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"Gold wird weiter gedeihen"

12.07.2011  |  Lars Schall
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Wir gehen davon aus, dass Zoellick an einen Korb von Waren denkt, der unter anderen Waren auch Gold enthält. Thomas Hoenig, der Präsident der Federal Reserve Bank of Kansas City, nannte den Goldstandard ebenfalls ein "legitimes Geldsystem". Darüber hinaus drängte Prof. Robert Mundell - de "Vater des Euro" - zu einer Gold-Konvertibilität für den Euro und den Dollar. (i) Steve Forbes, Herausgeber und ehemaliger Präsidentschaftskandidat der Republikaner, war auch optimistisch, dass die USA wegen ihrer fiskalischen Ungleichgewichte zu einem Goldstandard zurückkehren könnten.

Deshalb denke ich, dass das Fundament für eine Rückkehr zu "solidem Geld" gelegt zu sein scheint. Wir glauben, dass eine Rückkehr zum Goldstandard kein großes wirtschaftliches oder organisatorisches Problem ist. Was wir vielmehr vor uns haben, ist eine hoch politische und philosophische Frage des Prinzips, die beantwortet werden muss. Wir glauben daher, dass die Belastung noch viel größer werden muss, ehe spezifische Maßnahmen ergriffen werden. Wer weiß, aber vielleicht werden wir eine Zukunft sehen, in der statt nach dem Preis von Gold zu fragen, die Menschen viel öfter nach dem Preis in Gold fragen werden.


Lars Schall: Ein wesentlicher Schritt in diese Richtung ist der Zeitpunkt, ab dem die Länder des Nahen Ostens ihr Öl und Erdgas nicht länger für Papiergeld verkaufen werden. Wann denken Sie, dass sie dafür mit Edelmetallen bezahlt werden?

Ronald Stöferle: Ich denke, wir sehen langsam den unspektakulären Abschied des Greenback als globale Leitwährung. Das Selbstbewusstsein der Schwellenländer und Öl-Exporteure ist definitiv auf dem Vormarsch. Aus meiner Sicht sollte die Achse Peking-Moskau weiter an Schlagkraft gewinnen. Die beiden Länder beabsichtigen ausschließlich ihre eigenen Währungen für die bilateralen Handelsgeschäfte zu verwenden. Am Ende des Jahres 2010 wurde der Renminbi an der Moscow Interbank Currency Exchange (MICEX) notiert. Dies ist die erste Notierung außerhalb von China oder Hong Kong, und sie bestätigt, dass die Geschwindigkeit der Internationalisierung täglich steigt. China ist bereits der wichtigste Handelspartner von Japan und Australien. Auch hier scheint die Abwicklung bilateraler Geschäfte in lokaler Währung naheliegend.

Darüber hinaus wird die Shanghai Cooperation Organization (SCO) schrittweise eine größere Rolle in diesem Zusammenhang übernehmen. (ii) Das Ziel ist es, die Zusammenarbeit in Politik, Handel und Wirtschaft zu fördern. Als interessante Randnotiz: die Region macht einen signifikanten Anteil an der weltweiten Goldproduktion aus.

Wenn es heute absurd und illusorisch zu glauben scheint, dass der Dollar seinen Status als weltweit führende Währung verlieren könnte, könnte ein Blick in die Geschichtsbücher weiterhelfen. Portugal (1450-1530), Spanien (1530-1640), die Niederlanden (1640-1720), Frankreich (1720-1815) und Großbritannien (1815-1920) prägten für Jahrhunderte weltweit führende Währungen und haben in der Zwischenzeit allesamt ihre frühere monetäre Pracht mehr oder weniger verloren. (iii) Interessanterweise neigen diese Zyklen dazu, circa 90 bis 100 Jahre anzudauern, was ebenso auf die bevorstehende Wachablösung des US-Dollar hinzudeuten scheint.


Lars Schall: Warum argumentieren Sie, dass die Hausse in Gold ein Marathon ist - und was bedeutet dies für die Anleger?

Ronald Stöferle: Ich denke, dass dieser Bullentrend ein Marathon und kein Sprint ist, denn im Moment sehen wir das perfekte Umfeld für Gold. Gold bleibt als Antagonist der ungedeckten Papierwährungen eine hervorragende Absicherung gegen Szenarien des schlimmsten Falls. Niedrige Realzinsen und ein hohes Ausfallrisiko bieten das perfekte Umfeld für Gold. Beide sind eindeutig im Moment der Fall, und wir erwarten, dass dieses Szenario andauert.

