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Leitzinsanhebungen gegen Preissteigerungen - Verweigerung der ökonomischen Realität

09.07.2011  |  Markus Blaschzok
Geldpolitische Entscheidungen gaben in dieser Woche einige Impulse für die Märkte. Während man in England den Leitzins bei 0,5% beließ, um der dort ohnehin schwachen Konjunkturentwicklung nicht zu schaden, hob man im Euroraum den Leitzins um 25 Basispunkte auf 1,5 Prozent an, was allgemein vom Markt erwartet wurde. Der keynesianische Begriff der "Konjunktur" darf dabei nie mit einem nachhaltigen, wohlstandsfördernden Wirtschaftswachstum verwechselt werden, da die staatlich gestützte Konjunktur an sich einen kontinuierlichen Rückgang der Produktivität bis zum Verzehr des existierenden Kapitalstocks darstellt.

Der Hintergrund der Anhebung liegt weniger im offiziell ausgewiesenen Wirtschaftswachstumsraten von zwei Prozent, als vielmehr im Zeitgewinn beim Überlebenskampf gegen die nahende Welle steigender Konsumentenpreise. Obwohl die Aktienmärkte bei einer derartigen Entwicklung mit etwas Nachlauf grundsätzlich Probleme bekommen, stiegen der DAX sowie der S&P 500 am gestrigen Tage nach der Notenbanksitzung nochmals etwas an.

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Die Bekanntgabe, dass die Europäische Zentralbank künftig auch portugiesische Anleihen, ebenso wie die von Irland und Griechenland, unabhängig ihrer Bonität weiterhin als Sicherheit akzeptieren wird, dürfte den Aktienmärkten den nötigen Aufwärtsimpuls gegeben haben. Außerdem unterstrich EZB-Chef Jean-Claude Trichet, dass die EZB einen begrenzten Zahlungsausfall nicht unterstützen wird. Eine Leitzinserhöhung wird sicherlich reale negative Auswirkungen auf die Wirtschaft haben, doch die unlimitierte Monetarisierung von Anleihen zahlungsunfähiger Schuldner führt zu nominal weiter steigenden Preisen und Kursen. Das Signal zum Wechsel in mit realen Werten gedeckten Assets ist somit überdeutlich.

Auch die chinesische Notenbank hob seit vergangenem Oktober zum fünften Mal in Folge den Leitzins um 25 Basispunkte auf 6,56% an und den Einlagenzins um 0,25% auf 3,5%. Dies und die bereits neunmalige Ausweitung der Mindestreserve vermag die starken Konsumentenpreisanstiege mit fast 6% im Juni nicht einzudämmen. Hier dürfte der Hintergrund in dem anderen Weg, den China im Vergleich zu Europa und den USA beschreitet, liegen. Während hierzulande das Preissteigerungspotenzial durch Bail-Outs entsteht und erst mit einer mehrjährigen Zeitverzögerung über die Rohstoffpreise den Weg in die Konsumentenpreise und die Lohntüten findet, wird in China rund die Hälfte der Inflationierung direkt über die planwirtschaftliche Exportsubventionierung verursacht. Zur Stützung des Yuan werden dort Devisen direkt angekauft und so unmittelbare Preissteigerungen in den Löhnen und Nahrungsmittelpreisen verursacht.

Ein weiterer Kampf zur Verschleierung der Ausmaße der anrollenden Krise wurde in dieser Woche gegen den Markt beziehungsweise gegen die Ratingagenturen, von politischer Seite aus geführt. Nachdem Moody’s die Bonität Portugals um vier Stufen auf Ba2 reduzierte und den weiteren Ausblick auf negativ senkte, zeigten sich Politiker aus ganz Europa und aller Couleur entrüstet über dieses Vorgehen und forderten die "Entmachtung" der Ratingagenturen. Während die Agentur dieses Vorgehen mit der zunehmenden Wahrscheinlichkeit eines zweiten Hilfspakets begründete, sahen Politiker darin gar "Terrorismus". Bundesfinanzminister Schäuble sagte, dass man das Oligopol der Ratingagenturen brechen müsse und Angela Merkel, dass "sich die Troika ihre eigene Urteilsfähigkeit nicht wegnehmen lassen dürfe." Der EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier drohte den Ratingagenturen gar mit einem Maulkorb und deutete an, dass die Bewertung von Ländern unter dem Rettungsschirm verboten werden könnte.

Die "Troika" und deren "Kommissare" versuchen die Realität zu verschleiern, indem man die Nennung dieser verbieten will.

Der (Plan-)Wirtschaftsweise Peter Bofinger empfahl einfach griechische Anleihen in Anleihen des Rettungsfonds zu tauschen, um den Einfluss von Ratingagenturen zu brechen. In Italien verhörte man Vertreter der Ratingagentur Standard & Poor’s da diese die italienischen Sparanstrengungen angeblich zu schnell bewerteten. All diese Pläne verzerren nur weiter die ökonomische Realität und helfen den Bürgern und dem Wohlstand Europas in keiner Weise. Die Zinsen für zweijährige portugiesische Anleihen erreichten indes 17,5% und die Griechenlands 30%. Die Zeichen für Inflationierung und weitere Preissteigerungen mahnen deutlicher denn je.


