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Von der Schweiz lernen

01.02.2015  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Die Schweizer haben gezeigt, dass eine Politik, die in die falsche Richtung führt, beendet werden kann. Daraus sollte der Euroraum lernen.

Plötzlich und unerwartet hat am 14. Januar 2015 die Schweizer Notenbank (SNB) den Wechselkurs des Franken gegenüber dem Euro freigegeben. Offensichtlich hat sich bei ihr die Einsicht durchgesetzt, dass ein Festhalten am Mindestkurs von 1,20 Franken pro Euro für die helvetische Währung ruinös geworden wäre. Denn die EZB will die Euro-Geldmenge ausweiten: Bis September 2016 sollen 1,14 Billionen neue Euro ausgegeben werden.

Die Schweiz wäre - wenn sie am Mindestkurs festgehalten hätte - von einer Eurosturzwelle überrollt worden: Die SNB hätte gewaltige Euro-Beträge kaufen und mit neu geschaffenen Franken bezahlen müssen, um den Mindestkurs zu halten. Der Franken wäre zur Weichwährung mutiert - mit all den negativen wirtschaftlichen und politischen Folgen, die inflationäres Geld bringt.

Dass das Ende der Mindestkurspolitik Wirkungen hat, die einigen gefallen und anderen nicht, liegt in der Natur der Sache. Die Wechselkursbindung der SNB hat schließlich einige begünstigt, und sie hat andere benachteiligt. Beispielsweise hat sie Exporteuren und Tourismusunternehmen erlaubt, preislich wettbewerbsfähig zu sein, ohne dass sie Produktivitätszuwächse oder Qualitätsverbesserungen erzielen mussten. Dem gegenüber stand, dass viele Schweizer höhere Preise für Güter zahlen mussten (für beispielsweise Importe und Energie) als sie eigentlich hätten zahlen müssen, wenn der Schweizer Franken nicht künstlich von der SNB unterbewertet worden wäre.

Die Schweizer Wirtschaft wird sich an die neue Wechselkurslage anpassen. Denkbar ist beispielsweise, dass Unternehmen die Löhne senken, um im Ausland preislich wettbewerbsfähig zu bleiben. Den Arbeitnehmern entstehen dadurch jedoch nicht notwendigerweise reale Einkommenseinbußen: Schließlich können sie jetzt mit ihren Franken - der aufgewertet hat - mehr Güter aus dem Ausland kaufen als bisher. Auch Wohnraum könnte nun für viele wieder erschwinglicher werden - im Vergleich zur bisherigen Situation, in der das Aufblähen der Franken-Geldmenge die Miet- und Bodenpreise immer weiter in die Höhe getrieben hat.

Die SNB verdient sicherlich kein Lob für die Politik der letzten Jahre. Denn sie ist der Schweiz teuer zu stehen gekommen. Allein die Verluste auf den Währungsreserven dürften das Eigenkapital der SNB aufgezehrt haben. Aber letztlich hat die SNB-Führung dann doch verstanden, dass ihre Entscheidung, den Franken an den Euro zu binden, korrigiert werden musste. Denn mit einer ruinierten Währung lässt sich im wahrsten Sinne des Wortes "kein Staat machen". Eine solide Währung ist vielmehr unverzichtbare Grundlage für ein prosperierendes Gemeinwesen.

Das sollten auch die Länder im Euroraum realisieren. Die Politik der Geldmengenvermehrung erscheint zwar aus momentaner Sicht als die Politik des vergleichsweise kleinsten Übels. Doch sie kommt den Volkswirtschaften teuer zu stehen - und muss früher oder später doch beendet werden, weil sich eine Inflationspolitik nicht endlos fortführen lässt. Je länger sie betrieben wurde, desto größer werden auch die Kosten in Form von Produktions- und Beschäftigungseinbrüchen sein, um sie zu beenden. Die Schweizer haben noch "die Kurve gekriegt". Daraus lässt sich lernen.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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