Sechs Monate LBMA-Goldpreis: Manipulation und offene Fragen
01.10.2015 | Ronan Manly
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Der Algorithmus für den LBMA-SilberpreisDie LBMA Silberpreis-Auktion wird, anders als die Goldpreisauktion, von Thomson Reuters verwaltet, während die CME Group die Plattform stellt. In den Richtlinien http://financial.thomsonreuters.com/content/dam/openweb/documents/pdf/financial/lbma-silver-price-methodology.pdf zum Verfahren der LBMA Silberpreis-Auktion von Thomson Reuters steht auf Seite 8 Folgendes über den Startpreis:
"3.7 Startpreis
Der Betreiber der Auktionsplattform (CME Benchmark Europe Ltd.) ist verantwortlich für die Durchführung der LBMA Silberpreis-Auktion, einschließlich der Eingabe des Anfangspreises.
Der Anfangspreis wird vom Betreiber der Auktionsplattform vor dem Beginn der Auktion durch den Vergleich verschiedener Quellen für Marktdaten und der Ermittlung eines Konsenspreises auf Grundlage der einzelnen Quellen festgelegt. Der Betreiber gibt den Anfangspreis ein, bevor die erste Runde der Auktion beginnt [...]"
Über die Preise für jede Runde innerhalb einer Auktion heißt es in den Richtlinien:
"3.8 Manuelle Preisüberschreibung
In Ausnahmefällen kann CME Benchmark Europe Ltd. den automatisch generierten neuen Preis der nächsten Runde überschreiben, falls stärkere oder geringere Anpassungen nötig sind. In diesem Fall greift der Betreiber während der laufenden Auktion auf eine Zusammenstellung verschiedener Marktdatenquellen in Echtzeit zurück."
Beim Verfahren zur Festlegung des Silberpreises wird also nur der Startpreis manuell eingegeben, während der Preis für die folgenden Runden von der "Plattform" automatisch generiert wird. Siehe auch Seite 7 der Richtlinien:
"3.4 Ende einer Auktionsrunde
Wenn die Differenz zwischen dem Umfang der Käufe und der Verkäufe über der Toleranzgrenze liegt, stellt die Auktionsplattform fest, dass die Auktion nicht ausgeglichen ist, storniert automatisch alle während dieser Runde von den Teilnehmern abgegebenen Orders, errechnet einen neuen Preis und beginnt damit eine neue Runde."
Das ist also etwas anders, als bei der LBMA Goldpreis-Auktion, für die dieser Satz gilt:
"Der Vorsitzende legt den Anfangspreis und den Preis für jede weitere Auktionsrunde entsprechend der aktuellen Marktsituation und der Handelsaktivitäten in der Auktion fest."
Schlussfolgerung
Sechs Monate nach der mit großem Trara angekündigten Umstellung bleiben einige Fragen unbeantwortet:
Wie zuverlässig ist der Preisbildungsmechanismus der Goldpreisauktion, wenn die IBA innerhalb von drei Monaten nach der Einführung an den Preisquellen herumbasteln und eine der Quellen geringer wichten muss, weil die Kursbewegungen der Terminkontrakte zu volatil sind und offenbar für vorsätzliche Manipulationsversuche benutzt werden?
Warum benötigt die Goldpreisauktion während des gesamten Prozesses eine/n Vorsitzende/n, wenn die Silberpreisauktion auch ohne auskommt?
Was ist aus dem Plänen geworden, einen Algorithmus einzuführen?
Warum gibt sich die ICE so viel Mühe, die Identitäten der Gremiumsmitglieder geheimzuhalten?
Warum hat die ICE ihren Hinweis auf "öffentlich einsehbare Verfahrensabläufe", die erklärt hätten, wie der Startpreis und die Preise der folgenden Runden zustande kommen, wieder entfernt?
Was wird passieren, wenn die ersten sechs Monate, in denen die Gremiumsmitglieder sich hinsichtlich der Aufgaben des Vorsitzenden abwechseln (wie Reuters im März berichtete), am 21. September vorbei sind?
"1.4 Der Auktionsprozess wird über unsere Plattform WebICE laufen, welche das Verwalten von Orders in Echtzeit, einschließlich einer Trennung von Orders der Häuser und Orders der Klienten, sowie eine Echtzeit-Steuerung der Kreditgrenze, den vollständigen Prüfungsverlauf, verbesserte Excel-Integration und automatisierte Transaktionsbenachrichtigungen bietet. Traditionelle Klienten wie Bergbauunternehmen, Scheideanstalten, Juweliere und Zentralbanken können direkte Teilnehmer werden und sich anonym an der Goldpreisauktion beteiligen. Wenn sie durch einen direkten Teilnehmer vertreten werden, können sie ihre Positionen alternativ auch über ihre eigenen Computer durch Handel über den Sponsor verwalten.
1.5 Zu den Hauptvorteilen der WebICE zählt die Einbeziehung der Klienten. Diese können mit den gleichen Möglichkeiten zur Verwaltung von Informationen und Orders wie die direkten Teilnehmer an der Auktion teilnehmen. Dadurch reduziert sich sowohl das betriebliche als auch das regulatorische Risiko der direkten Teilnehmer auch vor der Erhöhung der Gesamtzahl der direkten Teilnehmer oder der Umstellung auf ein zentrales Abwicklungssystem. Die verbesserte Trennung zwischen den Orders der Häuser und den Orders der Klienten kann den betreffenden Unternehmen bei der Vermeidung von potentiellen Interessenkonflikten helfen."
Zu dieser Liste ließen sich einige weitere Fragen hinzufügen:
Welcher Gruppe werden sich die chinesischen Banken ICBC und China Construction anschließen, die beide Interesse daran geäußert hatten, direkte Teilnehmer der LBMA Goldpreis-Auktion zu werden?
Wo werden sich all die Goldunternehmen und Scheideanstalten einordnen, die ebenfalls daran interessiert waren, direkt an der Auktion teilzunehmen, jetzt da die Auktionsplattform der ICE sie mit aufnehmen könnte?
Wann wird die Goldpreisauktion auf ein zentrales Abwicklungssystem umgestellt, das nicht auf dem Monopol der LPMCL beruht, Transaktionen mittels ihrer nicht zugewiesenen Goldbestände abzurechnen?
Wann werden die untragbaren Kreditrahmen geändert, um auch anderen, nicht zu den Banken zählenden Interessenten eine direkte Teilnahme zu erlauben, ohne dazu Kreditvereinbarungen mit den Bullionbanken eingehen zu müssen?
Das sind nur einige der Fragen, die die Journalisten des Finanzsektors einfach übergehen, wenn sie über dieses Thema schreiben.
© Ronan Manly
Der Artikel wurde am 16. September 2015 auf www.bullionstar.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.