Sechs Monate LBMA-Goldpreis: Manipulation und offene Fragen
01.10.2015 | Ronan Manly
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Dieses Dokument bezog sich zwar auf ein Komitee, dessen Mitglieder die Direktoren der Banken waren, die die vorherige Auktion geleitet hatten, aber zumindest enthält es so etwas wie eine Definition von "unabhängig" in Verbindung mit einer Goldauktion.Wenn man diese Vorgaben als Maßstab nimmt, wäre es interessant herauszufinden, wie lange genau die Gremiumsmitglieder und der Vorsitzende der aktuellen Auktion schon 'Ex'-Banker sind. Weniger als ein Kalenderjahr vor März 2015 (d. h. ab 01. Januar 2014) würde nicht unter die oben erwähnte Bedingung fallen, derzufolge "er/sie innerhalb des vergangenen Jahres zu keiner Zeit ein/e Mitarbeiter/in oder Berater/in eines Teilnehmers war."
Es stellt sich auch die Frage, warum der automatische Algorithmus, auf den die ICE Bezug nimmt, nicht anstelle eines Vorsitzenden in der der aktuellen LBMA Goldpreis-Auktion verwendet wird.
"Dem Feedback des Marktes nach ist die Festlegung des Startpreises sowie der Preise der folgenden Runden von höchster Bedeutung. Aufgrund dessen hat die IBA für Tag 1 eine/n Vorsitzende/n ernannt. Zu gegebener Zeit wird die IBA in Absprache mit dem Markt die Entwicklung eines Algorithmus in Betracht ziehen."
"Der oder die Vorsitzende wird von der IBA ernannt und ist unabhängig von allen mit der Auktion in Verbindung stehenden Unternehmen, einschließlich der direkten Teilnehmer. Der/die Vorsitzende wird aus externen Kreisen ernannt, arbeitet aber mit dem IBA-Team zusammen, um eine ordnungsgemäße Ermittlung des LBMA-Goldpreises sicherzustellen.
Der Vorsitzende unterstützt die Bestimmung des LBMA-Goldpreises und die Festlegung des Preises in jeder Runde einer IBA-Goldauktion mit seiner umfassenden Markterfahrung."
"Sowohl der Startpreis als auch die Preise in den folgenden Runden werden durch den/die Vorsitzende unter Rückgriff auf umfassende Markterfahrung gewählt und entsprechend eines vereinbarten Preisfindungsprozesses angewendet."
Der Algorithmus
Sie werden bemerkt haben, dass in der ersten Beschreibung von 20. März 2015 noch stand, die IBA würde "in Absprache mit dem Markt die Entwicklung eines Algorithmus in Betracht ziehen."
In der zweiten Version wird der Algorithmus nicht mehr erwähnt. Er ist einfach verschwunden.
Eine ähnliche Version erschien in den FAQ des IBA-Goldpreises, die am Tag der Umstellung veröffentlicht wurden.
"Warum verwenden Sie für Tag 1 eine/n Vorsitzende/n und keinen Algorithmus?
Dem Feedback des Marktes nach ist die Festlegung des Startpreises sowie der Preise der folgenden Runden sehr wichtig. Aufgrund dessen ist es angebracht, für den ersten Tag eine/n Vorsitzende/n einzusetzen. Zu gegebener Zeit wird die IBA sich mit einer möglichen Automatisierung des Prozesses mittels eines Algorithmus befassen."
An dieser Stelle noch eine Zwischeninformation: Wenn die IBA und die LBMA sich auf den 'Markt' beziehen, dann meinen sie damit ausschließlich die Bullionbanken des Gold-Großhandels und nicht die Hunderttausenden von Teilnehmern an den Goldmärkten der ganzen Welt, die sich auf den Benchmark-Goldpreis der LBMA als Quelle der Preisgebung verlassen. Der 'Markt' scheint in Wirklichkeit das zu bedeuten, was auch immer das Management der LBMA gerade festlegt.
Man sollte vielleicht auch noch darauf hinweisen, dass die meisten Behauptungen der LBMA, sie würde den 'Markt' konsultieren, nur leere Rhetorik sind, um bereits getroffene Entscheidungen etwas besser aussehen zu lassen. Ein Beispiel dafür war die Analyse des Bullionmarktes, die die LBMA eher in diesem Jahr bei Ernst & Young (EY) in Auftrag gegeben hatte. Die Untersuchung wurde am 27. April angekündigt und war im Juni 2015 abgeschlossen. Dieses Vorgehen unterscheidet sich gar nicht so stark von dem der FIFA, wie ein Korrespondent feststellte.
Das "Feedback des Marktes", der gerne eine/n Vorsitzende/n hätte, könnte sich also genauso gut auf die vier Mitglieder der London Gold Market Fixing Limited (LGMFL) beziehen, die alle von der alten zur neuen Auktion gewechselt haben, als hätte sich gar nichts geändert. Es scheint, als würden sie auch nicht wollen, dass sich etwas ändert. Das alte Londoner Gold Fixing hatte ebenfalls vier Gremiumsmitglieder und einen Vorsitzenden (zuletzt Simon Weeks von der Scotia), wobei der Vorsitzende immer von einem der vier Mitglieder Barclays, Scotia Mocatta, HSBC und Société Générale gestellt wurde, die sich dabei im Jahresrhythmus abwechselten.
Finbarr Hutcheson hat am 19. März, also einen Tag vor Beginn des neuen Verfahrens, ebenfalls auf diesen Algorithmus zur Kalkulation des Preises Bezug genommen. Um noch einmal Bulliondesk zu zitieren:
"Das aus unabhängigen Mitgliedern bestehende Gremium wird den Prozess beaufsichtigen, wobei die ICE angedeutet hat, das Verfahren in Zukunft elektronisch zu gestalten zu wollen."