"Gold wird weiter gedeihen"
12.07.2011 | Lars Schall
- Seite 5 -
Lars Schall: Und warum sehen, hören und lesen wir so oft, dass Gold eine Blase sei? Ronald Stöferle: Ich kann die "Aurophobie" wirklich nicht verstehen, vor allem in der Finanzbranche. Es scheint, als ob es hier nur zwei Fronten gibt: Menschen, die Gold lieben (auch als Goldbugs bekannt), und Menschen, die es hassen. Es gibt nur sehr wenige Graustufen zwischen diesen beiden Fronten, und die Leute sind sehr zögerlich, von der einen zur anderen zu wechseln.
Vielleicht ist es deshalb so, weil sich Gold von seinem Ruf als ein "barbarische Relikt" befreit hat, der in den 1980er und 1990er Jahren betont wurde, und weil es schließlich wieder eine eigene Anlageklasse wird. (xiv) Der Paradigmenwechsel hat definitiv psychologische Gründe. Die unerschütterlichen Mythen und Missverständnisse (Gold zahlt keine Zinsen, der Kauf von physischem Gold ist teuer, Gold ist spekulativ und volatil ...) sind derzeit Gegenstand der Entmystifizierung und Neubewertung. Angesichts dessen, dass nach der Baisse, die 20 Jahre andauerte, viele solcher Argumente, Diffamierungen und Überzeugungen in den Köpfen der Menschen stecken blieben, ist das Erreichen einer Veränderung der Geisteshaltung mühsam und zeitraubend.
Die Tatsache, dass nicht viele Marktteilnehmer aktiv am letzten Hoch des Goldpreises in den 1970er Jahren partizipierten, ist ein positiver Aspekt. Dies ist wahrscheinlich auch der Grund, warum die Mehrheit der Anleger noch die Nachhaltigkeit und die Rechtfertigung der Hausse anzweifelt, obwohl wir in ihrem zehnten Jahr sind. In den 1970er Jahren war es ein ungeschriebenes Gesetz, mindestens ein Fünftel des eigenen Portfolios in Gold zu investieren.
Lars Schall: Was ist Ihr Kursziel für Gold? Ist mehr oder minder der Himmel die Grenze?
Ronald Stöferle: Sie wissen, dass ich ein "österreichischer Österreicher" bin...
Lars Schall: Ja.
Ronald Stöferle: ... und nach Carl Mengers Theorie des subjektiven Werts wird der Wert eines Gutes vom Grenznutzen im Hinblick auf das gesetzte Ziel abgeleitet. (xv) Das bedeutet, dass der Wert eines Gutes oder einer Dienstleistung daher kein objektiver Wert ist, sondern das Ergebnis eines subjektiven Prozesses der Bewertung ("Wert gibt es nicht außerhalb des Bewusstseins der Menschen"). Deshalb ist die Frage nach Preiszielen schwierig zu beantworten.
Aber noch einmal: Angesichts der Tatsache, dass der Großteil der Verschuldung weder abgeschrieben noch abbezahlt, sondern nur übertragen wurde, wartet das Problem der Überschuldung immer noch darauf, gelöst zu werden. Soweit es die Stimmung betrifft, haben wir auf jeden Fall kein Anzeichen von Euphorie. Skepsis, Angst und Panik sind niemals Begleiter auf der Zielgeraden einer Hausse. Daher glauben wir, dass unser langfristiges Kursziel von 2.300 USD pro Unze, das wir vor ein paar Jahren formulierten, auf der konservativen Seite herauskommen könnte.
Lars Schall: Was bedeutet das für den Silberpreis?
Ronald Stöferle: Wir haben keine offizielle Berichterstattung und Kursziele für Silber. Ich denke nur, dass innerhalb dieses Gold-Bullenmarkts das Silber das Gold übertreffen wird.
Lars Schall: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, Herr Stöferle!
Ronald Stöferle: Gern geschehen, Herr Schall!
