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John Williams: Gold-Versicherung für den Tag der Abrechung

27.01.2011  |  The Gold Report
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The Gold Report: Vielen Unternehmen war es im letzten Jahr gelungen, ihre Bilanzen zu stärken und Ausgaben zu kürzen. Viele können sich jetzt selbst finanzieren. Zudem legte der Dow in Jahr 2009 um 10% oder 11% zu. Wie bringen Sie diese doch eher positiven Wirtschaftsindikatoren mit Ihrem Ausblick überein?

John Williams: Hier geht es meist um Selektierung und nicht um gesundes Wirtschaftswachstum. Unternehmen sind immer kreativ und haben jede Menge Flexibilität, wenn es um die Verbesserung der eigenen Finanzlage geht. Weitreichende Arbeitsplatzkürzungen sind nicht unbedingt eine auf lange Sicht gesunde Methode, obgleich bestimmte Bilanzierungspraktiken hier für kurzfristigen Auftrieb und für steigende Aktienkurse sorgen können. Man muss immer daran denken, dass der Planungshorizont der amerikanischen Unternehmenswelt das nächste Quartal ist. Die amerikanische Unternehmenswelt und das Bankensystem bedienen sich aller möglichen Bilanzierungstricks.

Wenn ich starkes Umsatzwachstum und solide Gewinne sehe, die ohne Ausblendung bestimmter Operationen und ohne einmalige Änderungen auskommen, dann würde ich auch gerne einräumen, dass hier mehr passiert, als ich sehen kann. Genauso läuft es auch bei der Fed, wo Mr. Bernanke jetzt seine zweite Version der quantitativen Lockerungen durchdrückt. Er sagt, er werde die Wirtschaft stimulieren, indem er Inflation schaffe. Höhere Inflationsraten gehen oft mit starkem Wirtschaftswachstum einher, aber in diesem Fall schafft die Wirtschaftsaktivität Inflation - und nicht andersrum. Wenn die Wirtschaft boomt, die Nachfrage kräftig ist und das Angebot nicht mehr mit der Nachfrage mithalten kann, dann kann es Inflation geben - in mancherlei Hinsicht gesunde Inflation, sollte so etwas überhaupt existieren.

Hinter Inflation können aber auch Verzerrungen im Bereich Währungen und Rohstoffpreise stehen. Steigende Benzinpreise bedeuten am Ende steigende Inflation für die Verbraucher. Das aber liegt nicht an der starken Nachfrage nach Öl oder Benzin. Es liegt an der Schwäche des Dollars und an der Politik der Fed, die diesen abwerten möchte. Sie zeichnet sich auch schon bei anderen Rohstoffen und bei den Nahrungsmitteln ab. Wir werden zukünftig kräftigere Inflation bekommen, als Folge eines schwächeren Dollars - und nicht als Folge einer erstarkenden Wirtschaft. Die Fed kann mit der Schaffung von Inflation aber nichts anderes erreichen, als den Tag der Abrechung nur ein klein wenig nach hinten zu verschieben. (Eine detaillierte Erklärung, wie Dollarentwertung zu Rohstoffpreisinflation führt, finden Sie in den Interviews mit John Williams vom 30. April und 6. August 2010, Anm.d.Red. )


The Gold Report: Würden Sie zustimmen, dass die US-Notenbank die folgende Herangehensweise für die korrekte hält: Sie macht, was in ihrer Macht steht, um den Zusammenbruch des Bankensystems zu verhindern - auch wenn das bedauerlicherweise Inflation zur Folge hat?

John Williams: Es gibt keinen glücklichen Ausgang. Die korrekte Herangehensweise wäre folgende gewesen: Man hätte diese Zustände von Anfang an vermeiden müssen, aber es liegt in der Natur des politischen Systems, immer Gewinne für die unmittelbare Zukunft mitzunehmen - ungeachtet der langfristigen Kosten. Es war jahrelang landläufige Meinung, dass es auf die Defizite und den US-Dollar nicht ankäme. Es kommt aber auf beide an. Am Ende wird aber der Tag der Abrechnung kommen, wir streben ihm entgegen.

Ich denke, staatlicherseits wird man weitermachen wie bisher, und ich kann ihnen das nicht übel nehmen. Sie haben die Wahl zwischen Pest und Cholera - und das gleich mehrfach. Wir sind zu weit gegangen, um wieder ein Gleichgewicht zu schaffen.


The Gold Report: Wie hätte man diesem Chaos aus dem Weg gehen können? Was hätte anders laufen müssen?

John Williams: Die derzeitigen Umstände hätten vor zwei Jahrzehnten vermieden werden können durch umsichtige Verwaltung der Staatsfinanzen. Nun gut, stünde ich vor der Wahl zwischen sofortigem Zusammenbruch oder mehr Dollardruckerei, ich würde es wahrscheinlich auch so wie die Regierung machen, denn Gelddrucken verschafft zumindest ein klein wenig mehr Aufschub.

Hätte ich die Kontrolle über das System, dann würde dennoch versuchen, die finanziellen Zustände zu berichtigen - d.h. ich würde die staatlichen Ausgaben drastisch reduzieren, ich würde vor allem die notwenigen Einschnitte am staatlich garantierten Leistungskatalog vornehmen. Ich glaube aber nicht, dass das politisch durchsetzbar wäre. Auf der anderen Seite können die negativen politischen und sozialen Konsequenzen, der kurzfristige ökonomische Schaden und die finanziellen Entbehrungen der Öffentlichkeit auch nicht schlimmer sein, als die Folgen einer Hyperinflation oder eines kompletten Zusammenbruchs des Systems.




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