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"Wir sind inmitten einer epochalen tektonischen Verschiebung" (Teil 1)

31.03.2011  |  Redaktion
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Lars Schall: Wie sehr ist die gegenwärtige Aufwärtsbewegung des Ölpreises mit den Turbulenzen im Nahen Osten verbunden?

F. William Engdahl: Nun, die Aufwärtsbewegung des Ölpreises begann weit vor Weihnachten. Die Hegde-Fonds und Banken, die die NYMEX, den ICE Futures und die Börse in Dubai besitzen und kontrollieren, benutzen die Ereignisse im Nahen Osten. Ich denke, sie wollen sie dazu versuchen zu nutzen, um den Preis vielleicht auf 150 bis 200 USD pro Barrel in den nächsten Monaten zu drücken. Und warum? Um massiven politische Druck auf Deutschland und die Europäische Union auszuüben. Warum sie das tun wollen, ist natürlich eine andere Frage. Aber letztlich, um Druck auf den Schwellenländer-Riesen China auszuüben, der unabhängiger zu handeln beginnt, als sich das einige in Washington wünschen würden.


Lars Schall: Im Falle dessen, dass mehrere Ereignisse im Nahen Osten die Versorgung in gravierender Weise unterbrechen: Besitzt die Welt gegenwärtig genug Öl in den Lagern oder an freien Kapazitäten, um diesen Rückgang abzudecken und einen Preisanstieg zu verhindern? Gregor Macdonald schrieb zum Beispiel in einem Artikel mit der Schlagzeile "Kapazitätsreserven-Theorie" (iii):

"In Wahrheit sind die ungenutzten Kapazitäten, die die Welt - die die Öl-Terminmärkte - interessiert, nicht die Lagerbestände. Sondern die tatsächliche Produktionskapazität, die sofort erbracht werden kann." (iv)

Wie stehen Sie dazu?


F. William Engdahl: Das Problem ist, dass es keine unabhängige, überparteiliche Autorität auf dem Planeten gibt, die die Gesamtheit des wirklich Verwertbaren an Öl-Kapazitätsreserven kennt. Die Saudis hüten es als ein Staatsgeheimnis und die meisten anderen arabischen OPEC-Staaten hüten es ebenfalls als ein Staatsgeheimnis. Vermutlich haben die NSA und verschiedene Geheimdienste Zugriff auf bestimmte sensible Daten in diesen Ländern, aber wir haben es nicht. Darüber hinaus gibt es Berichte, dass die OPEC seit langer Zeit bezüglich der Quoten betrogen hat, und dass sie schon an der Kapazitätsgrenze pumben. Die Saudis haben gesagt, dass sie eine Kapazität haben, um Libyens Öl-Fehlbetrag zu absorbieren. Ich denke, wenn wir ein weiteres Land sehen, sei Oman, Bahrain oder Algerien, das durch eine schwere Krise geht, dann betreten wir kurzfristig einen neuen Gefahrenbereich. Die Frage ist dann, wie lange dies andauern wird.


Lars Schall: Vertrauen Sie Saudi-Arabiens Fähigkeit, seine Ölproduktion zu erhöhen, oder werden sie mit erheblichen Schwierigkeiten konfrontiert werden, dies zu tun? (v)

F. William Engdahl: Ich denke die Frage ist, wie viel Infrastruktur in Saudi-Arabien angeschlossen ist und wie schnell dies in den Markt gebracht werden kann. Dass Saudi-Arabien über mehr als bloß reichliche Ölreserven in der Erde verfügt, ist keine Frage für mich. Ich wurde vor 15 Jahren in Washington DC von einem Insider informiert, dass die US-Satelliten und andere nachrichtendienstliche Informationen die Anwesenheit von genügend Öl alleine in dem umstrittenen Gebiet zwischen Saudi-Arabien und Jemen bestätigten, um auf der ganzen Welt den Appetit nach Rohöl in den nächsten 50 Jahren sättigen zu können - und das ist nur dieses eine Stück in der Wüste. Dass also das Öl in diesem Teil der Welt unter der Erde ist, stellt keine Frage für mich dar. Im Irak ist es dasselbe. Im Iran hat man die Sanktionen, die zu diesem Zeitpunkt bequemer Weise viel iranisches Öl vom Markt halten.

