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Wochenanalyse 24. KW

15.06.2004  |  Robert Hartmann
Gold

               

Die vergangene Handelswoche (7.6.-11.6.) war in den überwiegend katholischen Gegenden Deutschlands feiertagsbedingt verkürzt. Zudem hatten die amerikanischen Märkte wegen der Trauerfeierlichkeiten für den ehemaligen Präsident, Ronald Reagan, am Freitag geschlossen. Die Edelmetalle kamen weiter unter Druck. Der Grund war wieder einmal: Alan Greenspan!


Rückblick

Der Goldpreis verlor im Berichtszeitraum per saldo über 7 US$ pro Feinunze oder umgerechnet knapp zwei Prozent. Die Notierung beendete den Handel somit unterhalb der wichtigen Unterstützungszone zwischen 388 US$ und 390 US$ pro Feinunze. Solange diese Marke nicht zurück erobert wird, bleiben die Weichen für rückläufige Goldpreise gegen US$ gestellt. Aus heutiger Sicht ist ein Test der Jahrestiefs bei 371 US$ nicht auszuschließen. Der Grund für diese Annahme liegt auf der Hand: Der wieder erstarkte US-Dollar. Die US-Valuta legte im Wochenverlauf über zwei Prozent zu. Die Äußerungen aus den Reihen der US-Notenbank (und hier insbesondere von Alan Greenspan) lassen erkennen, dass die Gefahr einer Deflation dort als überwunden angesehen wird. Vielmehr gilt es nun, der Gefahr einer Inflation entgegen zu treten. Die in Kürze anstehende Veröffentlichung der Produzenten- und Konsumentenpreise werden sicherlich weiteren Aufschluss darüber geben, ob schon bei der FED-Sitzung am 30. Juni mit einer Zinserhöhung zu rechnen ist. Wir erwarten eine Anhebung der amerikanischen Leitzinsen um 25 Basispunkte.

Das Verhältnis unserer Ankäufe zu den Verkäufen hat sich weiterhin nicht verändert. Auf neun Verkäufe an Kunden kommt lediglich ein Ankauf. Der deutliche Nachfrageüberhang reflektiert die Sorge um die weltweite Verschuldung der Staaten sowie um die maroden sozialen Sicherungssysteme. Das Vertrauen in die Politik schwindet zusehens, was dazu führt, dass immer mehr Menschen alternative Investments bevorzugen, die im Gegensatz zu Aktien und Anleihen kein Zahlungsversprechen eines Dritten beinhalten. Nachgefragt wurden praktisch alle Goldmünzen zur Kapitalanlage und hier vor allem der Krügerrand und der Wiener Philharmoniker. Bei den Goldbarren wurden die Gewichtseinheiten eine Unze, 100 Gramm und 1000 Gramm bevorzugt.

In der Schweiz wird derzeit öffentlich über die Verwendung der Erlöse aus den Goldverkäufen der vergangenen vier Jahre diskutiert. Seit Mai 2000 trennten sich die Eidgenossen von über 1000 Tonnen Gold im Gesamtwert von rund zehn Milliarden Euro. Diese Transaktionen fanden im Rahmen des Washingtoner Abkommens der führenden europäischen Notenbanken aus dem Jahr 1999 statt. Nun beginnt also das „Gerangel“ der politischen Kräfte um die Verwendung der jährlichen Zinseinnahmen in Höhe von ca. 500 Millionen Euro. Ähnlich dem „Welteke-Modell“ gibt es konkrete Vorschläge, die Mittel in eine Art Bildungsoffensive und soziale Projekte einzubringen. Andere Gruppen fordern regelmäßige Finanzspritzen für das angeschlagene Rentensystem in der Schweiz. Wir werden die öffentliche Debatte weiter verfolgen und Ihnen mitteilen, wenn es zu einer Entscheidung in dieser Sache gekommen ist. Eines steht jedoch schon heute fest: Die Schweizer Goldverkäufe werden noch gut zwölf Monate andauern, denn es warten noch über 130 Tonnen des Notenbankgoldes auf neue Besitzer.

Die Geheimdienste FBI und CIA haben vor einem weiteren großen Terroranschlag in den USA gewarnt. Wir nehmen diese Warnungen durchaus ernst, da die Präsidentschaftswahlen in Amerika immer näher rücken. Das Terrornetzwerk El Qaida wird alles versuchen, um die Wiederwahl von George Bush im November zu verhindern. Dies hat ja schließlich schon in Spanien funktioniert, es gibt also Gründe für die Annahme, dass dies auch in Amerika möglich ist. Sollte es tatsächlich zu einem Anschlag kommen, werden alle Finanzmärkte betroffen sein. Wir raten vorsichtigen Anlegern daher, ihre Positionen entweder zu reduzieren, oder entsprechende Sicherungsgeschäfte vorzunehmen.
Nach der OPEC-Konferenz in Beirut hat sich der Ölpreis langsam von seinen Jahreshochs gelöst. Nach wie vor drängen die Industrienationen nach einer Ausweitung der Förderung, um die Gefahren für die Konjunktur und die Auswirkungen auf die Inflationsrate so gering wie möglich zu halten. Ein dauerhafter Ölpreisanstieg um 10 US$ pro Barrel (159 Liter) kostet die USA rund 0,30 Prozent Wachstum und bringt eine um rund 0,50 Prozent höhere Inflation. In Europa und Japan sind diese Kennzahlen sogar noch etwas höher. Alle G8-Staaten haben somit ein ureigenes Interesse, die anhaltenden Probleme im Nahen Osten in den Griff zu bekommen. Das Gold/Öl-Ratio erreichte zwischenzeitlich einen Wert von 9,39. In alten Lehrbüchern steht geschrieben, dass man für eine Unze Gold rund 19 Fässer Öl kaufen können sollte. Diese Konstante impliziert derzeit einen Goldpreis von mehr als 700 US$ und scheint vorübergehend außer Kraft gesetzt worden zu sein. Auf jeden Fall sollte man sich fragen, ob das Öl derzeit zu teuer, oder das Gold zu billig ist.


