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Achtung: Target-2-Salden

14.02.2015  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Das Risiko einer Kapitalflucht aus Euroraumländern scheint wieder zuzunehmen. Die Gefahr steigt, dass die EZB zur Inflationspolitik greift. Die deutschen Target-2-Salden sind im Januar 2015 stark angestiegen, und zwar um mehr als 54 Mrd. Euro gegenüber dem Vormonat auf über 515 Mrd. Euro (vermutlich u. a. aufgrund eines wieder steigenden negativen Target-2-Saldos Griechenlands).

Das Ansteigen des deutschen positiven Target-2-Saldos ist ein Zeichen dafür, dass die (bislang eingeschlummerte) "Kreditkrise“ im Euroraum wieder Fahrt aufgenommen hat. Wofür stehen die Target-2-Salden? Target-2 ist die Abkürzung für das Zahlungsverkehrssystem, das die Zentralbanken im Euroraum betreiben.

Mit Target-2 werden Zahlungen innerhalb eines Landes, aber auch zwischen Ländern abgewickelt. Vereinfacht gesprochen zeigt ein negativer Target-2-Saldo, dass (1) der Geldbetrag, der aus einem Land in das Ausland überwiesen wurde, größer war als der Geldbetrag, der dem Land von privaten Investoren zur Verfügung gestellt wurde; und dass (2) die entstandene Differenz von der EZB bezahlt wurde, indem sie neues Geld "aus dem Nichts“ geschaffen hat.

Ein deutscher positiver Target-2-Saldo besagt, dass Ausländer Zahlungen auf Konten bei deutschen Geschäftsbanken überwiesen haben, und dass die Deutsche Bundesbank nun Forderungen gegenüber den Zentralbanken derjenigen Länder hat, aus denen die Zahlungen stammen. Mit anderen Worten: Die Deutsche Bundesbank - und damit in letzter Konsequenz die deutschen Steuerzahler - tragen "plötzlich" Kreditrisiken:

Diese Kreditrisiken bestehen darin, dass die positiven Target-2-Salden der Bundesbank uneinbringlich werden, was dann der Fall wäre, wenn die Länder aus dem Euroraum ausscheiden, die negative Target-2-Salden gegenüber Deutschland aufweisen.

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Damit die Target-2-Salden nicht immer größer werden, dürfen auf den Finanzmärkten keine Erwartungen aufkeimen, dass ein Euro-Land Pleite gehen beziehungsweise aus dem Euroraum austreten könnte; denn in einem solchen Fall setzt Kapitalflucht ein (wie bereits ansatzweise zu beobachten ist). Die EZB muss folglich willens und in der Lage sein, die Euro-Geldmenge unbegrenzt auszuweiten, wenn nötig - denn dann können und werden alle Zahlungsverpflichtungen, die bestehen, vollends erfüllt.

Mit anderen Worten: Den Finanzmärkten muss glaubhaft versichert werden, dass die EZB die elektronische Notenpresse anwirft, um, wenn nötig, alle offenen Rechnungen mit neu geschaffenem Geld zu begleichen. Das "Bekämpfen" der Zahlungsausfallrisiken von Staaten und Banken im Euroraum - wenn es in die Tat umgesetzt wird - läuft damit auf ein inflationäre Politik hinaus.

Aber selbst das könnte nicht ausreichen, um die Target-2-Salden im Zaume zuhalten. Denn in letzter Konsequenz wird die Entscheidung über die Zusammensetzung des Euroraums nicht vom EZB-Rat in Frankfurt, sondern von den Bürgern in den Euro-Ländern bestimmt. Wachsender Unmut der Bevölkerungen über anhaltende wirtschaftliche Stagnation und Massenarbeitslosigkeit untergräbt den Rückhalt in das Europrojekt, dass sich zusehends als ungehemmtes Zwangsumverteilungsprogramm zu erkennen gibt.

Die Geldvermehrungspolitik der EZB verdient daher auch nicht die Bezeichnung "Rettungspolitik“, denn sie ist im Kernnichts anderes als eine Umverteilungspolitik, die letztlich auch noch den Währungswert herabsetzen wird.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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