Weitere Entwicklungen
  • Die Ratingagentur Fitch stuft den US-Bundesstaat Minnesota von "AA+" auf "AAA" herab, da dieser mittlerweile zahlungsunfähig ist. 20.000 der 36.000 Staatsbediensteten sind im Zwangsurlaub, Nationalsparks wurden geschlossen und Dutzende Straßenbauprojekte wurden gestoppt.


Technische Analyse

Gold und Silber zeigen Stärke - HUI verharrt in Handelsspanne


Der Silberpreis konnte den kurzfristigen Abwärtstrend überschreiten. Seither kämpft er mit dem Widerstand des 50-Tage-Durchschnitts und dem letzten Hoch bei 36,70 US-Dollar. Augenblicklich sieht es gut aus, dass der Preis in den nächsten Handelstagen, nach einem vielleicht nochmaligen kleinen Rücksetzer, die Marke überwinden kann. Gelingt dieses favorisierte Szenario, dann sollte ein Anstieg bis auf ca. 40 US-Dollar folgen. Damit würde sich unser seit Langem präferiertes Szenario, nachdem ein nochmaliger kurzer Anstieg vor der letzten Korrekturwelle erfolgen müsste, erfüllen. Auch wenn wir grundsätzlich überaus bullisch auf mittel- und langfristige Sicht sind, so fehlt uns noch ein Sell-Off, bevor wir die Fortsetzung des Aufwärtstrends sehen.

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Der Goldpreis konnte von den schlechten wirtschaftspolitischen Entwicklungen in Europa und den USA weiter profitieren. Nachdem vergangene Woche auf Tagesbasis noch ein kurzfristiges Verkaufssignal generiert wurde, drehte der Preis zu Wochenbeginn gen Norden und stieg bis auf aktuell 1.540 US-Dollar. Wir sehen beim Goldpreis in US-Dollar sowie in Euro aufgrund der fortgeschrittenen Schuldgeldkrise nur wenig Korrekturpotenzial. Im Worst-Case einer wirtschaftlichen Krise läge das Kursziel schon bei einem Preis von ca. 1.410 US-Dollar. Auch hier könnte erst ein erneutes Kaufsignal generiert werden, bevor wie beim Silber das Szenario eintritt. Mittel- und langfristig sehen wir keine großen Risiken für den Goldpreis, besonders nicht in Euro.

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Der HUI Goldminenindex hatte den Dip unter die 500-Punkte-Marke nicht bestätigt, wodurch sofort Kaufdruck aufkam. Spekulative Käufe sorgten seither für einen Anstieg bis an den Abwärtstrend und gleichzeitig den 200-Tage-GD. Ein signifikantes Überschreiten dieser beiden Widerstände wäre bullisch und liesse Spielraum bis 600 Zähler. Letztlich verharrt der Index in der Handelsspanne zwischen 500 und 600 Punkten und erst ein Bruch einer dieser beiden Marken bringt die letztliche Handelsentscheidung. Spannend bleibt es besonders mit Sicht auf August und September. Dann erst wird sich die Frage klären, ob politisch das deflationäre Szenario mit einem Wirtschaftseinbruch noch einmal kurz gespielt wird oder nicht und wann eine Flucht aus Schuldtiteln in Aktien und Edelmetalle zu stark steigenden Preisen führen werden. Hierbei ist der S&P 500 ein guter Indikator, der dieses Szenario mit einem Bruch der 1.250 Punkte-Marke bestätigen und einleiten würde.

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Commitment of Traders

Der Abverkauf im Silber zum 28.07.2011 erfolgte im Zuge eines weiteren Rückzugs spekulativer Investoren. Dieses niedrige Niveau ist überaus optimistisch und auch die kleinen Spekulanten reduzierten ihre Positionen stärker als es die Großen taten, was zusätzlich bullisch stimmt. Die Lage für Öl und EUR/USD hat sich verbessert, sodass wir die Einschätzung von negativ auf neutral anhoben. Palladium und Platin haben immer noch hohe Positionen. Die Long-Positionen im Platin wurden mit weiteren Preisrückgängen weiter abgebaut und konnten in den vergangenen Monaten bei bisher relativ geringen Verlusten um fast 50% reduziert werden. Das Bild ist nach der erwarteten und eingetretenen Schwäche nun neutral einzustufen.

Beim Öl wurden die hohen Positionen nochmals um ein ganzes Stück abgebaut, wobei der Preis nur um 3% verlor. Auch wenn der Ölpreis noch weiteres Rückschlagpotenzial birgt, so zeigt dieser in den vergangenen Wochen eine gewisse relative Stärke zu den starken Positionsreduzierungen, was an den inflationären Maßnahmen der letzten 1 ½ Jahre liegen dürfte.

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© Markus Blaschzok
Dipl. Betriebswirt (FH), CFTe
www.markus-blaschzok.de

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