Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Zeitfenster des Glücks

24.04.2015  |  Robert Rethfeld
- Seite 2 -
Nehmen wir einfach mal an, dass die Bundesrenditen in den kommenden 5 Jahren die Zwei-Prozent-Marke nicht überschreiten werden. Der Bund könnte in diesem Fall bis zum Ende der Dekade mit einer fallenden Zinslast rechnen. Wir würden über eine jährliche Zinslast unter 10 Mrd. Euro reden. Sie würde sich gegenüber heute mehr als halbieren, vorausgesetzt die Neuverschuldung hält sich in Grenzen. Ein solches Szenario hat unter bestimmten Voraussetzungen (z.B. keine erneute schwere Rezession) durchaus eine gewisse Eintrittswahrscheinlichkeit.

Das "Zeitfenster des Glücks" bliebe jedoch nicht lange offen. Schon heute schießt der Bund etwa 90 Mrd. Euro jährlich in die Rentenversicherung ein. Ein knappes Drittel aller Ausgaben des Bundes fließt also direkt in die Rentenkasse. Mit dieser Summe werden etwa ein Viertel der Ausgaben der Deutschen Rentenversicherung finanziert. Beginnend mit dem Jahr 2020 bis etwa zum Jahr 2035 scheidet die Generation der Baby-Boomer aus dem Arbeitsleben aus. Die Einzahlungen verringern sich, die Auszahlungen legen zu. Die Unumkehrbarkeit dieses Vorgangs illustriert der so genannte Altersabhängigkeitsquotient.

Open in new window

Der Altersabhängigkeitsquotient bezeichnet das Verhältnis der Altersgruppe der Rentner (65plus Jahre) zur Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (20-64 Jahre). Mit der Verrentung der geburtenstarken Jahrgänge steigt der Altersabhängigkeitsquotient deutlich. Derzeit versorgen 100 Personen im arbeitsfähigen Alter per Umlagesystem 35 Rentner. Im Jahr 2035 werden 100 Personen 60 Rentner finanzieren müssen. Das bedeutet: Das Finanzministerium wird die schon jetzt größte Position im Bundeshaushalt in den kommenden 20 Jahren Jahr für Jahr weiter aufstocken müssen.

Wo dies enden wird? Vorstellbar ist durchaus, dass in 10 bis 15 Jahren etwa die Hälfte der Einnahmen des Bundes dazu verwendet wird, die Rentenkasse zu bezuschussen.

Man sollte die spezielle Gemengelage der aktuellen Situation nicht unterschätzen: Gerade die Baby-Boomer, die jetzt für das Alter etwas zurücklegen wollen (und müssen), werden durch die Niedrigzinsen an ihren Planungen gehindert. Ein Zinseszinseffekt kann nur dann greifen, wenn genügend lange mit ausreichenden Summen bei zufriedenstellender Verzinsung eingezahlt wurde. Im Rentenalter nutzt ein Zinsanstieg nur noch wenig.

Die Gesetze der demografischen Entwicklung lassen sich weder durch Zentralbanken noch durch die Politik aushebeln. Das Zauberwort heißt hier "vorausschauendes Fahren". Auf der einen Seite erscheint klar, dass die Ansprüche der Baby-Boomer-Generation an die Versorgung durch das Rentensystem noch weiter zurückgeschraubt werden müssen. Die jetzige Bundesregierung leistet dazu einen Bärendienst.

Auf der anderen Seite bieten die kommenden fünf Jahre die vielleicht letzte Gelegenheit für den Bund, ein Finanzpolster zu schaffen, dass die bevorstehende Entwicklung abfedert. Finanzminister Schäuble ist gefragt, Begehrlichkeiten der Ressorts abzuwehren. Arbeitet man sich durch den Finanzplan 2015 bis 2019, so ist zu erkennen: Das Gegenteil ist der Fall.


© Robert Rethfeld
www.wellenreiter-invest.de



P.S.: Wir schauen hinter die Märkte und betrachten diese mit exklusiven Charts! Wir veröffentlichen morgens gegen zwischen 7.30 und 8.00 Uhr eine tägliche Kolumne zum aktuellen Geschehen unter www.wellenreiter-invest.de, die als 14-tägiges Schnupperabo kostenlos getestet werden kann.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!



Weitere Artikel des Autors


Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"