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Großanleger verkaufen Gold, Zentralbanken kaufen

18.05.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Brent handelt am Morgen wieder bei 111 USD je Barrel und WTI bei 98 USD je Barrel, nachdem gestern zwischenzeitlich Tiefstkurse von 108 bzw. 95 USD verzeichnet wurden. Offensichtlich werden die niedrigeren Preise von einigen Marktteilnehmern als Kaufgelegenheit erachtet, zumal die anhaltenden Kämpfe in Libyen und Unruhen im Nahen Osten gegen einen weiteren Preisrückgang sprechen. Dennoch bedarf es derzeit unterstützender Faktoren in Form eines schwächeren US-Dollar oder freundlicher Aktienmärkte, damit der Ölpreis wieder steigen kann.

Falls dies wie zuletzt nicht der Fall ist, neigt der Preis eher zur Schwäche. Dies hängt mit der weiterhin reichlichen Versorgungslage zusammen, welche durch die gestern Abend vom API veröffentlichten Lagerdaten erneut bestätigt wurde. Die US-Rohöllagerbestände stiegen demnach in der vergangenen Woche stärker als erwartet um 2,7 Mio. Barrel. Die ohnehin schon niedrige Raffinerieauslastung ist noch weiter zurückgegangen. Die Lagerbestände in Cushing fielen zwar um 1,5 Mio. Barrel, was jedoch lediglich eine Gegenbewegung nach dem noch stärkeren Lageraufbau in der Vorwoche darstellt.

Die starken Schwankungen in den letzten beiden Wochen dürften durch die Überflutungen des Mississippi verursacht worden sein. Die Benzin- und Destillatevorräte gingen um 676 Tsd. bzw. 2,8 Mio. Barrel zurück. Dies ist zum einen der niedrigeren Rohölverarbeitung der Raffinerien geschuldet. Aber auch die Nachfrage dürfte sich aufgrund des Preisrückgangs seit Anfang Mai etwas erholt haben. Das US-Energieministerium veröffentlicht die offiziellen Lagerdaten am Nachmittag.


Edelmetalle

Der vierteljährlichen Auflistung der US-Börsenaufsicht SEC zu Folge hat der von George Soros geführte Fonds LLC im ersten Quartal 99% seiner SPDR-Anteile verkauft, was einem Volumen von 14,53 Tonnen entspricht. Der bedeutendste Gold-ETF, SPDR Gold Trust, verzeichnete in den ersten 3 Monaten 2011 einen Goldabfluss von knapp 70 Tonnen. Die Mittelabflüsse erklären sich somit u.a. durch Verkäufe von Großinvestoren.

Dennoch hat der Goldpreis im Quartalsverlauf ein knappes Prozent zulegen und sogar Rekordhochs erzielen können (Grafik des Tages). Denn während Großanleger wie Soros sich aus dem Goldmarkt zurückzogen, traten einige Zentralbanken verstärkt als Käufer auf. So kaufte die mexikanische Notenbank im ersten Quartal mehr als 90 Tonnen Gold, womit die ETF-Abflüsse mehr als kompensiert wurden. Gewissermaßen wechselte das Gold also lediglich den Besitzer.

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Wie bereits gestern berichtet, wies der Palladiummarkt im vergangenen Jahr laut Johnson Matthey ein Defizit von 490.000 Unzen auf. Sollte der Verkauf der russischen Staatsreserven ab dem nächsten Jahr eingestellt werden, wie der weltgrößte Palladiumproduzent Norilsk Nickel prognostiziert, könnte diese Angebotsverknappung zu drastischen Preissteigerungen führen. Im vergangenen Jahr beliefen sich die russischen Staatsverkäufe laut Johnson Matthey immerhin auf von rund 1 Mio. Unzen, was etwa 15% des weltweiten Angebotes entsprach. Wir gehen deshalb von weiteren Preissteigerungen am Palladiummarkt aus.


Industriemetalle

Die Metallpreise gaben gestern in der Breite nach. Preisbelastend waren die überraschend schwachen US-Wohnungsbauzahlen im April. Sie dämpften u.a. die Hoffnungen auf eine spürbare Erholung der Kupfernachfrage im weltweit zweitwichtigsten Verbrauchsland USA, die noch am Vortag durch den Bericht über die im März kräftig gestiegenen US-Kupferimporte geweckt worden waren. Kupfer gab gestern um ein halbes Prozent nach.

Noch kräftiger waren die Verluste am Nickelmarkt. Nickel kostet mit rund 24.500 USD je Tonne knapp 18% weniger als im Hoch Mitte Februar und notiert damit nur noch geringfügig über dem Jahrestief. Preisbelastend war die Einschätzung aus Industriekreisen, dass Chinas Importe an raffiniertem Nickel im laufenden Jahr kräftig fallen würden, weil die Produktion von Nickel Pig Iron (NPI) deutlich ausgeweitet würde. Gemäß dem staatlichen Research-Institut Antaike dürfte sich diese im Jahr 2011 auf gut 200 Tsd. Tonnen belaufen, nach 160-170 Tsd. Tonnen im Vorjahr. Bis 2013 dürfte sie sogar sich verdoppeln. China ist das mit mehr als einem Drittel der weltweiten Nachfrage mit Abstand größte Verbrauchsland, das am Weltmarkt zuletzt als großer Nettoimporteur auftrat.

Angesichts einer aber zugleich hohen Nachfragedynamik - die Edelstahlproduktion in China dürfte gemäß Antaike auf 14 Mio. Tonnen steigen, nach 12,3 Mio Tonnen im Vorjahr -, erachten wir die Preise jedoch als gut unterstützt, zumal die LME Lagerbestände seit Mitte Januar um 25 Tsd. Tonnen geschrumpft sind und damit eher eine Anspannung am Markt signalisieren.


Agrarrohstoffe

In den letzten Tagen haben sich die Preise für Rohzucker nach ihrer wochenlangen Abwärtsbewegung deutlich oberhalb der Marke von 20 US-Cents je Pfund etabliert. Der zuvor gesehene Absturz der Preise war vor allem durch den Ausstieg von Finanzanlegern getrieben, auch wenn sich die Versorgungslage in den vergangenen Monaten deutlich entspannt hat. Unbefriedigend ist allerdings die im Markt kursierende Begründung für die jüngsten Preisanstiege. Die brasilianische Zuckerindustrievereinigung UNICA meldete vor einigen Tagen eine bis Ende April um 60% niedrigere geerntet Menge an Zuckerrohr gegenüber dem Vorjahr und zudem einen ungewöhnlich hohen Anteil Zuckerrohr, der der Ethanolherstellung zugeführt wurde.

Ob beide Argumente längerfristige Preisanstiege rechtfertigen können, ist sehr fraglich. Denn zum einen war die Situation im Vorjahr sehr untypisch, da aus der Vorsaison nicht abgeerntetes Zuckerrohr in den ersten Monaten des Jahres geerntet und verarbeitet wurde. Entsprechend begann die Ernte im vergangenen Jahr deutlich früher. Darauf weist auch UNICA selbst in seiner Mitteilung hin. Zum anderen haben inzwischen die Preise für Ethanol innerhalb Brasiliens stark nachgegeben, was die Attraktivität verringert, Zuckerrohr zu Treibstoff zu verarbeiten. Bald dürfte daher der Anteil der Zuckerproduktion wieder steigen.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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