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Das Konzept und die Illusion von Geld

16.11.2015  |  Jan Nieuwenhuijs
- Seite 4 -
Das Maß, in dem Geschäftsbanken aus dem Geld der Zentralbanken neues Geld erschaffen können, wird als Geldschöpfungsmultiplikator bezeichnet und stellt das Gegenstück zur Mindestreserveanforderung dar. Wenn der festgelegte Anteil der Mindestreserven am Gesamtkapital einer Bank abnimmt, hat das eine Erhöhung des Geldschöpfungsmultiplikators zur Folge und umgekehrt. Je kleiner die erforderlichen Mindestreserven einer Bank sind, desto mehr Geld kann sie verleihen (neu erschaffen).

Das von der Zentralbank ausgegebene Geld stellt die sogenannte Geldbasis dar, während das von den Geschäftsbanken geschaffene Geld Kredit heißt (bei einem Goldstandard stellt das Edelmetall übrigens die Geldbasis dar). Wenn Banken Geld verleihen, entstehen Kredite und das insgesamt in einer Wirtschaft verfügbare Geldangebot nimmt zu. Wenn die Kredite zurückgezahlt werden (oder auch nicht), sinkt das Geldangebot. Im nächsten Chart sehen wir, wie aus 10.000 Geldbasis-Einheiten auf Grundlage der Mindestreserve-Regelung in 50 Zwischenschritten insgesamt 90.000 Kredit-Einheiten entstehen (bei einer Mindestreserveanforderung von 10%).

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Beachten Sie bitte, dass das Geldangebot heutzutage zu weniger als 10% aus der Geldbasis und zu mehr als 90% aus Krediten besteht! Die Mindestreserveanforderung von 10% habe ich in diesem Beispiel nur der Einfachheit halber gewählt.

Im Prinzip ist dieses Bankensystem nichts anderes als das, was die Schmiede getan haben. Wenn alle Kunden gleichzeitig zur Bank gehen, um ihr Geld abzuheben, muss diese zugeben, dass sie nicht über die gesamte Summe verfügt. Das Bankensystem funktioniert unter der Annahme, dass nicht alle Einlagen gleichzeitig abgehoben werden - zumindest bis genau das passiert. Millionen von Banken sind in der Vergangenheit pleite gegangen und viele werden noch folgen.

Die Frage ist nicht, ob eine Bank bankrottgehen kann, sondern wann. Da Banken nur einen Bruchteil der Gesamteinlagen als Reserve vorhalten, sind sie per Definition zahlungsunfähig. Nach dem Konkurs der Investmentbank Lehman Brothers im Jahr 2008 kam es zu einer Depression und die Regierungen mussten weltweit zur Rettung der Banken antreten, deren systemimmanente Zahlungsunfähigkeit offenkundig wurde.

Die Tatsache, dass Banken per Definition nicht zahlungsfähig sind, wird seltsamerweise von der Gesellschaft akzeptiert. Die Menschen wissen, dass eine Bank bankrott geht, wenn alle zur gleichen Zeit versuchen, ihr Geld abzuheben. Sie kennen aber kaum alternative Verwahrungsmöglichkeiten für ihre Ersparnisse. Die Situation kann damit erklärt werden, dass die Leute sich von der Art, wie Banken arbeiten, täuschen lassen. In der Schule wird gelehrt, dass Banken die Dinge nur erleichtern, indem sie Geld aus den Spareinlagen an Kreditnehmer verleihen und ihren Gewinn aus den unterschiedlichen Zinssätzen erwirtschaften.

In Wirklichkeit müssen die Banken jedoch erst Geld erschaffen, um es verleihen zu können. Dabei wird ein bestimmter Anteil der ursprünglichen Einlage als Reserve zurückgehalten und der prinzipielle Zustand der Insolvenz entsteht. Selbst die meisten Bankmitarbeiter sind sich der Feinheiten der Kreditschöpfung nicht bewusst. Henry Ford sagte einmal:

Es ist ganz gut, dass die Bürger unser Banken- und Geldsystem nicht verstehen, denn andernfalls käme es wahrscheinlich noch heute Nacht zur Revolution.

Der Köder, den dieses Bankensystem verwendet, sind natürlich die Zinsen. Warum erhalten Sie denn Zinsen auf Ihre Spareinlagen? Im Grunde, weil Sie der Bank Ihr Geld leihen und damit das Risiko eingehen, es zu verlieren. Die goldene Regel lautet "Kein Risiko, kein Gewinn". Wenn die Banken keine Zinsen zahlen würden, würde niemand sein Geld bei ihnen in Verwahrung geben. Von den Kreditnehmern verlangen die Banken höhere Zinsen, als sie selbst auf die Einlagen auszahlen. So beginnt der ewige Kreislauf der Kredite - bis die Kreditausweitung zu Spekulationsblasen führt, die irgendwann platzen, und das ganze Kartenhaus zusammenstürzt.

Die tatsächlichen Probleme kommen erst dann zum Vorschein, wenn das Geldangebot abnimmt und sowohl Preise als auch Einkommen sinken. Dann wird es für alle schwerer, ihre Schulden bei den Banken zurückzuzahlen, die infolgedessen in zunehmender Zahl Konkurs anmelden müssen. Für das auf Mindestreserven beruhende Bankensystem ist Deflation eine gewaltige Bedrohung.

Die verblüffendste Tatsache ist, dass Kredite eigentlich überhaupt nicht existieren. Sie werden mit Hilfe eines Buchhaltungstricks erschaffen. Wenn mehr als nur ein geringer Anteil der Bankkunden sein "Geld" zurückfordert ist es einfach nicht da. Es existiert nur in Form von Buchungseinträgen und in unseren Köpfen. Wenn Sparer insgesamt 1 Million Euro bei einer Bank hinterlegt haben, denken sie, dass sie dieses Geld tatsächlich besitzen - dabei hält die Bank in Wirklichkeit nur einen Bruchteil der Gesamtsumme als Reserve vor. Dennoch basiert jede finanzielle Entscheidung der Sparer, auf der Geldsumme, die sie zu besitzen glauben.

Der Großteil ihres Vermögens existiert nur in ihrer Vorstellung. Das ist, was ich die Illusion von Geld nenne. Die meisten Bewohner unseres Planeten hängen diesem Trugbild an. Werden wir je aus diesem Wunschtraum erwachen? Wird der wahre Wert unseres Geldes und unserer Kredite jemals offengelegt?

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© Jan Nieuwenhuijs
The Gold Observer



Dieser Artikel wurde am 02. September 2015 auf www.BullionStar.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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