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Die "Straße zur Erholung" ist eine Sackgasse

31.05.2011  |  Redaktion
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In den USA betreiben wir jetzt dreimal so viele horizontale Bohrungen, die nach Flüssigkeiten suchen, als wir in den letzten Jahren hatten. Mit den unteren Ebenen solcher Bohrplattformen im Betrieb haben wir unsere Produktion um eine halbe Million Barrel innerhalb von zwei Jahren erhöht. Falls wir wieder Bohrungen vor der Küste zulassen und den Offshore-Rückgang seit Macondo beenden, könnten die USA der inländischen Produktion sehr einfach mehr als eine halbe Million Barrel pro Tag in den nächsten drei Jahren hinzufügen. Brasilien und Kolumbien haben jetzt steile Förderkurven. Ghana betritt den Markt als Produzent.

Sie können also die Arithmetik anstellen. Wenn die weltweite Nachfrage zum 25-Jahres-Durchschnitt ansteigt, ist das eine Erhöhung von fünf Prozent auf einem Sockel von 87 Millionen Barrel über drei Jahre oder 4,4 Millionen Barrel pro Tag. Die irakischen und anderen Produktionssteigerungen, die ich erwähnt habe, werden mehr als das bereitstellen. Ja, es wird einige Rückgänge anderswo geben. Aber die USA sind nicht der einzige Ort, wo höhere Preise in einer Umkehrung der Rückgänge resultieren werden. Einige Bereiche der Erschöpfung werden durch einige Erhöhungen ausgeglichen werden. Die Nordseeförderung wird sinken, aber die Ölsand-Produktion n Kanada wird weiter steigen und das Alberta Bakken wird zu einer neuen Quelle der Produktion werden.

Was Russland betrifft, so habe ich von Henry Groppe gehört, dass die russische Produktion für acht Jahre fallen würde und stattdessen stieg sie. Also vielleicht müssen die Saudis ihre Produktion um eine halbe Million Barrel pro Tag auf 8,7 erhöhen. Aber es passt zu allen anderen Zahlen.

Worüber die Saudis besorgt sind, ist die Möglichkeit eines Bruchteils der Nachfrage-Zerstörung der Periode von 1980 bis 1985. Ein saudischer Experte, mit dem kürzlich sprach, denkt, dass es zu gegebener Zeit zu diesen Preisen geschehen wird. Falls er Recht hat, dann kann man nicht davon ausgehen, dass die weltweite Nachfrage um die 1,7% pro Jahr im Durchschnitt der letzten 25 Jahre ansteigt. Und wenn Saudi-Arabien der Swing-Producer ist, dann haben sie ein großes Problem.

Machen Sie die Mathematik. Nehmen Sie an, die Nachfrage wächst um 0,7%. Denken Sie daran, sie fiel um drei Prozent für fünf Jahre in der ersten Hälfte der achtziger Jahre. Das ist jedes Jahr ein Verlust der Nachfrage von 900.000 Barrel pro Tag. In fünf Jahren wäre das ein Verlust von 4,5 Millionen Barrel pro Tag. Wenn Saudi-Arabien der Swing-Producer ist, müssten sie ihre Produktion auf 4 Millionen Barrel pro Tag drosseln. Das können sie nicht. Ich denke, dass Peak Oil das Problemthema des letzten Jahrzehnts war.


Lars Schall: Sehen Sie "die Straße zur Erholung" bei dem hohen Ölpreis in Gefahr? Und ist nicht die Beziehung zwischen Energie, Geld und Wirtschaftswachstum generell so eine vertrackte Sache, insbesondere wenn das Peak Oil-Szenario real werden sollte?

Marshall Auerback: Ich denke, die "Straße zur Erholung", wie Sie sie nennen, ist in Wirklichkeit eine Sackgasse. Höhere Ölpreise könnten der letzte Nagel im Sarg sein. Sehen Sie meinen jüngsten Artikel, den ich schrieb: www.larsschall.com.


Lars Schall: Bezogen auf Geld / Krieg / Öl und die fiese NATO-Intervention in Libyen, möchte ich Sie zu dieser Beobachtung von Pepe Escobar befragen: "Dass es noch fieser geht, lernte man, als die Finanzeliten aus Washington / London / Paris am 19. März die Zentralbank von Benghazi dazu ermächtigte, ihre eigene - vom Westen diktierte - Geldpolitik im Gegensatz zu der staatlichen und völlig unabhängigen libyschen Nationalbank in Tripolis zu haben. Gaddafi wollte sowohl den US-Dollar als auch den Euro loswerden und auf den Gold-Dinar als afrikanische Gemeinschaftswährung umschalten - und viele Regierungen waren bereits an Bord." (v)

Glauben Sie, dass die NATO in diesem Fall ein bewaffneter Arm der Zentralbankpolitik ist?


Marshall Auerback: Vielleicht kein bewaffneter Arm der Zentralbankpolitik, aber es spielt sicherlich eine wichtige Rolle im Hinblick auf das Treffen wirtschaftlicher Entscheidungen. Ich denke, dies gilt insbesondere für die USA. Aber soweit es Großbritannien und Frankreich betrifft, so denke ich, dass es bei diesem Krieg darum geht, der Masseneinwanderung von muslimischen Flüchtlingen nach Europa zuvorzukommen, wo Anti-Einwanderungspolitik und Anti-Multikulturalismus effektiv die sozialdemokratischen Parteien in den meisten Teilen des Kontinents zerstört haben.

Wie Sie sich erinnern können, halfen die Deutschen bei der Entfachung des ersten Balkankriegs in den 1990er Jahren durch die Anerkennung der Abspaltung Kroatiens. Ihr Zweck war es, den Fluss kroatischer Flüchtlinge nach Deutschland einzudämmen. Es ging darum, Haitianer vom Auftauchen an der Golfküste abzuhalten, was Clinton dazu bewog, Haiti zu besetzen.

Ich denke, wir werden mehr von diesen präventiven Interventionen sehen, um Massenflüchtlings-Einwanderungen zu verhindern, da der ergrauende Norden sich mit einem Bevölkerungs-Ungleichgewicht gegenüber dem jüngeren Süden konfrontiert sieht. Man kann argumentieren, dass das Abhalten von Wellen armer Einwanderer von der Landung auf dem Küstenufer oder das Strömen über die Grenzen eine legitime Ausübung der nationalen Verteidigung ist. Wenn es eine Revolution in Mexiko und Massenflüchtlingswellen gäbe, würden wir bestimmt intervenieren, um zu versuchen, ein Regime zu unterstützen, um die Menschen dort zu Hause zu halten.

Ich bin mir also nicht sicher, als eine rein strategische Frage, ob die Briten und Franzosen (und Italiener und Portugiesen) in Anbetracht ihrer Interessen falsch liegen. Allerdings haben wir zum Glück eine gemeinsame Grenze mit Mexiko, nicht mit Nordafrika, so dass ich nicht sehen kann, was unser Interesse sein soll, alle verfassungsrechtlichen Fragen beiseite lassend. Bis jetzt sagte ich den Leuten, dass Obama zwar in Ökonomie schlecht sei, dafür aber zumindest in der Außenpolitik ein Realist in der Eisenhower-Tradition. Nun, das hier ist Obamas Suez-Moment, und im Gegensatz zu Ike hat er sich mit den Franzosen und Briten zusammengetan (und den Israelis, wie ich anmerke, die die Ablenkung nutzen, um Gaza zu bombardieren).




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