Bei den derzeitigen Realzinsen ist Gold eine offensichtliche Alternative zu kurzfristigen Staatsanleihen, Girokonten oder Festgeldern. Nach vielen Jahren einer chronischen Niedrigzins-Politik glauben wir nicht, dass Zinsen nach dem Vorbild von Paul Volcker möglich sind, ohne dass das System zusammenbricht. Deshalb sollte die Gold-Hausse diesmal aus anderen Gründen als zu Beginn der 1980er Jahre enden.

Am Ende einer jeden Trendphase neigt eine parabolische Beschleunigung aufzutreten, eine Phase der Euphorie, die auch "Blow-off Top" genannt wird. Wir erwarten, dass unser Kursziel von 2.300 US-Dollar im Rahmen des genannten Phänomens erreicht wird. Das aktuelle Motto scheint zu sein, bei Kurskorrekturen zu kaufen ("buy the dips"). Besonders in Indien und China ist das Kaufverhalten entschieden anti-zyklischer als im Westen.

Konsolidierungen, als Teil der Hausse, werden jedes Mal kürzer und korrigieren weniger als die vorherige Konsolidierung (in Prozenten ausgedrückt). Wir haben genau diese Entwicklung seit 2009 gesehen. Sobald keine größeren Korrekturen mehr auftreten, wird der Markt wahrscheinlich in die letzte Phase der Beschleunigung umschalten.


Lars Schall: Sehen Sie eine Renaissance der Investment-Nachfrage beim Gold?

Ronald Stöferle: Auf jeden Fall! Im Jahr 2000 entfielen nur 4,8% der gesamten Nachfrage auf die Investitionsnachfrage, wohingegen im Jahr 2010 dieser Anteil auf fast 40% angestiegen ist. Aus unserer Sicht deutet dies auf eine deutlich bullishe Trendwende hin und läutet eine neue Phase der Hausse ein. Wir glauben, dass von nun an die Anleger - und vor allem institutionelle Anleger - die Nachfrageseite dominieren werden. Besonders Versicherungen und Pensionsfonds sollten ihre Gold-Zuteilung aufstocken, da die Korrelation zu Aktien und insbesondere zu Anleihen gering oder sogar negativ ist.

Gold scheint allmählich den Nimbus der "Investition für Schwarzseher und Hinterwäldler" zu verlieren. Nicht nur traditionelle Goldbugs, sondern auch zahlreiche Hedge-Fonds-Ikonen wie John Paulson, David Einhorn, Paul Tudor Jones oder Ray Dalio haben heute ein Faible für Gold entwickelt. Auch wenn viele die Verkäufe von George Soros als das Ende der Hausse interpretierten, enthüllt ein genauerer Blick, dass er just 99% seiner Positionen im Spyder Gold-ETF entsorgt hat. Und zur gleichen Zeit hat Soros seine Positionen in Barrick Gold und Great Basin erhöht und neue Positionen in Goldcorp und Eldorado Gold eröffnet.

Ich denke, dass das Potential für die institutionelle Nachfrage nach Gold riesig ist. Im Moment verwalten die globalen Rentenfonds über 30 Billionen US-Dollar an Vermögenswerten. (iv) Um dies in einen Kontext zu stellen: das ist etwa das Doppelte der Wirtschaftsleistung der USA. Nach Shayne McGuire, beträgt die Rohstoff-Zuteilung derzeit etwas weniger als 3%. (v) Wenn diese Mittel zum Beispiel den S & P GSCI oder den Dow Jones-UBS Commodities Index halten würden, würden sie nur 5% innerhalb dieser Rohstoffindizes dem Gold zuteilen.(vi)

Dies bedeutet, dass Gold nur marginale 0,15% der Gesamtmittel bei Pensionsfonds ausmacht. Eine Erhöhung auf 0,3% würde sich in einen zusätzlichen Bedarf von 45 Milliarden USD übersetzen. Die Allokation bei Versicherungsunternehmen (18,7 Billionen USD an verwalteten Assets), Hedge-Fonds (2 Billionen USD) und Staatsfonds (3,8 Billionen USD) ist eine vergleichsweise geringe Größe. Wir erwarten nicht, dass es in diesem Fall zu einem signifikante Sinneswandel in Richtung Gold kommen wird - nicht zuletzt aus regulatorischen Gründen. Allerdings würde selbst eine geringfügige Erhöhung der Gewichtung von Gold durch die institutionellen Anleger den Goldpreis maßgeblich unterstützen.




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