Interview mit Jim Sinclair: Gold und das Weltfinanzsystem
29.04.2011 | Ron Hera
- Seite 6 -
Ron Hera: Ein Goldkomponente wird also das Vertrauen wiederherstellen? Jim Sinclair: Die Antwort ist eine Rohstoffwährung. Aus geldgeschichtlicher Sicht passiert das immer in solchen Situationen. Die Rentenmark, mit der 1923 die Hyperinflation in Deutschland beendet wurde, war theoretisch durch den gesamten Immobilienbestand Deutschlands gedeckt, aber der Staat besaß nicht viel davon. Aber eigentlich stimmt das nicht: Für die Rentenmark gab es keine große Rohstoffdeckung - doch es reichte. Es war eine Zeit, in der man nach allem Ausschau hielt, um das Vertrauen in die Währung wiederherzustellen.
Ron Hera: Gehen Sie, was den US-Dollar betrifft, von hoher Inflation aus?
Jim Sinclair: Es ist schon geschehen. Inflation ist eine Schwangerschaft. Die Empfängnis hat schon stattgefunden. Die Konsequenzen zeigen sich mit Verzögerung, aber wenn es vollbracht ist, ist es nur eine Frage der Zeit. Die Federal Reserve könnte morgen QE stoppen, aber sie wird das, was kommen wird, nicht stoppen können, weil sie schon so viel getan hat.
Ron Hera: Würde Inflation nicht den realen Wert der Schulden verringern und den Banken so bei der Bilanzreparatur helfen?
Jim Sinclair: Inflation ist die Art und Weise, sich um Schulden zu kümmern. Der Wert der Währungen wird so stark gesenkt, um die Schuldenlast zu verringern. Sie wird auch die politische Landschaft verändern. Wer immer auch zu dieser Zeit die Macht haben wird, er wird am Ende dieser Entwicklung keine Macht mehr haben.
Ron Hera: Mit anderen Worten: Inflation wirkt politisch destabilisierend aus?
Jim Sinclair: Das große Ganze wird nicht wirklich gesehen. Währungsgetriebene Kostendruck-Inflation haben wir jetzt schon. Schauen Sie sich an, was derzeit im Nahen Osten passiert. Wir bewegen uns von Ordnung hin zu immer mehr Unordnung.
Ron Hera: Würden Sie sagen, dass Lebensmittelpreisinflation die Ölpreise indirekt in die Höhe treibt?
Jim Sinclair: Öl durchzieht alles von Düngemitteln, landwirtschaftlicher Ausrüstung über Transport bis hin zu Lebensmittelpreisen. Die Lebensmittelpreise werden sogar noch stärker steigen als dieses Jahr. Der Ölpreis befindet sich entschieden auf dem Weg nach oben. Peak Oil war eine Vorstellung von der Zukunft. Jetzt ist es die Vorstellung von heute. Ein Auto, das auf 100 km 10 l verbraucht, wird für den Normalbürger wahrscheinlich zu teuer werden.
Ron Hera: Inwieweit werden steigende Ölpreise die Preise anderer Dinge beeinflussen?
Jim Sinclair: Es wird zu Störungen und Verwerfungen bei der Belieferung mit Produkten kommen. Möglicherweise wird es Güterknappheiten geben, nicht weil die Güter nicht verfügbar wären, sondern weil die Distribution zusammenbricht. Nicht, dass es keinen Mais oder kein Weizen mehr geben wird, aber der zur Lieferung benötigte Treibstoff wird zu teuer werden, und Menschen, die im Transportgeschäft arbeiten, werden höhere Löhnen verlangen, um weiter davon leben zu können. An diesem Punkt kommt die Hyperinflation ins Spiel.
Ron Hera: Und das Geld, das zur Güterverteilung benötigt wird, wird aus dem Nichts geschöpft werden?
Jim Sinclair: Jede Nation, die das macht, hat sich in eine Bananenrepublik verwandelt. Menschen können in Bananenrepubliken leben, aber es wird nur wenige vermögende Menschen geben. Es wird ein paar Superreiche geben und eine gewaltige Menge Armut. Das kann man entlang der Grenze in Nogales, Mexiko, sehen. Dort leben die Menschen nach wie vor in extremer Armut.