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Kompromiss in Schuldenfrage bewegt die Finanzmärkte!

01.08.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute Morgen bei 1.4390 (07.50 Uhr), nachdem im US-Handel Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.4412 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 77.60. In der Folge notiert EUR/JPY bei 111.70, während EUR-CHF bei 1.1405 oszilliert.

Die Verhandlungsparteien der Demokraten und Republikaner haben sich bezüglich der Erhöhung des Schuldenlimits und notwendiger Budgetmaßnahmen auf einen Kompromiss geeinigt, der jedoch noch einer parlamentarischen Mehrheit bedarf. Wir sehen eine 80% Wahrscheinlichkeit, dass dieser Kompromiss umgesetzt wird.

Das Schuldenlimit würde in zwei Schritten um 2,4 Billionen USD auf dann 16,7 Billionen USD angehoben. Die Defizitreduktion soll sich über die nächsten 10 Jahre auf 2,5 Billionen USD stellen. Diese Reduktionsmaßnahmen sind in einem Volumen von circa 1 Billion USD definiert. Die weiteren Maßnahmen bedürfen noch einer Fixierung. Kommt es nicht zu einer Fixierung ergeben sich automatische Kürzungen über den gesamten Ausgabensektor.

Laut Präsident Obama würden die abgesprochenen Maßnahmen, die keine Steuererhöhungen beinhalten, erst ab Anfang 2013 greifen. Das ist fraglos realistisch, da es Karenzzeiten für Umsetzungen gibt. Die geplante Defizitreduktion sollte laut Obamas Meinung keine Belastung für die fragile US-Wirtschaft sein. Das nehmen wir zur Kenntnis.

Mit der Erhöhung des Verschuldungsrahmens würde budgetärer Raum über den Zeitraum über die nächste Präsidentenwahl hinaus geschaffen. Das ist in der Tat wichtig, um der internationalen Position der USA nicht noch mehr Schaden zuzufügen.

Die Themen der Steuerpolitik würden losgelöst von der aktuellen Einigung behandelt. Hier haben sich die Republikaner durchgesetzt. Damit steht jedoch nicht fest, dass auch die bisher Begünstigten Wohlhabenden nicht doch noch ihre Solidarität beweisen müssen.
Der Kompromiss in der Schuldenfrage in letzter Minute war bitter notwendig. In der Folge ergaben sich Anzeichen an den Finanzmärkten, dass Risikoaversion zunächst rückläufig ist. Das ist von elementarer Bedeutung, da die Verwerfungen von Nordafrika, Fukushima, der
Defizitkrise einiger Euroländer und schlussendlich der US-Defizitkrise in einem Zeitraum von nur vier Monaten die psychologischen Grundfesten der Realwirtschaft zuletzt merkbar erreichten und schlussendlich gefährdeten.

Grundsätzlich gilt, dass die bisher gegebene Stabilität der internationalen Realwirtschaft Ausdruck der hohen Qualität der zyklischen Kräfte ist. Das gilt es zu schützen, um die fiskalische Gesundung, die in großen Teilen erkennbar ist (z.B. China und Deutschland) und die Anstrengungen der Reformländer nicht zu gefährden. Fiskallagen folgen Konjunkturlagen.

Der jetzige US-Kompromiss stellt kein Reformprogramm dar. Es handelt sich um eine fiskalische Bremse, die nicht im erforderlichen Maße die Ursachen der Krise bekämpft (Mix der Gesamtwirtschaft, globale Rolle der USA, Steuerreform …). Wir wünschen den USA die Erkenntnis, zwischen Anlässen, Facetten und Ursachen der Krise zu unterscheiden, um zukünftig angemessen zu handeln.

Die Verbraucherpreise der Eurozone sind laut erster Schätzung per Juli im Jahresvergleich um 2,5% gestiegen. Die Prognose lag bei 2,7%.

Ergo ergibt sich hier leichte Entspannung. Wir sehen diese Entspannung korreliert mit der erhöhten Risikoaversion in den letzten vier Monaten. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Entspannung an der Inflationsfront dauerhaft ist, ist gering.

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Das US-BIP per 2. Quartal 2011 lieferte laut erster Schätzung ein Wachstum um 1,28% in der annualisierten Fassung. Die Prognose lag bei 1,80%. Mehr noch wurde das Vorquartal von 1,9% auf 0,4% revidiert.

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Die “Benchmark Revision“ für die vergangenen Jahre ernüchtert noch mehr: Der Wachstumseinbruch war deutlich schärfer als ausgewiesen. Das Wachstum war in der Gesamtbetrachtung im Verlauf der letzten Jahre zu hoch ausgewiesen.

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Deutlich wird an diesen Daten, dass die USA einer der größten Schwachpunkte auf internationaler konjunktureller Ebene sind. Erkennbar ist, dass die strukturellen Probleme (u.a. "Asset-Driven Economy" versus "Income-Driven Economy) nicht adressiert werden.

Der Einkaufsmanagerindex aus Chicago sank per Juli stärker als erwartet von zuvor 61,1 auf 58,8 Punkte. Die Prognose lag bei 60,0 Zählern. Das Indexniveau impliziert unverändert sehr hohes Wachstum. Die Dynamik verliert jedoch deutlicher als prognostiziert.

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Das Verbauchervertrauen der UNI Michigan sank laut finaler Berechnung per Juli von zuvor 71,5 auf 63,7 Punkte. Analysten hatten einen Wert von 64.0 Punkten unterstellt. Der Einbruch ist fraglos maßgeblich mit der Schuldendebatte in den USA korreliert. Gleichwohl bleibt das Niveau grundsätzlich historisch gesehen niedrig, da weder der Arbeitsmarkt noch der Immobilienmarkt als auch die Gesamtwirtschaft nachhaltig positive Impulse setzen.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, dass den Euro favorisiert. Ein Unterschreiten der Tiefstkurse 1.3835 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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