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Negativzins und Euro-Abwertung

25.10.2015  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Ein Verschärfen der Negativzinspolitik könnte den Euro-Außenwert weiter unter Druck bringen. Und das scheint von der EZB gewollt zu sein: durch eine Wechselkursabwertung die Wirtschaft zu beleben und die Inflation zu erhöhen. Doch ob die Rechnung aufgeht, ist jedoch sehr fraglich. Einer kurzfristigen Belebung der Exporte steht eine Bremswirkung aufgrund der Verteuerung der Importgüter gegenüber.


Explosives Gemisch

Es ist gut denkbar, dass die EZB das Erhöhen des negativen Einlagenzinses mit einer Ausweitung der Anleihekäufe verbindet. Das ergäbe ein geradezu explosives Gemisch. Indem sie Anleihen kauft, drückt sie die Renditen herab.

Durch die Anleihekäufe schafft die EZB gleichzeitig aber auch neues Geld, dass die Banken als Guthaben bei ihr halten müssen. Das Problem, dass die Banken mit dem Negativzins ohnehin schon haben, vergrößert sich.

Um ihm zu entkommen, könnten die Banken neben zusätzlichen Käufen von Euro-Anleihen zum Beispiel auch Fremdwährungsanleihen kaufen. Dazu müssen sie Euro gegen zum Beispiel US-Dollar am Devisenmarkt eintauschen.

Die Abwertung würde verschärft. Der Aufkauf von Anleihen lässt die Euro-Geldmengen zusätzlich ansteigen. Weil es für diese Euro-Guthaben wiederum keine Zinsen gibt, beziehungsweise Kontenguthaben mit einem Negativzins belegt werden, bleibt nur die Flucht: Etwa in Form von Immobilien- und Aktienkäufen im In- und Ausland - und natürlich auch in Form eines Erwerbs von US-Dollar, Schweizer Franken und vor allem auch Gold. (1)


Negativzins und Ausweitung der EZB-Anleihekäufe - ein in der Tat explosives Gemisch

Die Zeichen mehren sich, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Anleihekäufe vergrößern wird. Diese Politik wird der Öffentlichkeit als notwendig erklärt, um die "zu niedrige" Inflation zu erhöhen. Wenn die EZB Anleihen aufkauft, bezahlt sie dafür mit neu geschaffenen Euros.

Die Anleihekaufpolitik ist folglich nichts anderes als eine Geldmengenvermehrungspolitik - die bekanntlich, und da sollte man keine Zweifel haben, früher oder später die Preise sichtbar für alle in die Höhe befördert.

Wir schätzen, dass die EZB Anleihen nicht in Höhe von 1,14 Billionen Euro aufkaufen wird wie angekündigt, sondern dass sie etwa 5 Billionen Euro kaufen wird. Die Gründe dafür haben wir im Degussa Marktreport vom 11. September 2015 dargelegt, der den Titel trägt: "Die 4.760.000.000.000 Euro Lücke".

Ein negativer Einlagezins, begleitet von einem Ausweiten der Anleihekäufe durch die EZB, ist in der Tat ein explosives Gemisch. Denn der Euro-Bankenapparat erfährt dadurch eine drastische Ausweitung seiner "Überschussreserven", auf die er dann ei-nen Strafzins zu entrichten hat. Die Euro-Banken sind förmlich gezwungen, Anleihen zu kaufen und/oder Kredite zu vergeben, wollen sie den steigenden Kosten, den der Strafzins ihnen auferlegt, entkommen.

Kredite an Unternehmen und Private müssen Banken mit (teurem) Eigenkapital unterlegen, Anleihen von Staaten hingegen nicht. Der Schluss liegt folglich nahe, dass die Euro-Banken vor allem Euro-Staatsanleihen aufkaufen werden, was bedeuten würde, dass sie diese Anleihen mit neuem Geld bezahlen.

Das würde nicht nur die Kurse der Anleihen weiter in die Höhe (und deren Rendite in die Tiefe) treiben, es wäre auch inflationär: Neues Geld wird ausgegeben, ohne dass dem auch nur im Entferntesten eine produktive Leistung zugrunde liegen würde.

Wenn die Euro-Banken sich dazu entscheiden, beispielsweise US-Staatsanleihen zu kaufen, wird nicht nur deren Rendite heruntergedrückt, es würde auch einen mitunter deutlichen Abwertungsdruck auf den Euro-Außenwert in Gang setzen. Die EZB-Geldpolitik - Negativzins und Anleihekäufe - führt also zu schwindender Kaufkraft des Euro im Inland wie auch im Ausland. Das ist natürlich keine Politik, die die Euro-Bürger reicher macht.

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Abbildung links: Quelle: Thomson Financial
Abbildung Mitte: Quelle: Thomson Financial. *Anzahl der Schwedenkronen, die für einen US-Dollar zu bezahlen sind
Abbildung rechts: Quelle: Thomson Financial. *Anzahl der US-Dollar, die für einen Euro zu bezahlen sind


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


(1) Siehe hierzu "Negativzins ist gegen die Logik des Handelns"; sowie: Negati-ver Realzins - und seine Folgen.



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