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Öl-Spezialreport Januar 2016: Das unvermeidliche Ölpreis-Szenario!

28.01.2016  |  Uli Pfauntsch
• Von der Öl-Schwemme zur dramatischen Angebotsverknappung!
• Traum von U.S. Energie-Dominanz endet in Katastrophe!
• Warum die USA niemals Swing Producer sein können!
• Maximaler Schmerzpegel = Startsignal für Öl-Boom-Zyklus!
• Unvermeidliches Öl-Preis-Szenario: Ihr Fahrplan für Öl-Profite!

Am 20. Januar 2016 markierte Brent-Öl mit 27,10 Dollar pro Barrel den tiefsten Stand seit 2003. Wie brutal der Preisverfall im Öl ist, zeigt der Vergleich mit dem Hochpunkt der globalen Finanzkrise: Selbst im Dezember 2008, als die Welt "am Abgrund" stand, fiel der Brent-Preis "nur" auf 36,20 Dollar im Tief.

Damit ist Brent-Öl seit Sommer 2014 in der Spitze um mehr als 76 Prozent eingebrochen. Die Auswirkungen auf die globale Ölindustrie sind dramatisch. Wie aus einer neuen Schätzung von Wood Mackenzie hervorgeht, wurden seit 2014 Öl- und Gasprojekte im Wert von 380 Milliarden Dollar gecancelt. Der Niedergang der Ölpreise trifft Projekte rund um die Welt. Laut Wood Mackenzie wurden im letzten Jahr 68 Großprojekte ausgesondert, die rund 27 Milliarden Barrel Öl und Gas entsprechen.

"Die Auswirkungen der niedrigen Ölpreise auf die Planungen der Unternehmen war brutal. Was Ende 2014 als Einschnitt der im Ermessen liegenden Ausgaben für Exploration und Entwicklungsprojekte im Frühstadium begann, ist zu einer vollständig chirurgischen Operation geworden, um sämtliche nicht essentiellen operativen- und Kapitalausgaben herauszuschneiden", so Wood Mackenzie Analyst Angus Rodger in einem Statement.

Dieser Stillstand wird zu einer dramatisch niedrigeren Ölproduktion in den kommenden Jahren führen. Die durchschnittlichen Break-Even-Kosten aller Projekte, die Wood Mackenzie unter Betrachtung nahm, belaufen sich auf etwa 60,00 Dollar pro Barrel. Die meisten Projekte, die von Einschnitten betroffen sind, liegen in der Tiefsee. So werden beispielsweise Offshore-Projekte im Golf von Mexiko und Angola bis in die 2020er Jahre verschoben. Auch die Investments in die teuren kanadischen Ölsandprojekte sind ausgetrocknet.

Die 380 Milliarden Dollar, die an Kürzungen identifiziert wurden, übertrifft bei weitem die Summe von 200 Milliarden Dollar, auf die Wood Mackenzie in dem Report von Juni 2015 kam. Zahlreiche Öl- und Gasunternehmen haben für 2016 bereits weitere, drastische Einschnitte angekündigt.

Der Report von Wood Mackenzie verdeutlicht, dass sich die globale Überversorgung mit Öl in nicht allzu ferner Zukunft in eine Angebotsverknappung verwandelt. Denn Projekte, die heute nicht freigegeben werden, sorgen in 2017, 2018 und 2019 für eine zunehmende Lücke in der Produktion. Allein 25 Projekte, die vom US-Ölgiganten ExxonMobil stillgelegt oder verzögert werden könnten, kommen auf eine Gesamtkapazität von 2,5 Millionen Barrel pro Tag.

Die derzeitige Überproduktion im globalen Ölmarkt beläuft sich auf circa 1,55 Millionen Barrel pro Tag (Dezember-Statistik der EIA).

Der Wegfall der "Goliath-Projekte", die von der Ölindustrie fest eingeplant waren, um den künftigen globalen Ölbedarf zu decken, wird langfristig in einem Verlust von mindestens 5 Millionen Barrel pro Tag resultieren. Der natürliche Rückgang der Produktion aus bestehenden Ölquellen beläuft sich jährlich etwa auf 4 Millionen Barrel Öl pro Tag.

Doch es gibt einen wesentlichen Unterschied zu den 80er Jahren, dem letzten Mal, als die Welt einen angebotsseitigen Öl-Pleitezyklus durchlief. Damals hatte die Opec mehr als 14 Millionen Barrel an freien Kapazitäten zur Verfügung, die im Laufe der Jahre hochgefahren werden konnten, um die wachsende Ölnachfrage zu decken. Diesmal produziert Saudi Arabien nahezu am Limit. Im dritten Quartal 2015, beliefen sich die freien Kapazitäten auf gerade einmal 1,33 Millionen Barrel pro Tag - dem niedrigsten Level seit 2008.

Somit steht fest: Kommt es zu einer Verknappung im Ölmarkt, wird Saudi Arabien seiner Rolle als "Swing Producer" nicht gerecht werden können.


Darum können die USA niemals Swing Producer sein!

