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Das Ponzi-Spiel der Zentralbanken

12.09.2015  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Wenn sich der Eindruck aufdrängt, man hätte es hier mit einem "Ponzi-Spiel", einem "Schneeball-System", zu tun, so kommt das nicht von Ungefähr. Das weltweite Fiat-Geldsystem schafft Schulden, die nur bedient werden können, wenn es immer mehr Schulden gibt. Bernard L. Madoff, der am 29. Juni 2009 aufgrund seines Ponzi-Spiels zu einer Haftstrafe von 150 Jahren verurteilt wurde, wird sich vermutlich fragen, warum nicht auch die Verantwortlichen in Zentralbanken angeklagt werden.


"Weiter so"

Warum will die US-Zentralbank jetzt die Zinsen anheben? Vielleicht, weil einige Fed-Entscheider meinen, die US-Wirtschaft könne höhere Zinsen vertragen. Vielleicht, weil die Geldpolitiker wissen, dass man Zinssteigerungserwartungen wach halten muss. Denn würde sich die Erwartung durchsetzen, dass die Zinsen auf ewig an der Nulllinie bleiben, verabschieden sich Sparer und Investoren aus dem Schuldpapiermarkt. Der Kreditstrom versiegt, das Schuldgeldsystem gerät in schweres Fahrwasser. Ohne Zins überlebt das Fiat-Geldsystem nicht. Die Hoffnung, mit Schuldpapieren etwas verdienen zu können, darf nicht untergehen.

Daher bemühen sich die Zentralbanken sehr, die Erwartung wachzuhalten, dass die Zinsen irgendwann einmal wieder angehoben werden. Gleichzeitig schieben sie jedoch den Zeitpunkt der Zinssteigerungen immer weiter vor sich her - weil sie die Zinsen nicht anheben wollen und auch nicht mehr anheben können, von kosmetischen Anpassungen einmal abgesehen.

Das Motto, dem die Zentralbankräte weltweit folgen, lautet "Weiter so!" Sie sehen es als ihre Aufgabe an, die Finanzmärkte vor dem Zusammenbruch zu bewahren und die Konjunkturen in Gang zu halten. Und was immer dazu erforderlich ist, werden sie tun. So hat die Europäische Zentralbank jüngst angekündigt, noch mehr Staatsanleihen zu kaufen, sollte sich die Lage an den Finanzmärkten verschlechtern.

Wie lange kann das gutgehen? Im ungedeckten Papiergeldsystem steht und fällt alles mit dem Kredit. Angebotsseitig können die Zentralbanken den Kredit bis ins Unendliche anwachsen lassen. Für sie gibt es schlichtweg keine Begrenzung, die Kredit- und Geldmengen auszuweiten. Sie sind schließlich die Monopolisten der Fiat-Geldproduktion.

Selbst wenn sich private Geschäftsbanken aus dem Kreditgeschäft zurückziehen, können die Zentralbanken die Kredit- und Geldmenge in der Volkswirtschaft erhöhen. Beispielsweise indem sie selbst Kredite vergeben und Schuldpapiere kaufen. Was das Fiat-Geldsystem stürzen kann, ist nicht das Kredit- und Geldangebot, sondern die Geldnachfrage.

Solange die Menschen Vertrauen haben in das Fiat-Geld und es zu Transaktions- und Sparzwecken halten, geht auch der "Boom" weiter, und der "Bust" kommt nicht zum Zuge. Dass es mit dem Spuk plötzlich, über Nacht, ein Ende haben könnte, ist zwar nicht unmöglich, aber doch recht unwahrscheinlich. Denn dazu müsste die Nachfrage nach Fiat-Geld einbrechen, eine "Flucht aus dem Fiat-Geld" müsste einsetzen.

Bislang gibt es dafür keine Anzeichen, selbst nach den Erschütterungen durch die jüngste Finanzkrise nicht. Bekanntlich braucht es viel Zeit, bis sich die Geldhaltungs- und Ersparnisgewohnheiten der Menschen ändern. So schnell wird es daher wohl keinen Kollaps des Fiat-Geldsystems geben.


Vor Geldentwertung auf der Hut sein

Die Zentralbanken vergrößern mit ihrer Niedrigzinspolitik und Geldmengenvermehrung die weltweiten Ungleichgewichte. Das Auf und Ab an den Finanzmärkten dürfte daher zunehmen. Der allseits gefürchtete "Crash", der die Aktien- oder gar Anleihekurse ins Bodenlose fallen lassen könnte, wird jedoch vermutlich bis auf weiteres ausbleiben. Denn die Zentralbanken würden ungeniert und unter dem Beifall der Öffentlichkeit die elektronische Notenpresse anwerfen, wenn die Vermögenspreise, vor allem die Aktienkurse, auf breiter Front absacken.

Damit der Boom nicht in einen Bust umschlägt, werden die Zentralbanken alles daran setzen, die Kredit- und Geldmengen auszuweiten und damit auch die Inflation hochzuhalten. Als Monopolisten der Geldproduktion wird ihnen das auch gelingen. Die Zentralbanken können Staats-, Banken- und Unternehmensschulden in großem Stil monetisieren.

Sie können mit neu geschaffenem Geld finanzierte Konsumgutscheine ausgegeben oder neue Geldscheine aus dem Helikopter über den Volkswirtschaften abwerfen. Angesichts der Logik, mit der das Fiat-Geldsystem gehandhabt wird, sollten langfristorientierte Sparer und Investoren daher vor Geldentwertung auf der Hut sein - auch wenn die derzeitige Preisentwicklung etwas anderes nahelegt.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


Dieser Beitrag wurde am 7. September 2015 auf Wirtschaftswoche-Online veröffentlicht.



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