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Gold und Silber in der Warteschleife

09.06.2014  |  Eugen Weinberg
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Obwohl die physische Nachfrage das Angebot laut Thomson Reuters GFMS und Silver Institute deutlich übertraf, ist der Silberpreis im letzten Jahr stark gefallen, was auf dem ersten Blick überraschend ist. Dieser Widerspruch erklärt sich größtenteils damit, dass das ausgewiesene Angebotsdefizit eine direkte Folge des Preisrückgangs ist. Ohne diesen wäre das Angebots von Altsilber kaum so stark gesunken und die Nachfrage nach Münzen und Barren sowie Silberschmuck kaum so stark gestiegen.

Die jeweils wichtigsten Komponenten von Angebot und Nachfrage, nämlich das Minenangebot und die Industrienachfrage, haben sich dagegen weiter zu Ungunsten des Preises verschoben. Dies wird nicht nur bei der Betrachtung der gegensätzlichen Vorjahresveränderungen deutlich (Minenangebot gestiegen, Industrienachfrage gefallen). Im letzten Jahr übertraf die globale Minenproduktion die Industrienachfrage um mehr als 200 Mio. Unzen (gut 7 Tsd. Tonnen, Grafik 9). Bis vor wenigen Jahren hielten sich Mineproduktion und Industrienachfrage noch weitgehend die Waage. Der daraus resultierende "Überschuss" musste durch andere Angebots- oder Nachfragekomponenten geschlossen werden, was im letzten Jahr nur aufgrund niedrigerer Preise gelang.

Damit sich der Silberpreis erholt, müsste sich daher entweder das Minenangebot abschwächen oder die Industrienachfrage beleben. Ein Rückgang der Minenproduktion ist unwahrscheinlich. So weisen GFMS und Silver Institute darauf hin, dass die durchschnittlichen Cash-Kosten für die Primärproduzenten trotz eines leichten Anstiegs 2013 bei weniger als 10 USD je Feinunze lagen. Die Primärproduzenten, welche im letzten Jahr 29% des weltweiten Minenangebots stellten, dürften also bei derzeitigen Marktpreisen von knapp 20 USD je Feinunze noch immer Gewinn machen, selbst wenn man die Fixkosten mit einbezieht. Auch bei der wichtigeren Sekundärproduktion, welche Silber als Nebenprodukt bei der Produktion von Gold, Kupfer, Blei und Zink liefert, sind keine Einschnitte zu erwarten. Hier trägt die Silberproduktion sogar zu einer Senkung der durchschnittlichen Produktionskosten bei. Durch die Ausweitung der Minenproduktion der oben genannten Metalle dürfte das Silberangebot aus diesen Quellen eher weiter steigen.

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Entsprechend liegt der Schlüssel für eine Erholung des Silberpreises bei der Industrienachfrage. Dort sollte der Trend zur Substitution und Einsparung von Silber bei vielen Anwendungen allmählich auslaufen. Der weiteren Rückführung des Silbergehalts sind Grenzen gesetzt, um nicht die Qualität und Funktionalität der Anwendungen zu gefährden. Auch das deutlich gesunkene Preisniveau sollte einer weiteren Verdrängung von Silber zugunsten günstigerer Metalle wie bspw. Kupfer entgegenstehen.

Die Photovoltaik-Industrie als wichtigster Bereich der Industrienachfrage sollte nach den zuletzt schwächeren Jahren wieder wachsen. Denn die Überkapazitäten vor allem in China dürften weitgehend abgebaut sein. Andere Länder wie z.B. Saudi-Arabien planen zudem den Aufbau von Photovoltaik-Anlagen. Dadurch soll der steigende Bedarf an Rohöl und Erdgas zur Stromerzeugung eingedämmt werden, damit diese Energieträger für den Export zur Verfügung stehen. Dies spricht neben der Aufhellung der Wachstumsaussichten in den USA und Europa für eine Erholung der industriellen Silbernachfrage. Denn gerade in den westlichen Industrieländern war die Silbernachfrage für industrielle Zwecke in den letzten Jahren rückläufig (Grafik 10).

Der Silberpreis ist in den letzten Wochen noch stärker als der Goldpreis unter Druck geraten. Mit 18,6 USD je Feinunze war Silber Ende Mai so billig wie zuletzt vor elf Monaten. Das Gold-Silber-Verhältnis erreichte Anfang Mai mit 68 sogar das höchste Niveau seit August 2010 (Grafik 11). Auch bei Silber waren (Leer-)Verkäufe spekulativer Finanzanleger für den Preisverfall mitverantwortlich. Bestanden im März bei dieser Anlegergruppe noch beträchtliche Netto-Long-Positionen, so setzen die spekulativen Finanzanleger mittlerweile mehrheitlich auf einen fallenden Silberpreis (Grafik 20, Seite 9). Dies war in den letzten acht Jahren nur in sieben Wochen der Fall. Die Netto-Short-Positionen erreichten Ende Mai sogar das höchste Niveau seit Beginn der Datenreihe im Juni 2006. Der hohe Pessimismus der Finanzanleger spricht dafür, dass der Preisverfall nahezu abgeschlossen ist. Denn häufig stellen extreme Positionierungen dieser Investorengruppe Wendepunkte bei der Preisentwicklung dar.

Wir haben zwar analog zu Gold auch unsere Preisprognose für Silber nach unten angepasst, gehen aber weiterhin von steigenden Preisen aus. Für Ende 2014 rechnen wir mit 21 USD je Feinunze (bislang 24 USD). Im Verlaufe des nächsten Jahres erwarten wir einen Anstieg auf 23 USD je Feinunze (bislang 27 USD). Wie oben geschildert sehen wir eine Erholung der Industrienachfrage. Dadurch sinkt das Silberangebot, welches für die Investmentnachfrage zur Verfügung steht. Die Investmentnachfrage bei Silber stellte sich im Vergleich zu der bei Gold schon im letzten Jahr stabiler dar. Diese Tendenz hat sich im laufenden Jahr bislang fortgesetzt. So verzeichneten die von Bloomberg erfassten Silber-ETFs seit Jahresbeginn Zuflüsse von 275 Tonnen (Grafik 21, Seite 9). Die Absätze von US-Silbermünzen lagen in den ersten fünf Monaten nur knapp unter dem außerordentlich hohen Vorjahresniveau.

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Die industriellen Anwendungen von Silber

Aufgrund seiner vielseitigen Eigenschaften kommt Silber in so zahlreichen industriellen Anwendungen zum Einsatz wie kaum ein anderes Metall. Dank seiner herausragenden Leitfähigkeit ist Silber für die Elektroindustrie und elektronische Industrie unentbehrlich. Hier ist insbesondere der Bereich Photovoltaik zu nennen, dessen rasante Expansion den industriellen Bedarf von Silber bis zum Jahr 2010 maßgeblich getrieben hat. Allerdings ist der Silberanteil pro Solarzelle in den letzten zehn Jahren um 77% reduziert worden. So erklärt sich auch der Nachfragerückgang der letzten Jahre (Grafik 8). Weitere wichtige Anwendungen im Bereich Elektrik und Elektronik sind elektrische Leiter, Schalter, Kontakte und Sicherungen sowie die Beschichtung von Datenträgern wie DVDs.



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