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Jackson Hole ohne kurzfristigen US-Aktionismus der Fed! - Fokus auf dem Europäischen Parlament!

29.08.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute Morgen (07.40 Uhr) bei 1.4530, nachdem gestern im asiatischen Geschäft Höchstkurse bei 1.4546 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 76.70 der Folge notiert EUR-JPY bei 111.50, während EUR-CHF bei 1.1745 oszilliert.

Unsere Erwartungshaltung erwies sich als richtig, dass sich kurzfristiger Aktionismus der US-Zentralbank nicht auf der Agenda wiederfinden würde.

Ben Bernanke signalisierte in Jackson Hole, dass kurzfristig keine neuen Schritte zur Förderung des Wachstums seitens der Federal Reserve auf der Agenda stünden. Die Wirtschaftsdaten implizierten, dass nachhaltigere Belastungsfaktoren das Wachstum behinderten. Dem stimmen wir zu. Es sind strukturelle Verwerfungen, die nicht durch Geld- oder Zinspolitik geheilt werden können. Diese Fehlsteuerung begleitet uns seit Ende der 90er Jahre unter Greenspan. Dieser Mangel an Erkenntnis ist Atem beraubend. Es ist unter anderem die Abkehr von der einkommensgetriebenen Ökonomie hin zur Wirtschaft, die zu großen Teilen von der Bewertung der Vermögensgegenstände bestimmt ist. Es ist unverändert in der Politik in Washington nicht angekommen, dass diese Probleme ursächlich sind und einer Adressierung bedürfen. Strukturpolitik sieht schlussendlich anders aus, als die Budgetmaßnahmen, die zuletzt getroffen wurden und weiter im Raum stehen.

Im September werde die Federal Reserve ein zweitägiges Treffen an Stelle des geplanten eintägigen Treffens abhalten, um Maßnahmen zu erwägen, die ein stärkeres Wachstum ermöglichen. Ergo ist QE3 weiterhin eine Option im Falle einer weiteren Abschwächung. Die Freunde der gepflegten Kosmetik dürfen damit aufatmen. Die Freunde nachhaltiger Strukturpolitik aus Washington müssen weiter enttäuscht sein.

Die Federal Reserve hat die Wachstumsdaten für die kommenden zwei Quartale nach unten revidiert.

Bernanke erwartet, dass sich die Verbraucherpreise in den kommenden Quartalen um die Marke von 2% bewegen werden. Wir verweisen auf unsere Einlassung zu der US-Datenqualität im Bereich der Preismessung als auch der Wachstums- und Produktivitätsdaten (abgeleitet aus den Wachstumsdaten).

IWF-Präsidentin Lagarde sagte, dass die fragile Weltwirtschaft Gefahr laufe, zu entgleisen. Dieses Thema haben wir hier sehr zeitig aufgenommen. Dabei handelt es sich um politische Risiken. Es ist keine konjunkturelle Übertreibung wie 2008 in der globalen Wirtschaft zu erkennen. Im Gegenteil sind die Zyklen jugendlich frisch (siehe Anpassung der Prognose). Es handelt sich um politische Risiken, vornehmlich aus der Eurozone, nachgeordnet aus den USA. Deswegen liegt Frau Lagarde richtig. Sie fordert: „Die Regierungen müssten jetzt handeln.“ Die internationale Geldpolitik sollte weiter sehr großzügig gestaltet werden. Zentralbanken müssten weiterhin bereit sein, unkonventionelle Politikansätze zu verfolgen. Sofern die entwickelten Ökonomien in die Rezession abgleiteten, würden auch die Schwellenländer einer markanten Abschwächung nicht entkommen können.

Zwischen Frau Lagarde und Herrn Trichet gibt es offenbar eine Meinungsverschiedenheit, die wir zur Kenntnis nehmen.

Bezüglich der Eurozone bestünde das Risiko einer Liquiditätskrise ohne Rekapitalisierung der Banken. Eine Stärkung der Bankbilanzen sei der Schlüssel, um Ansteckungseffekte zu verhindern sagte Frau Lagarde. EZB-Präsident Trichet hält dagegen, dass die Idee, dass Europa ein Liquiditätsproblem haben könne, schlicht weg und ergreifend falsch sei.

Eine verbesserte Eigenkapitalposition der europäischen Banken schadet nach unserer Ansicht auf keinen Fall. An der Liquiditätspolitik der EZB ist aber nichts auszusetzen. Sie erfüllt, anders als die Politik der EZB, dank sterilisierter Anleiheankäufe sogar den Anspruch der Stabilitätspolitik!

Nach Jackson Hole folgt heute das Europäische Parlament mit der Debatte über die Politik der Eurozone. Herr Trichet wird anwesend sein und sich zu Wort melden. Der Markt und auch wir sind gespannt, was die professionelle Politik uns heute an Abwechselung bieten wird. Sind es nationale egozentrische Motive oder gibt es den europäischen Geist noch, der sachlich die Reformerfolge würdigt, ohne die Verfehlungen zu ignorieren, und den massiven positiven Unterschied zu den anderen großen Industrieregionen nicht vernachlässigt?

Wenden wir uns kurz den Veröffentlichungen vom letzten Freitag zu:

Die Geldmenge M-3 der Eurozone verzeichnete ein Wachstum in Höhe von 2,0% (Prognose 2,2%) nach zuvor 1,9% (revidiert von 2,1%). Die Zunahme der Kredite an die Privatwirtschaft stellte sich im Jahresvergleich auf 2,4% (Prognose 2,5%) nach zuvor 2,5%.

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Das US-BIP lieferte per 2. Quartal 2011 laut vorläufiger Berechnung einen Zuwachs in Höhe von 1,0% (Prognose 1,1%). Gegenüber der ersten Schätzung bei 1,3% war damit noch einmal eine Abschwächung zu verzeichnen.

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Das US-Verbrauchervertrauen nach Lesart der Uni Michigan lieferte per August ein finales Ergebnis von 55,7 Punkten nach 54,7 Zählern im Vormonat und einer Prognose bei 56,0 Punkten. Das Stimmungsbild ist und bleibt prekär.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro favorisiert. Ein Unterschreiten der Tiefstkurse 1.3835 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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