Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Die Macht der US-Zinsen

15.08.2015  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Es gibt eine Reihe von Gründen, warum die US-Zentralbank zaudert, die Zinsen anzuheben.

Der US-Dollar ist nach wie vor die bedeutendste Währung weltweit - allen anders lautenden Stimmen zum Trotz; die Konditionen auf den US-Finanzmärkten setzen internationale Standards. Seit dem Frühjahr 2013 steigt nun der US-Kurzfristzins. Denn die US-Notenbank liebäugelt mit Zinserhöhungen. Das hat dazu beigetragen, den Goldpreis zu dämpfen (Abb. 1).

Open in new window
Quelle: Thomson Financial


Die Erwartung steigender US-Zinsen hat natürlich auch dem Außenwert des US-Dollar Auftrieb verliehen: Steigende US-Zinsen signalisieren (im aktuellen Fall) Vertrauen in die US-Wirtschaft und den US-Dollar - die ebenfalls die Goldnachfrage und den Goldpreis (in US-Dollar gerechnet) geschwächt haben (Abb. 2).

Wenngleich auch die kurzfristigen US-Zinsen angestiegen sind, so sind doch die US-Langfristzinsen seit Juni 2015 gefallen, relativ zu den Kurzfristzinsen (Abb. 3); die Zinskurve ist folglich "flacher" geworden.

Das scheint anzudeuten, dass Leitzinserhöhungen - sollten sie tatsächlich im Laufe des Jahres kommen - nicht auf die Langfristzinsen durchzuschlagen scheinen: Steigen die Kurzfristzinsen und sinken die Langfristzinsen, so signalisiert das entweder, dass die Finanzmarktakteure erwarten, die Fed werde die Zinsen nicht nennenswert anheben; oder aber, dass die Zinsanhebungen nur von kurzer Dauer sein werden.

Open in new window
Chart links: Quelle: Bloomberg
Chart rechts: Quelle: Thomson Financial


Zweifelsohne gibt es einen Grund, warum die US-Zentralbank den Leitzins von derzeit de facto null Prozent anhebt: Ein Nullzins ist in jedem Falle zu niedrig. Und dennoch tut sich die US-Zentralbank ganz offensichtlich schwer, die Zinsen anzuheben und eine "echte Zinswende" einzuleiten. Warum diese Zögerlichkeit? Zum Einen ist die amerikanische Konjunkturerholung maßgeblich befördert worden durch die Politik der extrem niedrigen Zinsen. Steigende Zinsen würden absehbar "Bremsspuren" in der heimischen Produktionsleistung hinterlassen und Schuldner in Bedrängnis bringen.

Zum Anderen würden steigende US-Zinsen internationale Turbulenzen verursachen. Es käme vermutlich zu einem verstärkten Kapitalabzug aus den aufstrebenden Volkswirtschaften und diese (noch mehr als bislang schon) in Bedrängnis bringen. Steigende US-Zinsen könnten also die konjunkturelle Erholung, die sich in einigen Volkswirtschaften zeigt, gefährden. Ein Kapitalzustrom in die USA würde vor allem auch dem Außenwert des US-Dollar weiteren Auftrieb verleihen. Es ist also nicht verwunderlich, dass die US-Zentralbank zögert, die anvisierten Zinserhöhungen in die Tat umzusetzen.

Wie die Dinge stehen, ist eine Rückkehr zu "normalen" Zinsen sehr unwahrscheinlich geworden, vielleicht auch gar nicht mehr möglich - weder in den USA noch in anderen großen Währungsräumen. Denn allerorten sind die Schulden zu groß geworden. Viele Schuldner würden mit höheren Zinskosten nicht zurechtkommen, und auch der Kreditfluss, der bisher die Volkswirtschaften angetrieben hat, geriete ins Stocken.

Wenn sich die Erwartung durchsetzt, dass die Zinsen weltweit auf absehbare Zeit niedrig bleiben werden, fällt das bislang wohl größte Hindernis für eine Zunahme der Goldnachfrage beziehungsweise für einen Anstieg des Goldpreises.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"