Interview mit James Turk
05.04.2013 | GoldMoney
Seit letztem Sommer steigt der Euro. Sehen Sie darin einen Trend, der anhalten wird?
James Turk: Wie sich der Euro gegenüber anderen Fiat-Währungen verhalten wird, ist schwer zu sagen. Sie alle werden in hohem Maße von den Zentralbanken entwertet. Das heißt also nur, dass der Euro in diesem Kontext nicht als der große Verlierer heraussticht. Über das letzte Jahrzehnt betrachtet, konnte er seinen Wert sogar besser halten als der US-Dollar, der Chinesische Yuan, der Japanische Yen und das Britische Pfund. Das kann man auch in einem Chart sehen, den ich für einen Artikel bei GoldMoney erstellt habe.
Ich kann aber mit Bestimmtheit sagen, dass der Euro mittel- bis langfristig weiter gegenüber soliden, wertigem Geld an Wert verlieren wird - damit meine ich Gold, Silber und andere Edelmetalle. Es kurzfristige Aufwärtsbewegungen im Euro-Gold-Wechselkurs lassen sich trotzdem nicht ausschließen (wie zum Beispiel letzten Herbst).
Mit Bankenanlagen im Umfang von 47 Billionen € hat die EU offiziell das größte Bankensystem der Welt. 2008 stürzte es fast in sich zusammen, seitdem konnten die Banken aber durch eine ganze Reihe von Interventionen am Laufen gehalten werden. Haben die politischen Entscheidungsträger damit eine Bankenkrise abgewendet oder diese nur verschoben?
James Turk: Die wurde verschoben; aber der Tag der Abrechnung wird schließlich kommen, nicht zuletzt, weil diese Banken extrem stark im Staatsschuldenbereich engagiert sind. Überall auf der Welt geben Staaten mehr Geld aus, als es ihre Verhältnisse erlauben. Das heißt, dass sie die Anleihen, die sie für die Finanzierung ihrer Ausgaben emittieren, über die kommenden Jahre immer wertloser machen werden.
Entweder durch Ausfall (wie in Irland), durch Schuldenschnitte (wie im Fall von Griechenland) oder durch Inflation (die anglo-sächsische Variante). Anleihehalter wählen sozusagen unter verschiedenen Giftstoffen aus. Hinzu kommt noch das systemische Risiko, das von den Derivateprodukten im Bankensystem ausgeht. Ihr Nominalwert liegt im zweistelligen Billionenbereich. Damit dürfte also klar sein, dass eine weitere Krise von Typ 2008 - oder schlimmer - ein sehr reales Risiko ist.
Mit den Basel III-Bestimmungen sollte sichergestellt werden, dass die Banken mehr Kapitalpuffer haben, um zukünftige Krisen überstehen zu können. Die Liquiditätsauflagen aus Basel III wurden aber jetzt schon wieder gelockert. Warum ist das so, und was sagt uns das über die zukünftigen Entwicklungen?
James Turk: Strengere Liquiditätsauflagen würden die Möglichkeiten der Banken beschneiden, das Geldangebot aufzublähen; und trotz aller Gespräche, die es zum Thema "verantwortliches" und “konservatives“ Banking nach der 2008er Krise gegeben hatte, wissen die Politiker, wie stark sie von den Banken abhängig sind, sie brauchen sie als Motoren der Inflation und Kreditexpansion. Selbstverständlich müssen sich die Regierungen auch selbst gewaltige Summen von irgendwelchen Kreditgebern leihen.
Was wird also auf uns zukommen? Anhaltende Instabilität im Bankensystem, ständig steigende Dosen an Geldschöpfung verabreicht durch Zentralbanken - und letztendlich galoppierende Inflation und der Tod unseres aktuellen Geldsystems.
Obwohl Sie in London leben, reisen Sie häufig nach Spanien, das sich in einer tieferen und länger andauernden Rezession befindet als die meisten andern europäischen Staaten. Was ist in letzter Zeit dort passiert?
James Turk: Die Situation dort ist ziemlich düster. Die offizielle Arbeitslosenquote liegt bei 25%, die Jugendarbeitslosigkeit geht jetzt auf 56% zu. Diese Zahlen zeigen, dass sich Spaniens Wirtschaft in einer Depression befindet, obgleich es man es nicht so nennt. Die anhaltenden Staatsausgaben lassen die Illusion entstehen, dass es der Wirtschaft besser geht, als es ihr in Wirklichkeit geht. Was passiert aber, wenn sich der Staat kein Geld mehr leihen kann?
Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass wir diese Phase jetzt erreichen. Die spanische Bundesregierung wie auch die Provinzen sind in schwerer Geldnot, sie sind aber gleichzeitig nicht gewillt, ihre Rolle in der Wirtschaft einzuschränken und Vermögen im Rahmen einer freien Wirtschaft entstehen zu lassen. Also wird Spanien denselben Weg gehen, der heutzutage fast überall von sozialistischen Politikern beschritten wird.
Und wie andere Länder greift auch Spanien dabei auf Schikane zurück. Berichten zufolge soll die spanische Bundesregierung schon das nationale Rentensystem geplündert haben, das jetzt bis zum Rand mit spanischen Staatsschuldentiteln vollgestopft ist. Das ist ein skrupelloser Akt, weil hier gute Anlagen mit eigenen Staatschulden ersetzt wurden, die nicht mehr weit vom Schrottanleihen-Rating entfernt sind.
Wie passiert in den anderen europäischen Ländern? Sind Sie auf besondere Entwicklungen aufmerksam geworden?
James Turk: Ich sage nun schon seit längerer Zeit, dass der Euro nicht die Deutsche Mark ist, und dass die EZB nicht die Deutsche Bundesbank ist - trotz aller Versprechen, die bei der Gründung der Euro-Gemeinschaftswährung gemacht wurden. So wurde zum Beispiel versprochen, dass der Euro ein Nachfolger der harten DM-Währung werden würde.
Es bleibt also abzuwarten, ob sich die Marginalisierung der Bundesbank und ihres Präsidenten, Jens Weidmann, z.B. durch Angela Merkel, Mario Draghi und andere große politische Entscheidungsträger und Bürokraten der Eurozone anhalten wird. Traurigerweise ist das absehbar. Die Politiker und Bürokraten zeigen sich im Namen der Eurozone entschlossen, den Euro in einen Nachfolger der Italienischen Lira zu verwandeln.
Die Bundesbank murrt deswegen etwas - wie man in einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit Weidmann lesen konnte - aber ohne Wirkung. Denkt man noch an die anhaltenden Abwertungsversuche der Schweiz und daran, dass kaum noch jemand werthaltiges Geld verteidigt, dann kommt man zu dem Schluss, dass die Lichter in Europa ausgehen.
James Turk: Wie sich der Euro gegenüber anderen Fiat-Währungen verhalten wird, ist schwer zu sagen. Sie alle werden in hohem Maße von den Zentralbanken entwertet. Das heißt also nur, dass der Euro in diesem Kontext nicht als der große Verlierer heraussticht. Über das letzte Jahrzehnt betrachtet, konnte er seinen Wert sogar besser halten als der US-Dollar, der Chinesische Yuan, der Japanische Yen und das Britische Pfund. Das kann man auch in einem Chart sehen, den ich für einen Artikel bei GoldMoney erstellt habe.
Ich kann aber mit Bestimmtheit sagen, dass der Euro mittel- bis langfristig weiter gegenüber soliden, wertigem Geld an Wert verlieren wird - damit meine ich Gold, Silber und andere Edelmetalle. Es kurzfristige Aufwärtsbewegungen im Euro-Gold-Wechselkurs lassen sich trotzdem nicht ausschließen (wie zum Beispiel letzten Herbst).
Mit Bankenanlagen im Umfang von 47 Billionen € hat die EU offiziell das größte Bankensystem der Welt. 2008 stürzte es fast in sich zusammen, seitdem konnten die Banken aber durch eine ganze Reihe von Interventionen am Laufen gehalten werden. Haben die politischen Entscheidungsträger damit eine Bankenkrise abgewendet oder diese nur verschoben?
James Turk: Die wurde verschoben; aber der Tag der Abrechnung wird schließlich kommen, nicht zuletzt, weil diese Banken extrem stark im Staatsschuldenbereich engagiert sind. Überall auf der Welt geben Staaten mehr Geld aus, als es ihre Verhältnisse erlauben. Das heißt, dass sie die Anleihen, die sie für die Finanzierung ihrer Ausgaben emittieren, über die kommenden Jahre immer wertloser machen werden.
Entweder durch Ausfall (wie in Irland), durch Schuldenschnitte (wie im Fall von Griechenland) oder durch Inflation (die anglo-sächsische Variante). Anleihehalter wählen sozusagen unter verschiedenen Giftstoffen aus. Hinzu kommt noch das systemische Risiko, das von den Derivateprodukten im Bankensystem ausgeht. Ihr Nominalwert liegt im zweistelligen Billionenbereich. Damit dürfte also klar sein, dass eine weitere Krise von Typ 2008 - oder schlimmer - ein sehr reales Risiko ist.
