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Überdimensionierte Euro-Bankenapparat kann für den Euro verhängnisvoll werden

30.08.2015  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Der überdimensionierte Euro-Bankenapparat könnte sich noch als verhängnisvoll für den Euro erweisen. Unverhofft kommt oft. Das gilt vor allem auch für den Devisenmarkt.

Der Außenwert des Euro ist in den letzten Tagen stark gestiegen. Von seinem jüngsten Tiefstand von 1,0496 am 13. März 2015 ist er auf 1,1552 am 25. August 2015 geklettert. Zuvor gab es allerdings einen starken Verfall: Der Euro stand am 13. März 2014 noch bei 1,3925. Was sind die Gründe für das Wiedererstarken des Euro-Außenwertes?

Open in new windowVermutlich waren es vor allem die Erwartungsänderung, dass es nun doch im September keine Zinserhöhung in den Vereinigten Staaten geben wird, und dass es mit den Euroraum-Wirtschaften nun doch nicht so schlimm bestellt sei, wie vor kurzem noch angenommen.

Mit dem Euro-Höhenflug sollte es aber bald vorbei sein. Der Grund: Durch dasAnleiheaufkaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) sollen bis Herbst 2016 1,14 Billionen Euro geschaffen werden. Aber das wird wohl nicht reichen.

Der Euro-Bankenapparat ist mit einer Bilanzsumme von mehr als 31.000 Mrd. Euro bekanntlich überdimensioniert. Allein die täglich fälligen Guthaben, die Kunden bei Euro-Banken halten, belaufen sich auf 5.300 Mrd. Euro. Gleichzeitig betragen die Kassenguthaben der Euro-Banken bei der EZB nur 380 Mrd. Euro. Mit anderen Worten:

Die Euro-Banken können nur einen ganz kleinen Teil ihrer Zahlungsverpflichtungen auszahlen. Wenn es hart auf hart kommt, wenn also Kunden vor den Schaltern stehen und Bargeldauszahlungen wünschen, so können die Euro-Banken dem derzeit nicht nachkommen.

Die "Lücke" zwischen den täglich fälligen Kundenguthaben und den Kassenbeständen der Euro-Banken beträgt fast 5.000 Mrd. Euro. Die Euro-Politiker und - Befürworter werden darauf drängen, dass diese Lücke eher früher als später geschlossen wird.

Open in new windowDenn (1) dadurch wird das Euro-Bankensystem immunisiert gegenüber einem möglichen "Bank-Run".

Und (2) unter diesem Vorwand lässt sich ungefähr die Hälfte der Staatsschulden im Euroraum "problemlos" monetisieren: Die Schuldpapiere wandern nach und nach in die Bilanzen der nationalen Zentralbanken und können zu extremen Tiefzinsen refinanziert werden.

Die Anleihekäufe könnten sogar noch höher ausfallen. Das Unterfüttern der täglich fälligen Sichtguthaben der Euro-Banken ist das eine. Das andere ist, auch die kurzfristig fälligen Termineinlagen mit Euro-Basisgeld zu decken. Dafür wären etwa insgesamt 8.600 Mrd. Euro neu zu schaffen.

Dazu müsste die EZB fast die gesamten marktgehandelten Staatsschulden im Euroraum aufkaufen. Die damit verbundene Vermehrung der Euro-Basisgeldmenge wäre wirklich gewaltig.

Weil die EZB nicht nur Banken, sondern auch Nichtbanken (wie Versicherungen und Pensionskassen) Anleihen abkaufen müsste, stiege absehbar auch die für Käufe relevante Geldmenge M3 drastisch an.

Diese Überlegungensollten deutlich gemacht haben, dass über dem Euro gewissermaßen ein Damoklesschwert hängt - und zwar in Form eines übergroßen Bankenapparates. Um ihn zahlungsfähig zu halten, kann es nämlich erforderlich werden, die Euro-Basisgeldmenge in gewaltigem Ausmaß auszuweiten.

Es ergeben sich dabei große Anreize für die Regierungen, die Staatsschulden in großem Stil von der EZB monetisieren zu lassen. Dass die EZB bereits wieder Sorgen über eine "zu niedrige Inflation" verbreitet, ist als Signal zu werten, dass die Euro-Geldmengenausweitung bald an Fahrt gewinnen könnte.

Zweifel am Wert des Euro sind angebracht.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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