Ich denke, dass all dies Teil einer sehr komplexen und langjährig geplanten Wiederholung der US-Ölkrisen der 1970er Jahre ist, mit dem Ziel vor Augen, nicht nur die US-Kontrolle über die Ölmärkte zu erhalten, sondern über die globale Wirtschaftsentwicklung. Zu viele Länder beginnen seit September 2001 Lösungen außerhalb der Abhängigkeit von Washington zu erkunden und zu finden. Ich weiß aus direkten Gesprächen mit führenden Personen in den traditionell "pro-amerikanisch" eingestellten arabischen OPEC-Ländern, dass es ihnen bis hier steht mit Washington und seinen an sie gestellten Forderungen, mit seinen Militärstützpunkten und seinen Versuchen, einen Krieg gegen den Iran zu bringen und ständige Unruhe zu verursachen. Sie blicken auf Europa, sie blicken auf Russland, sie blicken auf China, es gibt alle Arten von Querströmungen und Aktivitäten, die in diesen Ländern vor sich gehen. Ich denke, dass ist der Grund, warum das ganze Schachbrett im Nahen Osten gerade dabei ist, von Washington in die Luft geworfen zu werden. Ob das bedeutet, dass Saudi-Arabien das Öl hat oder nicht, darüber gibt es keine zuverlässige Quelle für Informationen, die ich kenne, die ja oder nein besagt, jedenfalls gewiss nicht dieser Schweizer Bericht, den die Ölhändler immer zitieren.


Lars Schall: Der Ölpreis steht inzwischen weit über 100 Dollar pro Barrel. Das mag gut sein für Erdöl exportierende Länder, da sie unter der Abwertung des US-Dollars gelitten haben, aber ist es nicht Gift für das Wirtschaftswachstumsmuster der Industriegesellschaften und insbesondere für China?

F. William Engdahl: Es ist sicherlich nicht gut für China. Ich denke, wir haben eine Spanne zwischen 80 bis 110 USD, wo es kein Wachstumskiller für China und die Weltwirtschaft ist, aber es ist wie eine Steuer, eine 20%-ige Steuer auf den Energieverbrauch in China und dem Rest der Welt, in Dollar ausgedrückt. Ich denke, das ist etwas, das die Chinesen handhaben können, solange es kurzfristig bleibt und auf diesem Niveau. Würde sich der Preis auf rund 200 Dollar pro Barrel verdoppeln und dort bleiben, könnte das ernsthafte Probleme für China im Übergang darstellen. Aber das hängt davon ab, ob die Chinesen bilaterale und langfristige Erzeuger-Verbraucher-Lieferverträge-Verträge mit ölproduzierenden Ländern abschließen können, die sie vom Dollar-Preiseffekt isolieren würden.


Lars Schall: Herr Engdahl, bevor wir weiter über Öl reden, möchte ich gerne einen Blick auf den Ort werfen, an dem Sie geboren wurden, die Vereinigten Staaten von Amerika. Ohne Zweifel haben die USA einige tiefgreifende wirtschaftliche und finanzielle Probleme. Aber ist nicht vielleicht die amerikanischen Elite das größte Problem von allen, da es scheint, dass jenen Leute, die zu ihr gehören, nicht die besten Interessen der amerikanischen Öffentlichkeit am Herzen liegt?

F. William Engdahl: Nun, wenn man sich die amerikanische Geschichte im letzten Jahrhundert und noch länger anschaut, bis zurück auf den Bürgerkrieg gehend, mit dem Aufstieg des Hauses JP Morgan, der auf Betrug zu Lasten der Regierung beim Verkauf von Waffen in diesem Krieg gründete, als Morgan als Titan und die Nr. 1 unter den Wall Street "Geldgöttern" aufstieg, wie ich sie in meinem Buch genannt habe, wird es deutlich. Der amerikanischen Elite - den Leuten mit wirklicher Macht wie den Rockefellers, die das Haus von Morgan nach 1931 beerbten - lag in diesem Sinne nie das Interesse der amerikanischen Öffentlichkeit am Herzen, und das werden sie auch nie tun. Sie verstehen sich einfach wie vielleicht einige der russischen Oligarchen sich gegenüber dem russischen Volk sehen, nur mehr noch, sie denken, sie seien buchstäblich die Götter der Welt. Die Leute sind einfach für sie viele Objekte, mit denen man umgehen kann, wie sie es als passend erachten, so wie viele Drohnen in einer Insektenkolonie.

Wenn es mit den Vereinigten Staaten zu tun hat, muss man immer unterscheiden zwischen rund 300 Millionen normalen Menschen wie Sie und ich, die versuchen, mit ihrem Leben klarzukommen, und versuchen, für ihre Familien zu sorgen und einer anständigen Arbeit nachzugehen und ein menschenwürdiges Leben zu führen, und vielleicht einer Handvoll von ein paar Dutzend ultra-mächtigen Leute wie David Rockefeller oder in einer früheren Generation das Haus von Morgan. Sie sehen sich buchstäblich als eine seperate Rasse. Das ist einer der Gründe dafür, warum sie fanatischen Befürworter der Eugenik im Laufe der Jahrzehnte wurden. Schon lange vor dem Dritten Reich finanziert sie das, was später die Hitler-Nazi-Eugenik in Deutschland wurde - ich rede von der Rockefeller Foundation. Dies ist die Art der Mentalität dieser Eliten.




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