Als "Swing Producer" gilt, wer in der Lage ist, seine Produktion flexibel und gezielt zu erhöhen oder abzusenken, um den Markt ins Gleichgewicht zu bringen. Sei es, um kurzfristige Preisvorteile zu nutzen, die Nachfrage anzukurbeln oder um sich langfristig Preisvorteile und Marktanteile zu sichern. Nicht wenige US-Amerikaner sind nach wie vor davon überzeugt, dass zukünftig die Vereinigten Staaten die Rolle des globalen Swing Producers übernehmen. Schließlich hatten U.S. Öl-Lobby, Wallstreet, Finanzmedien und Politik jahrelang die These verbreitet, wonach die USA dank ihrer Shale-Vorkommen auf dem Weg zur Energieunabhängigkeit sind und künftig eine mächtige Rolle auf dem globalen Ölmarkt spielen werden. Eine Story, die für viele Amerikaner einfach zu schön klingt, um nicht wahr zu sein.

Doch es ist absurd zu glauben, dass der weltgrößte Öl-Importeur gleichzeitig Swing Producer sein kann. Die Opec-Staaten exportierten in 2014 netto 23 Millionen Barrel Öl pro Tag. Die USA importierten netto circa 7 Millionen Barrel pro Tag. Ein Produzent kann dieser Rolle nur als Netto-Exporteur von Öl gerecht werden, der über hohe Reserven, ausreichend freie Kapazitäten, finanzielle Flexibilität und koordinierte Organisationsstruktur verfügt. Nichts von all dem trifft auf die Vereinigten Staaten zu.

Und selbst die Opec existiert nur deshalb, weil ein Mitglied alleine nicht über die Kriterien verfügt, um den globalen Markt ins Gleichgewicht zu bringen und die Preise zu beeinflussen.

Derzeit wäre nur ein Kartell aus drei Staaten in der Lage, den Markt ins Gleichgewicht zu bringen: Saudi Arabien, Irak und Iran. Während Bagdad versucht, das Staatsdefizit über höhere Mengen zu kompensieren, überbieten sich Saudi Arabien und der Iran im Kampf um Marktanteile gegenseitig mit Rabatten. Deshalb ist derzeit niemand in Sicht, der die Rolle als Swing Producer übernehmen wird - der Markt muss sich von selbst bereinigen.
USA globales Öl-Leichtgewicht

Die U.S. Shale Produktion steht für weniger als 5 Prozent der Weltproduktion von Rohöl und Kondensat. Die Vereinigten Staaten verfügen über verschwindend geringe 0,23 Millionen Barrel freier Kapazität und besitzen weniger als 1 Prozent der global nachgewiesenen Reserven (13 Milliarden Barrel). Die US-Ölindustrie lässt sich nicht zusammen koordinieren. Durchschnittlich geben Shale-Unternehmen doppelt so viel Geld aus, als sie einnehmen. Die Verschuldung der Produzenten übersteigt die jährlichen Einnahmen um das Fünffache. Die durchschnittlichen Breakeven-Kosten belaufen sich auf mindestens 55,00 bis 60,00 Dollar. Wer noch immer behauptet, dass die USA der künftige Swing Producer sein könnten, leidet an völligem Realitätsverlust.


"Cowboy-Mentalität" versus Realität

Harold Hamm, CEO von Continental Resources, zeigte sich in einem Interview auf CNN kampfeslustig, auch wenn der Aktienkurs seines Unternehmens rund 70 Prozent vom Jahreshoch verloren hat. Der Gründer des größten Shale-Produzenten in der Bakken-Region sagte, dass die Strategie der Saudis scheitern wird und bezeichnete ihre Vorgehensweise, den Markt mit Öl zu fluten, als "monumentalen Fehler". "Sie müssen ein gesamtes Land aufrechterhalten. Wir erhalten hier nur Unternehmen aufrecht. Wir kürzen Kapitalkosten und stoppen die Geldausgaben. Und sitzen es aus".

Es entspricht durchaus den Tatsachen, dass bereits gebohrte Shale-Wells bereits binnen zwei Wochen in Produktion gebracht werden können. Steigen die Ölpreise, könnten somit zahlreiche Wells aus dem bestehenden Bohr-Inventar ("Fracklog") binnen kurzer Zeit in Produktion gebracht werden. Doch das Problem der Shale-Produktion sind hohe Kosten und die weltweit schnellsten Schrumpfungsraten (circa 80% Rückgang nach zwei Jahren). Wie aus einer jüngsten Studie hervorgeht, verlieren die führenden Shale-Unternehmen derzeit zwischen 11 Dollar und 38 Dollar für jedes Barrel Öl, das sie produzieren - die klassische Definition von Verschwendung.

Die Breakeven-Kosten für Shale-Produzenten variieren von Play zu Play - doch die Schätzungen aus seriösen Quellen belaufen sich derzeit auf durchschnittlich 55,00 Dollar bis 60,00 Dollar pro Barrel. Allerdings gibt es einen "Haken". Im abgeschiedenen North Dakota etwa, wo das Öl via Pipelines und Eisenbahn über tausende Kilometer transportiert werden muss, liegt der "Wellhead-Price", also der Preis, den die Produzenten vor Ort bekommen, etwa 10 Dollar unter der WTI-Benchmark, die am größten Öl-Terminal in Cushing, Oklahoma, bezahlt wird.


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