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Das Konzept und die Illusion von Geld

16.11.2015  |  Jan Nieuwenhuijs
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Wenn Sie Ihre Ersparnisse seit 1950 in Fiatgeld angelegt hätten, dann wäre deren Kaufkraft mittlerweile um 94% gesunken, da der Preisindex für Güter und Dienstleistungen in der Zwischenzeit von 400 auf 7.000 gestiegen ist. Hätten Sie Ihre Ersparnisse dagegen in Gold angelegt, wäre Ihre Kaufkraft relativ stabil geblieben (sie hätte sich sogar erhöht). Die grüne Linie beginnt genau zu der Zeit sprunghaft anzusteigen, als der Goldstandard aufgegeben wurde, d. h. als die Währung nicht länger an Gold gekoppelt war und zum Fiatgeld wurde.


Mindestreserven und die Illusion von Geld

Sowohl Warengeld als auch Fiatgeld können für das auf Mindestreserven beruhende Bankensystem verwendet werden. Die Wurzeln des Bankenwesens reichen viele Jahrhunderte zurück, bis hin zu den betrügerischen Praktiken einiger Schmiede. Als die Menschen noch Goldmünzen besaßen, brachten sie diese häufig zur Aufbewahrung zu einem Schmied und erhielten dafür eine Quittung, die ihren Anspruch auf das Gold im Tresor belegte. Diese Quittungen begannen als Geldersatz zu zirkulieren - statt Goldmünzen oder -barren mit sich herumzutragen, fanden die Menschen es praktischer, mit leichten Scheinen zu bezahlen. Das war der Beginn des Papiergeldes.

Die Schmiede bemerkten, dass nur wenige Quittungen gegen das Metall eingetauscht wurden. Das Gold, das die Scheine deckte, lag ihrer Ansicht nach nur nutzlos in den Tresoren herum. Also begannen sie schließlich, mehr Quittungen in Umlauf zu bringen, als sie mit den Goldreserven decken konnten. Heimlich Geld zu verleihen - selbstverständlich zu attraktiven Zinssätzen - schien sich zu rentieren. Das Risiko bestand natürlich darin, dass die Kunden es herausfinden und gleichzeitig ihr Gold zurückfordern würden. In diesem Fall wären die Schmiede bankrott gewesen und, was noch wichtiger ist, nicht alle Kunden mit einer Quittung hätten ihr Gold zurückbekommen.

Das moderne Bankenwesen funktioniert im Großen und Ganzen nach dem gleichen Prinzip, auch wenn die Vorgehensweise verfeinert wurde. 1848 beschloss der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreiches Folgendes:

Wenn Geld in eine Bank eingezahlt wird, ist es fortan nicht mehr das Geld des Klienten, sondern das Geld des Bankers, der verpflichtet ist, einen Gegenwert dafür herauszugeben, indem er den gleichen Betrag, der bei ihm hinterlegt wurde, an den Klienten auszahlt, wenn dieser ihn dazu auffordert. [...]

Das zur Verwahrung in die Bank eingezahlte Geld ist in jeder Hinsicht das Geld des Bankers und er kann damit tun, was ihm beliebt. Er ist nicht der Veruntreuung schuldig, wenn er es in irgendeiner Art verwendet; er ist dem Klienten keine Rechenschaft schuldig, wenn er es für riskante Spekulationen einsetzt oder anderweitig den Verlust riskiert; er ist nicht verpflichtet, es wie das Eigentum seines Klienten zu behandeln oder zu verwahren. Er ist jedoch selbstverständlich verantwortlich für den Betrag, denn bei Erhalt des Geldes hat er sich vertraglich verpflichtet, dem Klienten einen der eingezahlten Geldsumme entsprechenden Betrag zurückzuzahlen.


Überraschung - das Geld auf Ihrem Bankkonto gehört gar nicht Ihnen. Eine Bankeinlage ist ein Kredit an die Bank, womit die Tatsache gerechtfertigt werden soll, dass die Banken nur einen Bruchteil ihrer ausstehenden Verbindlichkeiten (Quittungen) als Reserve vorhalten. Lassen Sie uns die heutigen Praktiken des Bankenwesen und das, was ich als imaginäres Geld bezeichne, genauer betrachten. (In unserem vereinfachten Beispiel gibt es nur das Geld, das in den Buchungen auftaucht, die heute selbstverständlich alle digital sind.)

Es beginnt mit der Europäischen Zentralbank (EZB), die durch das Drücken von ein paar Tasten 10.000 Euro erzeugt, um Staatsanleihen zu kaufen. Der Verkäufer dieser Anleihen ist Paul, der dafür die 10.000 Euro bekommt und bei Bank A hinterlegt. Die EZB verpflichtet die Geschäftsbanken dazu, 10% der Gesamtsumme aller Einlagen als Reserve vorzuhalten. Das bedeutet, dass Bank A 90% von Pauls Geld an John verleihen kann, der es braucht, um ein Boot zu kaufen.

Wenn John diese 9.000 Euro leiht und die Summe auf seinem Konto gutgeschrieben wird, ist etwas Erstaunliches passiert: John hat nun 9.000 Euro zur freien Verfügung, aber Paul besitzt noch immer 10.000 Euro. 9.000 Euro wurden wie von Zauberhand aus dem Nichts erschaffen! Bevor Bank A John den Kredit über 9.000 gewährt hat, gab es nur die 10.000 Euro, die die EZB zum Kauf der Anleihen erzeugt hatte. Nach der Kreditvergabe "existieren" plötzlich 19.000 Euro - Pauls 10.000 Euro plus die 9.000 Euro auf Johns Konto. Mit Hilfe der Mindestreserve-Regelungen konnte Bank A 9.000 Euro erschaffen.

An dieser Stelle ist aber noch nicht Schluss. John kauft für 9.000 Euro ein Segelboot von Bob und Bob zahlt das Geld bei Bank B ein. Für Bank B gelten die gleichen Regeln: Sie muss 10% der 9.000 Euro als Reserve vorhalten, also verleiht sie 8.100 Euro an Michael. Weitere 8.100 Euro wurden einfach so aus dem Nichts erschaffen, insgesamt sind es jetzt schon 27.100 Euro! Es versteht sich von selbst, dass auch Michaels Geld bei irgendeiner Bank landet, mit 0,9 multipliziert wird etc. - Sie verstehen das System. Bei einer Mindestreserveanforderung von 10% können die kommerziellen Banken aus 10.000 von der EZB erschaffenen Euro auf diese Art insgesamt 90.000 Euro machen.


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