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China - Kann der Mainstream noch Prozentrechnung?

15.04.2016  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1256 (07.34 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1234 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 109.63. In der Folge notiert EUR-JPY bei 123.40. EUR-CHF oszilliert bei 1.0892.

Der Datenpotpourri aus China hat interessante Schlagzeilen für den Durchschnittsverbraucher produziert, unter anderem "Chinas Wirtschaft wächst so langsam wie zuletzt 2009".

Nun ist diese Schlagzeile, im besten Sinne des Wortes nicht falsch. Sie manipuliert aber die Sichtweise und legt einen negativen Spin auf diese Performance. Zunächst einmal hebt sich dieser Wert positiv von der angepassten BIP-Prognose des IWF ab (aktuell 6,5%).

Entscheidender ist jedoch das Verständnis für Prozentrechnung. Dabei geht es um das "Gesetz der großen Zahl".

Vor fünf Jahren warnte der aus NY und London getriebene Mainstream, dass ein Wachstum von mehr als 10% ein Risiko für China und für die Weltwirtschaft wegen Überhitzungsgefahren darstellen würde. Das war übrigens richtig!

Heute diskutiert der aus NY und London getrieben Mainstream, dass ein Wachstum von 6,5% für China und die Welt ein Problem wegen zu starker Abkühlung darstellen würde. Fakt ist, dass ein Wachstum selbst von nur 6,5% 2016 eine deutlich höhere realwirtschaftliche Nachfrageausweitung als 10% vor fünf Jahren darstellte.

Es gilt die Regel: Je größer eine Ökonomie, desto geringer müssen Wachstumsraten im Zeitablauf ausfallen, um die Nachhaltigkeit der positiven Performance nicht zu gefährden, da ansonsten Überhitzungen und Fehlallokationen drohen, die rezessive Folgen hätten.

Es entsteht der Eindruck, dass einige Gefährten der volkswirtschaftlichen und medialen Analyse die Gesetzmäßigkeiten der Prozentrechnung in ihrer Analyse sportlich übergehen. Das gilt umso mehr, als dass China das eigene Wirtschaftsmodell anpasst/reformiert (Aristoteles), um den Forderungen des Westens nach einem besser balancierten Wirtschaftsmodell mit einem stärkeren Dienstleistungssektor zu entsprechen. Keinem Land zuvor ist ein so dynamischer Wandel so unfallfrei gelungen, wie China.


Fazit:

Es entsteht der Eindruck, dass geopolitische Interessen Auswirkungen auf volkswirtschaftliche Analysen haben.

Das gilt vor dem Hintergrund der Emanzipation der aufstrebenden Länder durch eigenständige Institutionen (AIIB, New Development Bank, CIPS), aber auch das Projekt "ohne Road - ohne Belt". Bezüglich dieses Projekts sind unsere Konjunktursorgen für China sehr überschaubar.


Chinas Datenpotpourri:

Das BIP legte im 1. Quartal 2016 erwartungsgemäß um 6,7% zu (Prognose 6,7%). Gerade die Mischung zwischen Primär-, Sekundär- und Tertiärwirtschaft unterstreicht noch einmal den strukturell so Ziel führenden Wandel des Geschäftsmodells Chinas.

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© Mobys Econmy.com


Die Industrieproduktion legte per März im Jahresvergleich um 6,8% (Prognose 5,7%) nach zuvor 5,4% in der Periode Januar/Februar. Die Einzelhandelsumsätze legten per März im Jahresvergleich um 10,5% nach 10,2% in der Periode Januar Februar zu.

"Fixed Asset Investment" verzeichnete per März eine Zunahme im Jahresvergleich um 10,7% nach zuvor 10,2% (Prognose 10,0%).

Arrondiert man das Bild mit den letzten Export- und Importdaten als auch den positiv überraschenden Einkaufsmanagerindices, wirft das die Frage auf, wie sachgerecht die Betitelung der chinesischen Daten in der westlichen Presse sind?


Daten des Westens:

Die Verbraucherpreise der Eurozone signalisieren Entspannung an der Preisfront. Per März ergab sich im Jahresvergleich ein unverändertes Preisniveau nach zuvor -0,2%. Die (für die EZB elementare) Kernrate legte von zuvor 0,8% auf 1,0% zu.

Die US-Verbraucherpreise per März stellten sich im jahresvergleich auf 0,9% nach zuvor 1,0%. Die Kernrate sank von zuvor 2,3% auf 2,2%. Die Anträge auf Arbeitslosenhilfe sanken in der letzten Berichtswoche von zuvor 266.000 auf 253.000. Ja, das ist das niedrigste Niveau seit 1973. Wie passt dieser Wert nur zu der Performance der US-Wirtschaft …

Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.0800 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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