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Öl-Spezialreport Januar 2016: Das unvermeidliche Ölpreis-Szenario!

28.01.2016  |  Uli Pfauntsch
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Das bedeutet: Wenn US-Öl WTI beispielsweise bei 30,00 Dollar notiert, erhalten Bakken-Produzenten wie Continental Resources nur etwa 20,00 Dollar pro Barrel. Angenommen, die Break-Even-Kosten belaufen sich auf 60,00 Dollar pro Barrel, so müssten sich die Wellhead-Preise also bereits verdreifachen - und selbst dann wären lediglich die Kosten gedeckt, aber längst noch kein Profit erzielt.


Der wahre Grund für den Ölpreisverfall

Als Saudi Arabien der ineffizienten High-Cost-Produktion zur Opec-Sitzung am 27. November 2014 den Krieg erklärte, konnten selbst die Saudis nicht ahnen, wie widerstandsfähig die US-Shale-Produzenten sein würden.

Was den Niedergang der US-Shale-Industrie so lange hinauszögerte, war die unglaubliche Bereitschaft der Investoren, mehr Kapital als je zuvor in das defizitäre Geschäftsmodell der Shale-Produzenten zu pumpen. Trotz sinkender Ölpreise konnten nordamerikanische Öl- und Gasproduzenten noch bis Herbst 2015 mit Hilfe der Wallstreet-Banker neue Aktien und Anleihen im Wert von 61,5 Milliarden Dollar platzieren. Jetzt ist die Blase geplatzt, der Markt für Hochzinsanleihen kollabiert. Selbst den naivsten Vermögensverwaltern sollte klar sein, dass es sich in den USA um keine "Energierevolution" gehandelt hat, sondern um eine exzessive Verschuldungsorgie, orchestriert von der Wallstreet und befeuert von den Nullzinsen der Fed.

Die Aktien der meisten Shale-Produzenten haben inzwischen 70%, 80% und mehr als 90% verloren und zahlreiche Bonds handeln nur noch bei 20 oder 30 Cent auf den Dollar. Tragen werden diese Verluste unter anderem die Gläubiger von Publikumsfons, Pensionsfonds, Staatsfonds und anderen Vermögensverwaltern - also hauptsächlich Anleger, die vermutlich nicht die geringste Ahnung hatten, wo ihre Vermögen investiert wurden.

Die Liste der nordamerikanischen Produzenten mit negativem Cashflow, weist aktuell einen Schuldenstand von 325 Milliarden Dollar aus. Zuletzt stufte die Rating-Agentur Moodys die Kreditbewertung von 175 Öl- und Minen-Unternehmen ab. Die Rendite des Bank of America US Energy High Yield Index stieg mit 19,3 Prozent auf den höchsten Stand aller Zeiten, und übertraf damit sogar den Hochpunkt aus der Finanzkrise 2008 von 17 Prozent.

Mehr als die Hälfte aller Junk-Bonds im Energiesektor notiert im "notleidenden" Bereich. Davon spricht man, wenn die Renditen 1.000 Basispunkte (10 Prozent) über den Renditen von Staatsanleihen liegen.


USA: "Pleite-Tsunami" ab April 2016

Im letzten Jahr gingen 42 US-Energieunternehmen in Konkurs, die mit mehr als 17 Milliarden Dollar verschuldet waren. Aus folgenden Gründen wird sich die Pleitewelle in diesem Jahr beschleunigen:

In 2015 waren große Teile der US-Produktion zu hohen Öl- und Gaspreisen gehedged. Für dieses Jahr wird noch weniger als ein Drittel der Produktion gehedged sein. Der Wegfall dieser Absicherung wird zahlreichen Produzenten endgültig den Kopf kosten.

Banken, die den so genannten Shale-Boom finanziert haben, nahmen die Reserven im Boden als Sicherheit. Doch als Reserven dürfen nur solche Öl- und Gasvorkommen gelten, die sich unter den gegebenen Bedingungen wirtschaftlich produzieren lassen. Nachdem zu Ölpreisen um 30,00 Dollar kein einziger Produzent noch in der Lage ist, profitabel zu produzieren, werden sich Milliarden Barrel in Luft auflösen.