© Lars Schall
Quelle:
- i Vgl. Ralph Benko: "The Emerging New Monetarism: Gold Convertibility To Save The Euro", erschienen am 13. Juni 2011 auf Forbes unter: http://blogs.forbes.com/ralphbenko/2011/06/13/the-emerging-new-monetarism-gold-convertibility-to-save-the-euro/
- ii Die Organisation besteht derzeit aus den Mitgliedsstaaten China, Russland, Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Usbekistan sowie Staaten, die einen Beobachterstatus halten, das heißt, Mongolei, Indien, Pakistan und Iran. Partner im Dialog sind auch Weißrussland, Afghanistan, Turkmenistan und die Association of Southeast Asian Nations, ASEAN.
- iii Vgl. Hongyi Chen und Wensheng Peng: "The Potential of the Renminbi as an International Currency", China Economic Issues, veröffentlicht im November 2007 unter: www.info.gov.hk/hkma/eng/research/cei/2007/CEI-200707.pdf
- iv Jeff Clark, Casey Research, März 2011.
- v Shayne McGuire: "Hard Money, Taking Gold to a higher investment level", Wiley, September 2010.
- vi Vgl. "Gold: a commodity like no other", World Gold Council, April 2011.
- vii Ronald Stöferle: "In Gold We Trust", Special Report veröffentlicht im Juni 2010.
- viii Vgl. Chris Powell: "Austrian bank’s gold report cites market manipulation“, veröffentlicht am 2. Juli 2009 auf GATA.org unter: www.gata.org/node/7553. Siehe auch Im Zusammenhang zu Alan Greenspans Erklärung Reg Howe: "Gold Leasing by Central Banks: Reaching the Limits”, veröffentlicht am 18. September 1999 at: www.gold-eagle.com/editorials_99/howe/091899.html. Howe wrote: "By 1998, with net gold derivatives rising in step with the increased leasing of gold by central banks, concern about the risks involved were rising too. Certainly they were on Fed Chairman Alan Greenspan’s mind. On July 28, 1998, testifying before the House Banking Committee looking into the regulation of over-the-counter derivatives, he distinguished financial derivatives from agricultural derivatives, saying that it would be impossible to corner a market in financial futures where the underlying asset (e.g., a paper currency) is of unlimited supply. The same point, he continued, also applied to certain commodity derivatives where the supply was also very large, such as oil. And he further volunteered: 'Nor can private counterparties restrict supplies of gold, another commodity whose derivatives are often traded over-the-counter, where central banks stand ready to lease gold in increasing quantities should the price rise.’ Needless to say, this statement provoked considerable comment in the gold community, much of it having to do with a conspiracy by central banks to control the gold price. The real question, however, is to what extent and at what risk central banks ‘stand ready to lease gold,’ whether into rising prices or otherwise."
- ix Vgl. Chris Wood "Greed and Fear", CLSA, and "41% of Belgian Central bank Gold has been lent out", Zerohedge.com, 20. Juni 2011.
- x Vgl. Chris Powell: "Fed managing ‘orderly’ rise in gold, Rickards tells Schall", erschienen 9. Juni 2011 auf GATA.org unter: www.gata.org/node/9996
- xi Alle im Umlauf befindlichen US-Staatsanleihen, Stand: Mai 2011.
- xii Finanzierungslücke zwischen Barwert aller künftigen Ausgaben und aller künftigen Steuereinnahmen.
- xiii "The Long-term Budget Outlook", Congressional Budget Office, Juni 2010.
- xiv Man beachte, dass es ursprünglich John Maynard Keynes gewesen war, der Gold, jedenfalls als einen monetäre Standard, in seinem Buch "Monetary Reform" 1923 als "barbarisches Relikt" ("barborous relic") bezeichnet hatte. Vgl. James Turk: "The Barbarous Relic - It Is Not What You Think", Committee for Monetary Research and Education, Inc., Monograph Number 55 veröffentlicht im Januar 2006 unter: http://goldmoney.com/documents/barbarous-relic.pdf
- xv Carl Menger: "Grundsätze der Volkswirtschaftslehre", 1871.