Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Die "Straße zur Erholung" ist eine Sackgasse

31.05.2011  |  Redaktion
- Seite 3 -
Lars Schall: Ist die Verwüstung der Finanzkrise von einer mehr "zynischen Perspektive" auch deshalb ein Erfolg, soweit sie - und hier kommt der IWF wieder ins Bild zurück - in den Worten von Max Keiser:

"...die erforderliche Krise lostreten könnte, um eine aufgepeppte SDR/Weltwährung einzuführen, bei deren Verwaltung der IWF eine große Rolle einnähme und die Banken an der Wall Street und der City mit Hunderten von Milliarden an Gebühren profitieren könnten." (iii)


Marshall Auerback: Was eine Weltwährung angeht, weiß ich nicht, aber wir erfahren sicherlich eine wesentliche Verschlechterung und Korruption unserer Demokratien und das zunehmende Wachsen von Korporatismus im Mussolini-Stil.


Lars Schall: Was ist zur quantitativen Lockerung zu sagen?

Marshall Auerback: Die quantitative Lockerung ist ein Slogan, keine Politik. Sehen Sie hierzu meine Analyse: www.larsschall.com.


Lars Schall: Die Liquidität ist ein großer Antrieb der Rohstoffrallye, nicht wahr? Glauben sie, dass es eine direkten Verbindung zwischen der Geldpolitik in den Vereinigten Staaten und den arabischen Aufständen über höhere Lebensmittel- und Energiepreise gibt?

Marshall Auerback: Nicht wirklich eine Verbindung im direkten Sinne. Aber wenn man Spekulanten dazu anregt, große Risiken entlang des Risiko-Spektrums einzugehen, und zur gleichen Zeit den Rohstoff-Komplex in ein Finanzprodukt verwandelt (wie über ETFs, Rohstoff-Produkte für Pensionskassen, Stiftungen etc. geschehen) und zunehmend Warenterminbörsen (z.B. die Börse in Dubai) mit weniger Regulierungsaufsichten auslagert, dann bekommt man die Arten von Blasenentwicklungen bei Rohstoffen, die man in anderen Anlageklassen sehen kann.


Lars Schall: Würden Sie sagen, dass Krieg und Währungspolitik generell verflochtene Dinge sind oder zumindest sein können?

Marshall Auerback: Bei Krieg und Währungspolitik weiß ich das nicht, aber gewiss gibt es einen Zusammenhang zwischen Krieg und Energiepolitik, wie einige unserer scharfsinnigeren Kommentatoren wie Michael Ruppert seit Langem bemerkt haben. (iv) Wir scheinen eine sehr grundlegende Faustregel entwickelt zu haben, wenn es um diese Kriege der Wahl geht: Wenn ein Aufstand Öllieferungen direkt oder indirekt bedroht, dann bewegen wir uns. Wenn es nicht so ist, dann nicht. Daher kann Syrien Tausende von Aufständischen töten (wie sie es in den frühen 1980er Jahren taten), und wir unternehmen nichts. Jemen hat keine Ölanlagen, also tun wir nichts. In Bahrain haben wir eine große Militär-Basis und die Unruhen haben Auswirkungen auf den schiitischen Teil von Saudi-Arabien, wo das Öl ist. Wir bewegen uns über die Saudis. In Libyen gibt es Öl. Wieder bewegten wir uns.

Die Ölpreise sind auf einem Niveau, wo sie jetzt Auswirkungen auf die Nachfrage haben können. Und das nicht nur durch das Zusammendrücken der realen Einkommen, sondern durch das Drücken der Stimmung der US-Verbraucher, denen immer noch Vertrauen wegen der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit, der Bedrohung durch mehr Stellenabbau und den fallenden Immobilienpreisen fehlt. Der FHFA-Hauspreisindex für Januar fiel gerade nach Revisionen um einen weiteren vollen Prozentpunkt.

Kurzum, uns sind die politischen Hebel ausgegangen, um der Wirtschaft zu helfen, vor allem jetzt, da wir einseitig die Fiskalpolitik-Option vom Tisch genommen haben. Plötzlich macht der Krieg Nummer 3 Sinn: Wir sind in Libyen, um sicherzustellen, dass das Öl weiter fließt, weil ein hoher Ölpreis das drückt, was von der Verbrauchernachfrage noch übrig ist. In der Zwischenzeit, wie es dieser Nugget von "The Hill" illustriert, sind wir schnell über die Haushalts-"Einsparungen" hinweg geschossen, die von der GOP (Grand Old Party = Republikaner, Anm. d. Übersetzers) vorgeschlagen wurden, da wir ungefähr 100 Millionen $ pro Tag in Libyen ausgeben. Und die Ölpreise sind kontinuierlich als Folge der befürchteten Gefahren für die Ölförderanlagen gestiegen, die sich durch die Eskalation dieses Konflikts ergeben.


Lars Schall: Was schiebt die Preis-Dynamik beim Öl an?

Marshall Auerback: Ich denke, es gab einen grundlegend engen Markt, der wahrscheinlich einen Erdölpreis von etwa 80 $ bis 85 $ pro Barrel rechtfertigte, aber ich denke, dass der jüngste Anstieg vor allem durch Spekulation angetrieben wurde. Wenn Sie sich die neuesten Commitment-of-Traders-Daten ansehen, dann ist die Netto-Spekulations-Long-Position beim Rohöl kaum nach unten gegangen, und das trotz eines Zwanzig-Dollar-Rückgangs von der Spitze. Ich bin erstaunt. Das bedeutet zweierlei Dinge. Die Long-Positionierten sind weniger technisch als ich dachte und wirklich glaube. Und der Ölpreis gehört wirklich viel niedriger, weil er selbst im hohen 90er-Bereich im Wesentlichen durch rekordartige Spekulations- und Investitions-Long-Positionen hochgehalten wird. Es sagt mir auch, dass ich vielleicht konservativ gewesen bin, als ich nahelegte, dass 85 $ die Zielmarke auf der Unterseite sei. Eine Zeitlang könnte das leicht übertroffen werden.

Ich denke, die Saudis realisieren, dass die Welt im Laufe der nächsten Jahre nicht mehr als neun Millionen Barrel pro Tag von ihnen braucht. Warum? Weil das Wachstum der globalen Ölnachfrage seit dem Zusammenbruch des Ölpreises im Jahr 1985 immer 1,7% pro Jahr gewesen ist. Der Zusammenbruch hat die Nachfrage nicht angeregt: das ist ein Wachstum von der Hälfte des weltweiten BIP auf Basis von Wechselkursen berechnet.

Die Saudis wissen, als der Ölpreis in den 1970er Jahren stieg, verursachte das eine riesige Nachfrage-Zerstörung. Die Intensität der Nutzung fiel fünf Jahre lang in Folge um sechs Prozent pro Jahr von 1981 bis 1985, bis der Ölpreis kollabierte und sich die Senkung der Nutzung verlangsamte. Sie wissen, dass der Anstieg des realen Ölpreises im vergangenen Jahrzehnt so groß war wie der in den 1970er Jahren, also besteht die Gefahr eines Sturzes in der Intensität der Nutzung. Gleichzeitig wissen sie, dass der Irak in den nächsten drei Jahren der Produktion wahrscheinlich drei Millionen Barrel pro Tag hinzufügen wird, und die Produktion in den USA steigt nunmehr, sie fällt nicht.




Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"