Das vorläufige Ende der Niedrigzinsen
09.02.2015 | Robert Rethfeld
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Danach sollte es in den kommenden Wochen zu einem - durchaus heftigen - Zinsanstieg kommen. Ein weiterer Grund dafür ist, dass der Zeitraum zwischen Ankündigungs- und Umsetzungstermin einer QE-Phase bisher stets eine Änderung der Renditerichtung von fallend auf steigend mit sich brachte.grüne Linie: Ankündigungstermin; blaue Linie: Umsetzungstermin
Würde das QE der EZB (Käufe erfolgen ab Anfang März) genauso wirken, müsste ein beginnender Renditeanstieg die Folge sein.
Der Spruch "Die Dividende ist der neue Zins" hat sich als allgemeine Erkenntnis durchgesetzt. Hinterfragt wird nicht mehr. Das FAZ-Sonntags-Feuilleton vom 8.2.15 titelt halbironisch "Lass es Krachen! Wohin mit dem Geld? Raus damit!". Im Finanzteil der gleichen Ausgabe textet der Autor: "Die Lust auf den Pump-Kapitalismus". Die Vorteile der Niedrigzinsen im Bezug auf den Hauskauf werden vorgerechnet. Der Spiegel-Titel hat den Nullzins und die Euroschwäche zum Thema.
Die öffentliche Wahrnehmung in Deutschland dreht von "Die Wut der Sparer" in "Das Glück der Kreditnehmer". Mario Draghi scheint die letzte Bastion der Sparer in Euroland - nämlich Deutschland - geschliffen zu haben.
Ausgerechnet jetzt - oder vielleicht gerade deshalb - ziehen US-Renditen deutlich an. Dividendenstarke US-Aktien beginnen Schwäche zu zeigen.
Man mag meinen: Was in den USA geschieht, tangiert uns nicht. Aber: Die Rendite 10jähriger japanischer Staatsanleihen lief mit ihrem Tief vom 19. Januar (0,20 Prozent) zeitlich voraus. Inzwischen stieg sie auf 0,34 Prozent. Seit Ende Januar ziehen die Peripherie-Renditen leicht an, möglicherweise diesmal aus den "richtigen" Gründen (Verbesserung des Wirtschaftswachstums, Höhepunkt der Deflation).
In Deutschland fällt die Aufwärtsbewegung der Renditen bisher wenig dramatisch aus. Man sollte sich jedoch darüber im Klaren sein, dass die Richtung - wenn auch nicht die Intensität - zwischen deutschen und US-Renditen meist die gleiche ist (folgender Chart).
Fazit: Der Zeitraum Januar/Februar 2015 hat eine gute Chance, als wichtiger Zinswendepunkt in die Historie einzugehen. Analog zu anderen QE-Phasen könnte eine scharfe Bewegung einen Anstieg von einem bis zwei Prozentpunkten (100 bis 200 Basispunkte) in den USA mit sich bringen. Davon sind 30 Basispunkte bereits "im Kasten". Der Anstieg könnte zwischen sechs und neun Monaten andauern. Die Renditen deutscher Staatsanleihen sollten mitziehen, wenn auch nicht in diesem Ausmaß. Das japanische Muster suggeriert kein Ende der Niedrigzinsphase, sondern lediglich eine Unterbrechung.
© Robert Rethfeld
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