Mit den Basel III-Bestimmungen sollte sichergestellt werden, dass die Banken mehr Kapitalpuffer haben, um zukünftige Krisen überstehen zu können. Die Liquiditätsauflagen aus Basel III wurden aber jetzt schon wieder gelockert. Warum ist das so, und was sagt uns das über die zukünftigen Entwicklungen?
James Turk: Strengere Liquiditätsauflagen würden die Möglichkeiten der Banken beschneiden, das Geldangebot aufzublähen; und trotz aller Gespräche, die es zum Thema "verantwortliches" und “konservatives“ Banking nach der 2008er Krise gegeben hatte, wissen die Politiker, wie stark sie von den Banken abhängig sind, sie brauchen sie als Motoren der Inflation und Kreditexpansion. Selbstverständlich müssen sich die Regierungen auch selbst gewaltige Summen von irgendwelchen Kreditgebern leihen.
Was wird also auf uns zukommen? Anhaltende Instabilität im Bankensystem, ständig steigende Dosen an Geldschöpfung verabreicht durch Zentralbanken - und letztendlich galoppierende Inflation und der Tod unseres aktuellen Geldsystems.
Obwohl Sie in London leben, reisen Sie häufig nach Spanien, das sich in einer tieferen und länger andauernden Rezession befindet als die meisten andern europäischen Staaten. Was ist in letzter Zeit dort passiert?
James Turk: Die Situation dort ist ziemlich düster. Die offizielle Arbeitslosenquote liegt bei 25%, die Jugendarbeitslosigkeit geht jetzt auf 56% zu. Diese Zahlen zeigen, dass sich Spaniens Wirtschaft in einer Depression befindet, obgleich es man es nicht so nennt. Die anhaltenden Staatsausgaben lassen die Illusion entstehen, dass es der Wirtschaft besser geht, als es ihr in Wirklichkeit geht. Was passiert aber, wenn sich der Staat kein Geld mehr leihen kann?
Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass wir diese Phase jetzt erreichen. Die spanische Bundesregierung wie auch die Provinzen sind in schwerer Geldnot, sie sind aber gleichzeitig nicht gewillt, ihre Rolle in der Wirtschaft einzuschränken und Vermögen im Rahmen einer freien Wirtschaft entstehen zu lassen. Also wird Spanien denselben Weg gehen, der heutzutage fast überall von sozialistischen Politikern beschritten wird.
Und wie andere Länder greift auch Spanien dabei auf Schikane zurück. Berichten zufolge soll die spanische Bundesregierung schon das nationale Rentensystem geplündert haben, das jetzt bis zum Rand mit spanischen Staatsschuldentiteln vollgestopft ist. Das ist ein skrupelloser Akt, weil hier gute Anlagen mit eigenen Staatschulden ersetzt wurden, die nicht mehr weit vom Schrottanleihen-Rating entfernt sind.
Wie passiert in den anderen europäischen Ländern? Sind Sie auf besondere Entwicklungen aufmerksam geworden?
James Turk: Ich sage nun schon seit längerer Zeit, dass der Euro nicht die Deutsche Mark ist, und dass die EZB nicht die Deutsche Bundesbank ist - trotz aller Versprechen, die bei der Gründung der Euro-Gemeinschaftswährung gemacht wurden. So wurde zum Beispiel versprochen, dass der Euro ein Nachfolger der harten DM-Währung werden würde.
Es bleibt also abzuwarten, ob sich die Marginalisierung der Bundesbank und ihres Präsidenten, Jens Weidmann, z.B. durch Angela Merkel, Mario Draghi und andere große politische Entscheidungsträger und Bürokraten der Eurozone anhalten wird. Traurigerweise ist das absehbar. Die Politiker und Bürokraten zeigen sich im Namen der Eurozone entschlossen, den Euro in einen Nachfolger der Italienischen Lira zu verwandeln.
Die Bundesbank murrt deswegen etwas - wie man in einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit Weidmann lesen konnte - aber ohne Wirkung. Denkt man noch an die anhaltenden Abwertungsversuche der Schweiz und daran, dass kaum noch jemand werthaltiges Geld verteidigt, dann kommt man zu dem Schluss, dass die Lichter in Europa ausgehen.