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Venezuelas Hochinflation

16.08.2014  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Allerdings nicht bei allen zum gleichen Zeitpunkt und in gleicher Höhe. Aber insgesamt steigt die Geldmenge. Wird die neue Geldmenge nachfragewirksam eingesetzt, so steigen früher oder später auch die Preise, und zwar nicht nur einzelne Preise, sondern alle Preise.

Venezuela leidet unter wirtschaftlicher Zerrüttung. Die jahrelange sozialistische Politik der Regierung - "State-controlled Socialism", wie sie bezeichnet wird - führte zur Verstaatlichung vieler Unternehmen. Die Produktivität und die Versorgungslage des Landes wurden dadurch schwer geschädigt. Für 2013 beliefen sich die Schätzungen des Staatsdefizits auf 11,5 Prozent des heimischen Bruttoinlandsproduktes (nach 15,5 Prozent in 2012).

Weil sich das Staatsdefizit nicht mehr durch Ersparnisse finanzieren lässt, greift die Regierung zur Notenpresse: Das Drucken von neuem Geld zur Begleichung offener Rechnung erscheint als die Politik des vergleichsweise kleinsten Übels. Das ist jedoch ein Trugschluss. Inflation kommt einer Volkswirtschaft überaus teuer zu stehen.

Inflation entwertet die Ersparnisse. Die Ersparnisbildung geht zurück, das Investieren wird entmutigt. Das Rechnen und Kalkulieren mit Geld wird zum Vabanquespiel. Soziale und politische Spannungen entstehen, weil Inflation Ungerechtigkeiten - nämlich Inflationsgewinner und Inflationsverlierer - schafft. Vor allem lässt sich eine Inflationspolitik nicht dauerhaft durchführen.

Wenn nämlich die Marktakteure damit rechnen müssen, dass die Geldmenge immer weiter und immer stärker ausgeweitet wird, setzt irgendwann die "Flucht aus dem Geld" ein. Die Handelnden versuchen, ihre Geldbestände abzubauen, indem sie für Geld Güter nachfragen. Spätestens dann ist die Illusion, für die die Regierung mit der Inflationspolitik sorgen will, gänzlich vorbei.

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Aus der Inflationsentwicklung in Venezuela ist einiges zu lernen. Vor allem ist zu lernen, dass der Rückgriff auf die Notenpresse unabwendbar wird, wenn nur durch ihn der Staat zahlungsfähig gehalten werden kann. Hier offenbart sich die besondere Gefahr des ungedeckten Papiergeldwesens: Die Geldmenge lässt sich - wenn es als politisch erforderlich angesehen wird - jederzeit in jeder beliebigen Menge vermehren.

In vielen Ländern meint man heutzutage jedoch, diese Gefahr im Griff zu haben. Etwa indem gesetzliche Grenzen für das staatliche Schuldenmachen festgelegt werden und Zentralbanken politisch unabhängig geführt werden sollen. Blickt man jedoch auf die Schuldenentwicklungen in vielen Ländern, scheint es leider nicht zu gelingen, genau die Situation zu verhindern, in der es unweigerlich zum Anwerfen der elektronischen Notenpresse kommt: einer allgemeinen Überschuldungssituation.

Die Inflation in Venezuela ist so gesehen ein Menetekel, das man in den westlichen Staaten ernst nehmen sollte.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH




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