Ausblick

Der Goldpreis entwickelte kaum Eigenleben und war wesentlich von den Entwicklungen am Devisenmarkt abhängig. Ohne bedeutende äußere Einflüsse wird sich dies in den kommenden Wochen kaum ändern. Beim Goldpreis gegen Euro rechnen wir daher mit einer Seitwärtsbewegung zwischen 10.200 und 10.600 Euro pro Kilogramm. Unsere Erwartung eines schwächeren Dollars hat sich nach anfänglichen Erfolgen zwischenzeitlich wohl als zu früh herausgestellt. Die Dynamik der Dollaraufwertung der vergangenen Handelstage lässt einen Test der bisherigen Jahrestiefs bei 1,1750 erwarten. In der kommenden Woche stehen in den USA die Zahlen zu den Konsumentenpreisen und die Veröffentlichung der Handelsbilanzzahlen im Mittelpunkt.


Charttechnik

Die Unterstützungszone zwischen 388 US$ und 390 US$ hat auf Tages- und Wochenschlusskursbasis nicht gehalten. Ungeachtet der kurzfristig dominanten Abwärtsbewegung notiert das Gold nach wie vor oberhalb seiner langfristigen Aufwärtstrendlinie, die derzeit bei rund 369 US$ verläuft. Alle relevanten Indikatoren befinden sich im neutralen Bereich und deuten auf einen seitwärts gerichteten Handel. Unsere eher positive Einschätzung für den Goldpreis gegen Euro kommt etwas ins Wanken. Für europäische Anleger sollten sich jedoch eventuelle Kursverluste durch einen Anstieg des Dollars relativieren.



Silber

               

Die Situation am Silbermarkt wird immer prekärer. Die Erholung seit der scharfen Korrektur von den Jahreshochs erweist sich immer mehr als ein Strohfeuer. Immerhin hatte das weiße Metall binnen 18 Handelstagen über 30 Prozent seines Wertes eingebüßt. Es scheint, als wären die spekulativ orientierten Fonds aus dem Markt. Unsere Kunden scheint dies nicht zu stören. Die Käufe von Silberbarren 1000 Gramm und 5000 Gramm bleiben nach wie vor auf hohem Niveau. Zudem liegen uns mehrere große Orders für den Fall weiterer Kursverluste vor. Wir haben eine wichtige Unterstützungszone zwischen 5,45 US$ und 5,50 US$ pro Feinunze ausgemacht. Sollte diese Marke fallen, so sind weitere Verluste bis auf rund 5,15 US$ zu erwarten. Dagegen stellt das Niveau von 5,95 US$ auf Basis des Tagesschlusskurses eine bedeutende Barriere dar. Für den Fall, dass Silber einen Sprung über diese Linie schafft, platzieren wir eine größere Order zum Ausbau unserer physischen Bestände.



Platin und Palladium

Zu den übrigen weißen Metallen Platin und Palladium erreichten uns auch diese Woche keine nennenswerten fundamentalen Neuigkeiten. Platin verlor im Berichtszeitraum rund fünf Prozent und kämpft derzeit mit der Marke von 800 US$ pro Feinunze. Noch schlimmer erwischte es das Palladium mit einem Wochenverlust von rund acht Prozent. Die Fonds treten in beiden Metallen weiterhin als Verkäufer auf. Dabei spielt die Befestigung des US-Dollars insbesondere gegen den japanischen Yen eine wichtige Rolle. Trotz der momentanen Schwäche bleibt Palladium gut nachgefragt. Hierbei sind vor allem Palladiumbarren 100 Gramm und 500 Gramm sowie russische Standardbarren mit einem Gewicht zwischen drei und vier Kilogramm gesucht. Diese Umsätze gehen wohl aus Empfehlungen in mehreren Anlegermagazinen, wie zum Beispiel dem "Smart Investor", hervor. Im Unterschied zu Gold und Silber haben diese Metalle keinerlei monetäre Geschichte. Es handelt sich hier um Industriemetalle, die hauptsächlich in der Katalysatoren- und Dentalindustrie eingesetzt werden. Amerikanische Hedgefonds benutzen diese Märkte oftmals als „Spielball“. Kurzfristig bleibt die weitere Kursentwicklung bei Platin und Palladium kaum seriös zu prognostizieren. Wir haben uns dennoch kleinere Handelsbestände an Palladium angeschafft.



© Robert Hartmann
pro aurum GmbH & Co. KG, Grillparzerstraße 46, 81675 München


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