Devon Energy musste im letzten Jahr beispielsweise 15,5 Milliarden Dollar abschreiben, BHP Billiton meldete zuletzt 7,2 Milliarden Dollar Abschreibung auf seine Shale-Assets und bei zahlreichen anderen Unternehmen, einschließlich Chesapeake, Oasis Petroleum oder Bill Barret, werden ebenfalls dramatische Wertminderungen erwartet.

Banken, die traditionell zweimal jährlich, im Oktober und April die Kreditlinien auf den Prüfstand stellen, zeigten sich im Herbst noch überraschend großzügig. In der Hoffnung, dass die Ölpreise wieder steigen würden, kürzten die Banken weit weniger als befürchtet. Jetzt ist die Lage eine völlig andere. Denn Banken und Bankensyndikate, die auf nahezu wertlosen Sicherheiten sitzen, haben keine andere Wahl mehr, als den Stecker zu ziehen. Spätestens dann wird es zur Kapitulation kommen, wenn nicht schon vorher.

Die Befürchtung zunehmender Kreditausfälle zeigt sich auch im wachsenden "Short-Interest" im Bankensektor. So ist etwa die Aktivität der Leerverkäufer bei börsennotierten US-Regionalbanken im Januar um 30 Prozent gestiegen, angeführt von texanischen Banken wie Cullen/Frost Bankers, Texas Capital oder Bok Financial Corp.


"Maximaler Schmerzpegel" ist erreicht!

Die US-Shale-Produzenten haben vielleicht noch den einzigen Vorteil, dass der Großteil der Schuldverschreibungen erst 2019, 2020 und darüber hinaus fällig wird. Deshalb sind nicht wenige Analysten der Ansicht, dass selbst hochverschuldete Unternehmen noch reichlich Zeit hätten, um den Ölpreisniedergang auszusitzen.

Doch Schulden haben zwei Nachteile: Erstens, fordern die Gläubiger zur Fälligkeit ihr Geld zurück, und zweitens, fordern sie auch noch regelmäßig Zinsen. Laut Daten der EIA (Energy Information Administration), verwendeten die US-Onshore-Produzenten im zweiten Quartal 80 Prozent ihres operativen Cashflows nur für Zinszahlungen. Jetzt, nachdem die Ölpreise weitere 30% bis 40% tiefer notieren, werden mehr und mehr Unternehmen an der Begleichung ihres Kapitaldienstes scheitern.

Fällt auch nur eine Rate aus, ist die Insolvenz die logische Konsequenz. Analysten von Bernstein Research warnen, dass ein Drittel aller U.S. Öl- und Explorationsunternehmen schon heute von der Insolvenz bedroht sind. Wells Fargo argumentiert, dass Ölpreise von unter 40,00 Dollar „nicht tragfähig für praktisch alle Produzenten“ sind und prophezeit eine Welle von Pleiten in den kommenden 12 bis 18 Monaten.


Signal für Öl-Boom-Zyklus - die Bombe tickt!

Anfang des letzten Jahres, als die Ölpreise bei 50,00 Dollar notierten, belief sich die Überversorgung im Markt auf circa 2,5 Millionen Barrel pro Tag. Derzeit beläuft sich das globale Überangebot nur noch auf circa 1,3 Millionen Barrel pro Tag. Der wesentliche Unterschied ist in erster Linie psychologischer Natur. Hedgefonds und andere Spekulanten fahren eine rekordhohe Short-Position im Öl - gleichzeitig ist die Netto-Long-Position auf den niedrigsten Stand seit 2010 gesunken. Saudi Arabien bezeichnet die aktuellen Ölpreise als "irrational". Es scheint, als ob der Markt bei 30,00 Dollar und weniger, bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine Weltwirtschaftskrise eingepreist hat.

Was für die entscheidende Trendwende noch fehlt, ist die finale Kapitulation im Ölmarkt. Es braucht ein Event, das den Short-Sellern die Grundlage nimmt, die Ölpreise weiter unter Druck zu setzen. Ein Ölpreis von 25,00 Dollar pro Barrel könnte der entscheidende Trigger dazu sein. Im Bakken wäre der Ölpreis nach Abzug aller Kosten nur noch bei 13,00 bis 15,00 Dollar, was die Produzenten weit unter Wasser ziehen würde. Solche Ölpreise würden nicht nur sämtliche Entwicklungsbohrungen eliminieren, sondern auch die bestehende Produktion kappen.



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