Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Die "Straße zur Erholung" ist eine Sackgasse

31.05.2011  |  Redaktion
- Seite 5 -
Lars Schall: Herr Auerback, die spannendste Geschichte in der Zukunft ist für mich im Allgemeinen der Zeitpunkt, da die Länder des Nahen Ostens ihr Öl und Erdgas nicht mehr für Papiergeld verkaufen werden. Wann denken Sie, dass sie dafür mit Edelmetallen bezahlt werden? Und welche Auswirkungen wird dies auf Fiat-Währungen haben?

Marshall Auerback: Nun, diese Frage besitzt für mich nicht wirklich viel Interesse. Am Ende des Tages, wenn die Menschen weniger Dollars wollen, sollten sie weniger in die USA exportieren. In Bezug auf die OPEC-Staaten oder China oder andere Mitglieder des asiatischen Spar-Blocks, der US-Dollar und -Staatsanleihen akkumuliert, wird dies meist als ausländische "Kreditvergabe" dargestellt, um das US-Haushaltsdefizit zu "finanzieren". Man könnte genauso gut das US-Leistungsbilanzdefizit als Quelle der ausländischen Leistungsbilanzüberschüsse ansehen, die die Form der Anhäufung von US-Staatsanleihen annehmen können.

In gewissem Sinne ist es die Bereitschaft der USA, gleichzeitig Handels- und Haushaltsdefizite zu unterhalten, das das nötige Kleingeld bereitstellt, um die ausländische Anhäufung von Staatsanleihen zu "finanzieren". Offensichtlich muss es eine Bereitschaft auf allen Seiten geben, damit dies auftritt - wir könnten auch sagen, dass es (mindestens) zwei braucht, um Tango zu tanzen - und die meisten öffentlichen Diskussionen ignorieren die Tatsache, dass der chinesische Wunsch, ein Handelsüberschuss mit den USA zu haben, im Zusammenhang mit ihrem Wunsch steht, Dollar-Vermögenswerte zu akkumulieren.

Gleichzeitig hilft das US-Haushaltsdefizit dabei, inländisches Einkommen zu generieren, was unserem privaten Sektor Konsum erlaubt - wovon einiges die Importe anheizt, die die Einkünfte liefern, die die Ausländer zum Akkumulieren von Dollarersparnissen verwenden -, selbst wenn es die Staatsanleihen erzeugt, die durch Ausländer angesammelt werden.

Mit anderen Worten, die Entscheidungen können nicht unabhängig voneinander sein - es macht keinen Sinn, über chinesische, asiatische oder OPEC-"Darlehen" an die USA zu reden, ohne auch ihre Wünsche auf Netto-Exporte zu berücksichtigen. In der Tat ist alles Folgende miteinander verknüpft (möglicherweise in komplexer Weise):

Die Bereitschaft der Chinesen oder Japaner, für den Export zu produzieren, die Bereitschaft dieser Länder, Vermögenswerte zu akkumulieren, die in Dollar lauten, der Fehlbetrag der asiatischen Binnennachfrage, der ihnen einen Handelsüberschuss mit den USA erlaubt, die Bereitschaft der Amerikaner, ausländische Produkte zu kaufen, das hohe Niveau der gesamtwirtschaftliche Nachfrage der USA, das in einem Handelsdefizit resultiert, und die Faktoren, die zu einem US-Haushaltsdefizit führen. Und natürlich ist es noch komplizierter als das, weil wir andere Länder dazu bringen müssen, um die weltweite Nachfrage als Ganze zu nehmen. Während zwar oft behauptet wird, dass diese Länder plötzlich entscheiden könnten, dass sie keine US-Staatsanleihen mehr wollen, müsste sich zumindest eine, wahrscheinlich jedoch viele dieser anderen Beziehungen auch ändern.

Zum Beispiel wird oft gesagt, dass China beschließen könnte, es wolle lieber Euro akkumulieren. Allerdings gibt es kein Äquivalent zum US-Schatzamt in Euroland. China könnte in Euro lautende Schuldtitel der einzelnen Regierungen akkumulieren - sagen wir, Griechenland! -, aber diese haben unterschiedliche Risiko-Bewertungen, und die schiere Menge, die von jeder einzelnen Nation herausgegeben wird, dürfte wahrscheinlich zu klein sein, um Chinas Bedürfnisse zu befriedigen.

