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US-Zinsen bleiben niedrig

17.10.2015  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Die weltweit hohe Verschuldung, vor allem auch in den Vereinigten Staaten von Amerika, lässt weiterhin sehr niedrige Zinsen erwarten.

Die US-Zentralbank (Fed), die weltweit bedeutendste Zentralbank, zögert, ihren Leitzins anzuheben - obwohl der Zins nach den Maßstäben, mit denen man die Angemessenheit der Zinshöhe beurteilen kann, schon seit langem viel zu niedrig ist. Warum das Zaudern? Vor allem drei Gründe dürften dafür ausschlaggebend sein.

Erstens: Alle anderen großen Zentralbanken der Welt verfolgen Niedrigzinspolitiken. Hebt die Fed ihren Leitzins an, würde sie die Kapitalmarktzinsen weltweit in die Höhe treiben. Der Kapitalabzug aus den aufstrebenden Volkswirtschaften gewänne an Fahrt, die Konjunkturen der davon betroffenen Volkswirtschaften gerieten noch stärker unter Druck. Der Außenwert des US-Dollar ginge weiter in die Höhe und würde die Auslandsgewinne amerikanischer Unternehmen schmälern. Das alles ist vermutlich unerwünscht.

Zweitens: Die US-Konjunktur ist Gefangener der eigenen Niedrigzinspolitik geworden. Die Zunahme von Konsum und Investitionen in den letzten Jahren ist im Wesentlichen durch die Niedrigzinspolitik der Fed angeschoben worden. Ein Erhöhen der Zinsen würde Bremsspuren in der US-Konjunktur hinterlassen.

Und drittens: Die Verschuldung von Ausländern in US-Dollar hat in den letzten Jahren ganz erheblich zugenommen - ermuntert natürlich durch die niedrigen US-Zinsen. Im zweiten Quartal 2015 lag sie bei 3.115 Mrd. US-Dollar gegenüber nur 1.996 Mrd. US-Dollar Ende 2007. Steigende US-Zinsen würden den Auslandsschuldnern zusetzen: ihre Finanzierungskosten gingen in die Höhe.

Hinzu kommt, dass die Gesamtverschuldungsquote in Amerika in den letzten Quartalen nicht weiter gestiegen beziehungsweise sogar leicht rückläufig war (gemessen im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung). Steigende Zinsen könnten diese Entwicklung verstärken - und dadurch auch die Preise auf den Finanzmärkten unter Druck setzen.

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Chart links: Quelle: Thomson Financial
Chart rechts: Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen


Eine lange andauernde Niedrigzinspolitik lässt sich kaum mehr rückgängig machen - wie man am Beispiel Japans gut studieren kann. Der japanische Leitzins befindet sich seit Anfang 1999 mehr oder weniger auf der Nulllinie. Zwei Versuche wurden unternommen, die Zinsen anzuheben (das war 2000 und 2006).

Doch es ist nicht gelungen, den Zins wieder auf "normale Höhen" zu befördern. Derzeit liegt er bei 0,1 Prozent. Wenn die Zinsen erst einmal lange Zeit künstlich niedrig gehalten wurden, hängt die Wirtschaft, das Finanzmarktgeschehen früher oder später gewissermaßen am Tropf der niedrigen Zinsen.

Insbesondere die Verschuldung wird mit Niedrigzinsen (re-)finanziert, und die Schuldner können es sich früher oder später nicht mehr leisten, dass die Zinsen steigen, geschweige denn sind sie in der Lage, ihre Kreditschulden vollumfänglich zurückzuzahlen. Scheut eine Gesellschaft davor zurück, den Schuldenaufbau zu stoppen und eine "Anpassungsrezession" zuzulassen, ist es unwahrscheinlich, dass die Zinsen, wenn sie lange Zeit sehr niedrig waren, wieder angehoben werden.

Es ist nicht auszuschließen, dass die Fed im kommenden Jahr den Leitzins ein klein wenig anheben könnte. Das wäre dann aber wohl nur kosmetischer Natur. Die Langfristzinsen würde das nicht in die Höhe treiben. Sie können ja, bei Bedarf, jederzeit durch Fed-Anleihekäufe ("QE") die Kapitalmarktzinsen auf das politisch gewünschte Niveau gedrückt werden.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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