ausgeprägte positive Entwicklung durch den Stimulus erfahren (vielleicht ein klein wenig die Verkaufzahlen für Eigenheime in Verbindung mit den auslaufenden Steuervergünstigungen). Am Immobilienmarkt zeichnet sich in Wirklichkeit wieder eine deutliche Wende zum Negativen ab. Das ist schlecht für das Bankensystem. Keine guten Nachrichten für uns alle.

Das Problem ist, dass Solvenzkrise und Wirtschaftskrise gleichzeitig ablaufen. Damals, als die Krise 2007 ausbrach und es 2008 zu den Paniken kam, galt für das US-Finanzminsterium und die Fed das Ziel, einen systemischen Zusammenbruch abzuwenden. Bislang haben sie die Solvenzkrise des Bankensystems nicht gelöst. Kurzfristige Verbraucher- und Unternehmenskredite sind immer noch rückläufig - im Vormonats- wie auch im Vorjahresvergleich. Das ist ein Anzeichen für ein Bankensystem, das Probleme hat. In den letzten fünf oder sechs Monaten mag es vielleicht einen leichten Anstieg beim M3 gegeben haben, aber es sieht ganz so aus, als würde es wieder sinken. Das ist ein weiteres Anzeichen für ein ungesundes Bankensystem.

Schwächer als erwartete Wirtschaftsaktivität wird die systemische Solvenzkrise nicht nur verschlimmern, sie hat auch noch eine ganze Reihe anderer Konsequenzen. Sie wird das Haushaltsdefizit des Bundes erhöhen, es werden weitaus mehr Ausgaben anfallen als gedacht. Gegen Jahresende hatten wir das zum Beispiel schon in Form stärkerer Stützungsmaßnahmen für Arbeitslose erleben können. In Zukunft werden wir potentielle Finanzzusammenbrüche in einer Reihe von Staaten und Gemeinden erleben, die in ernsten Schwierigkeiten stecken. Ich vermute, dass die Fed und das Finanzministerium weiterhin Geld schöpfen werden, das sie zur Verhinderung eines systemischen Zusammenbruchs ausgeben müssen, aber dieser Prozess lässt auch Inflation entstehen, und die Anfänge erleben wir schon.




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