Interview mit Jim Sinclair: Gold und das Weltfinanzsystem
29.04.2011 | Ron Hera
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Ron Hera: Die Solvenzprobleme der US-Staaten stehen also im Raum wie ein riesiger Elefant, über den aber keiner spricht? Jim Sinclair: Wie kann man behaupten, der Euro wäre ein Desaster mit Verweis auf die finanzielle Verfassung der einzelnen Staaten der europäischen Wirtschaftsunion, wenn sich die Staaten der US-amerikanischen Wirtschaftsunion in einem gleich schlimmen, oder manchmal noch schlimmeren Zustand befinden? Da gibt es keinen Unterschied. Wenn man den Euro vor dem Hintergrund der Schwäche der einzelnen Mitgliedsstaaten analysieren will, wie kann dann der Dollar stark sein, wenn die Staaten der USA schwach oder noch schwächer sind?
Ron Hera: Der Euro könnte also gegenüber dem US-Dollar steigen, trotz der europäischen Staatschuldenkrise?
Jim Sinclair: Sicher kann er das. Die Frage ist aber: Kann der Dollar noch weiter sinken? Der Euro könnte auf 1,50 $ oder höher steigen.
Ron Hera: Aber der US-Dollar ist die Weltreservewährung. Garantiert dieser Status seinen Wert?
Jim Sinclair: Nur weil nichts anderes da ist. Und das bleibt so, weil Zentralbanken Dollars besitzen. Wären die Zentralbanken in der Lage, diese Dollars ohne Schwierigkeiten und Störungen gegen Gold oder andere Währungen eintauschen zu können, dann würden sie das tun.
Ron Hera: Praktisch betrachtet, können Zentralbanken also nicht aus dem Dollar aussteigen?
Jim Sinclair: Die Einzigen, die rausgegangen sind, sind die Chinesen. Überall in der Welt haben sie Geschäfte für Metalle, Werkstoffe, Energie und Produktion abgeschlossen. Alles in allem ist China nicht mehr so an den Dollar gebunden, wie der Mann im Mond an den Mond.
Ron Hera: Aber halten die USA denn nicht mehr an ihrer Politik des starken Dollars fest?
Jim Sinclair: Die Politik des starken Dollars ist nur ein moderater, langfristiger Abwärtstrend, der auch weiterhin nach unten zeigt.
Ron Hera: Aber regeln Zentralbanken denn nicht die Wechselkurse, um Störungen zu verhindern - so wie bei der jüngsten Intervention beim Japanischen Yen.
Jim Sinclair: Bei der Yen-Intervention intervenierten die Zentralbanken. Aber wie lange werden sie noch intervenieren können? Sie müssen Geld schöpfen, um intervenieren zu können, wo wir wieder bei QE sind.
Ron Hera: Sie meinen, die Wirkung von Währungsinterventionen wäre insgesamt betrachtet Geldschöpfung?
Jim Sinclair: Bei allem, was auf dieser Welt passiert - zum Beispiel bei der Reaktion der Bank of Japan auf das schreckliche Desaster in Japan - es wird anschließend sofort auf QE zurückgegriffen. Überall wird Geld geschöpft, ohne Disziplin, aber die Probleme der Finanzinstitutionen bleiben bestehen, da sie Schein-Bilanzen haben mit unzulässigen Bewertungen ihrer OTC-Derivate.