Ferner versucht Euroland als Ganzes genommen (und dies gilt vor allem für sein stärkstes Mitglied, Deutschland), die Binnennachfrage einzuschränken, um Handelsüberschüsse laufen zu lassen. Wenn die USA ein Primärmarkt für den überschüssigen Ausstoß Chinas sind, aber Euro-Anlagen gegenüber Dollar-Anlagen bevorzugt werden, könnten Wechselkursanpassung zwischen dem Dollar und den Euro den chinesischen Markt zerstören.

Beachten Sie, dass ich nicht argumentiere, dass die gegenwärtige Situation ewig so weitergehen wird, obwohl ich glaube, dass sie viel länger andauern wird, als die meisten Kommentatoren annehmen. Ich weise stattdessen darauf hin, dass Veränderungen komplex sind und dass es starke Anreize gegen die Art einfacher, abrupter und dramatischer Verschiebungen gibt, die als mögliche Szenarien postuliert werden. Ich erwarte, dass die Komplexität sowie die Zusammenhänge zwischen Bilanzen und Handlungen gewährleisten, dass die Übergänge moderat und langsam sein werden.


Lars Schall: In Hinblick auf Gold- und Währungsmarktinterventionen, offene und besonders heimliche, und ihren Zweck und wahrscheinlichen Mechanismen: was sind Ihre Ansichten zu den Befunden des Gold Anti-Trust Action Committee (www.gata.org) in den letzten 12 Jahren?

Marshall Auerback: Jeder, der die Edelmetall-Märkte in den letzten 15 Jahren beobachtet hat, kann nicht umhin, von dem Niveau der Intervention, das auftritt, erstaunt zu sein. Natürlich, als Chris Powell, Bill Murphy und ihre Kollegen von GATA begannen, diese Behauptungen aufzustellen, glaubten ihnen nur wenige von uns, die den Goldmarkt sehr genau verfolgten, aber ich denke, die Qualität ihrer Analyse und ihre Entschlossenheit, die Fakten herauszubringen, hat das jetzt sehr zu einer Mainstream-Ansicht gemacht.

GATA hat stets die beste Arbeit geleistet. Sie wurden als Witzbolde und finanzielle Quacksalber behandelt, als sie anfingen, ihre Erkenntnisse aufzudecken, aber jetzt, obwohl nur wenige Menschen es wagen, ihnen Tribut zu zollen, ist es offensichtlich, dass GATA das meiste des geistigen Fundaments für ein wirkliches Verständnis des Goldmarkts erbracht hat. Ich habe Bill Murphys Arbeit immer als sehr glaubwürdig empfunden. Die Zentralbanken haben seit Jahren an den Devisenmärkten interveniert, den Anleihemärkten, und es gibt reichlich Spekulationen, dass sie es an den Aktienmärkten genauso tun. Warum sollte da ausgerechnet Gold anders sein?

Wenn überhaupt, dann ist das der einfachste Markt, um manipuliert zu werden, angesichts der erheblichen oberirdischen Bestände, die die Zentralbanken an Goldlagerbeständen haben, und der relativ geringen Größe dieses Marktes (im Vergleich zu, sagen wir, den Devisenmärkten). Und doch wurde das Werk von GATA für Jahre als Ketzerei abgetan. Warum? Ich kann nur schlussfolgern, dass die lautstarke Art, mit der Menschen sie seit Jahren zu diskreditieren versuchten, zeigt, dass sie uns die Wahrheit gaben und dass einige sehr mächtige Leute sich davon bedroht fühlten. Aber sie machten mutig weiter, und ich denke, sie werden mittlerweile von den meisten ernsthaften Beobachtern des Goldmarktes als grundsätzlich richtig liegend anerkannt.


Lars Schall: Sie sind tatsächlich ein guter Freund von Bill Murphy, dem GATA-Vorsitzenden, ist das korrekt?

Marshall Auerback: Ich bin mit Bill seit rund 15 Jahren bekannt. Ein toller Kerl und ein verdammt guter Footballspieler obendrein!


Lars Schall: Welche Auswirkungen, glauben Sie, haben der Pass-Empfänger Murphy und GATA seit der Gründung im Januar 1998 gehabt?

Marshall Auerback: Nochmals, sind sie die einzigen Leute, die eine strenge und intellektuell ehrliche Schilderung dessen, was im Goldmarkt los ist, zur Verfügung gestellt haben. GATA wurde einst als ein Haufen von Spinnern abgetan, aber ihre Ansichten sind jetzt der Mainstream (obwohl die Menschen immer noch zögern, sie voll für die mutigen Positionen, sie in den alten Tagen einnahmen, zu würdigen).




Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"