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Euro-Schulden werden monetisiert

15.08.2015  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Die Geldflut, für die die EZB sorgt, sucht nach Anlage - und dürfte den Euro-Außenwert noch in die Knie zwingen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) kauft seit März 2015 monatlich Euro-Schuldpapiere auf, und zwar im Wert von etwa 60 Mrd. Euro. Sie bezahlt die Käufe mit neuen, aus dem Nichts geschaffenen Euro. Bis September 2016 sol-len auf diese Weise 1,14 Billionen Euro in Umlauf gebracht werden. Das wird folgenschwere Konsequenzen haben.

Die EZB wird durch die Anleihekäufe zum Gläubiger der Staaten, deren Papiere sie kauft. Sie hat dadurch natürlich einen großen Anreiz, dass ihre Schuldner zahlungsfähig bleiben. In kritischen Momenten wird sie ihnen mit Krediten beiseite springen (müssen), um Verluste in der eigenen Bilanz zu vermeiden. Wenn es also so etwas wie eine politisch unabhängige EZB jemals gegeben hat, gibt es sie spätestens mit Aufnahme der Anleihekäufe wohl nicht mehr.

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Quelle: Thomson Financial; eigene Schätzungen


Die EZB kauft die Anleihen zu sehr niedrigen Zinsen: Eine zehnjährige italienische Staatsanleihe rentiert derzeit bei 1,8 Prozent, eine spanische Anleihe bei 1,9 Prozent. Schon eine kleine Erhöhung der Marktzinsen würde der EZB erhebliche Verluste bescheren. Die EZB hat sich folglich zur Fortführung der extremen Niedrigzinspolitik quasi selbstverpflichtet.

Die Euro-Banken haben sich bereits auf diese EZB-Politik eingestellt und kaufen wieder vermehrt Staatsanleihen. Im Juni 2015 stieg ihr Anleihebestand um sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 2.547 Mrd. Euro. Banken können durch den Erwerb dieser Papiere jetzt einen risikolosen Gewinn erzielen: Sie erhalten einen Zinscoupon, und gleichzeitig können sie die Käufe bei der EZB mit de facto Nullzinsen finanzieren.

Zusätzlich lockt die Möglichkeit, die Schuldpapiere zu höheren Kursen an die EZB weiterzuverkaufen und Kursgewinne zu erzielen. Durch die Anleihekäufe der EZB steigt nicht nur die Euro-Basisgeldmenge, es steigt mittlerweile dadurch auch die Geldmenge M1.(1)

Letztere steht für die Geldmenge, die für Nachfragezwecke unmittelbar eingesetzt werden kann. Sie wächst mittlerweile mit knapp zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Bekanntlich lässt sich nicht verlässlich sagen, welche Preise eine wachsende Geldmenge wann in die Höhe treiben. Mit Blick auf die Folgen der Anleiheaufkaufprogramme in den USA und in Japan liegt jedoch vor allem eines nahe: Dass die wachsende Geldmenge, insbesondere angesichts der niedrigen Zinsen, die Aktienkurse in die Höhe treibt.

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Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen


Zwischen der Euro-Geldmenge M1 und dem Euro-Aktienmarkt zeigt sich seit langem ein positiver Zusammenhang: Eine wachsende Geldmenge M1 ist (zumindest bislang) ein relativ verlässlicher Vorläufer für späterfolgende Aktienkurssteigerungen gewesen.

So gesehen wäre es nicht verwunderlich, wenn die EZB-Politik zunächst die Aktienkurse aufblähen wird und nachfolgend auch den Euro-Außenwert in die Knie zwingt - insbesondere gegenüber dem US-Dollar. Dafür spricht auch, dass im jüngsten Sitzungsprotokoll der EZB herauszulesen ist, die Geldmengenausweitung werde möglicherweise weiter hochgefahren, weil die Inflation "zu niedrig" und das Wachstum zu schwach sei.

(1) Siehe hierzu "Das Umverteilungskarussell", Degussa Marktreport, 17. Juli 2015, S. 9 - 10.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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