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Ölpreise profitieren von Angebotsausfällen

20.05.2016  |  Eugen Weinberg
Energie

Die Ölpreise scheinen derzeit gegen jegliche belastende Nachrichten immun zu sein. Gestern standen sie wegen eines festeren US-Dollar zunächst deutlich unter Druck und handelten zeitweise mit mehr als 2% im Minus. Brent fiel zwischenzeitlich bis auf 47,5 USD je Barrel, WTI unter 47 USD je Barrel. Doch eine Preiserholung im späten Handel sorgte dafür, dass diese Verluste weitgehend wieder wettgemacht wurden.

Der Preisanstieg setzt sich in den Morgenstunden fort. Brent handelt inzwischen wieder bei 49 USD je Barrel, WTI bei 48,5 USD je Barrel. Die weiterhin hohen außerplanmäßigen Produktionsausfälle in Kanada und Nigeria stehen einem stärkeren und länger anhaltenden Preisrückgang derzeit entgegen. Obwohl die Bekämpfung der Waldbrände Fortschritte macht, lässt eine Normalisierung der Ölproduktion in Kanada weiter auf sich warten. Gestern hat der Ölproduzent Suncor Energy die Höhere-Gewalt-Klausel (force majeure) für Öllieferungen aus seiner Syncrude-Anlage bis Monatsende verlängert.

Die täglichen Produktionsausfälle durch die Waldbrände belaufen sich nach wie vor auf insgesamt mehr als 1 Mio. Barrel. In Nigeria kommt es weiterhin zu Beeinträchtigungen der Ölproduktion. Gestern haben Milizen einen Export-Terminal besetzt. Anschläge durch Milizen auf Ölfördereinrichtungen und Pipelines und technische Probleme haben die nigerianische Ölproduktion auf ein 22-Jahrestief fallen lassen. Die Ölexporte Nigerias liegen aktuell bei weniger als 1,4 Mio. Barrel pro Tag. Normalerweise belaufen sie sich auf ca. 2 Mio. Barrel pro Tag. Eine schnelle Normalisierung ist auch hier nicht in Sicht.


Edelmetalle

Im Zuge des weiter aufwertenden US-Dollar standen die Edelmetalle gestern unter starkem Verkaufsdruck. Gold fiel phasenweise auf 1.244 USD je Feinunze und handelte damit fast 40 USD tiefer als noch vor der Veröffentlichung des Protokolls der letzten Sitzung der US-Notenbank Fed am Mittwochabend. Laut diesem sprach sich eine Mehrheit der FOMC-Mitglieder für eine Zinserhöhung im Juni aus, sollten es die Daten zulassen.

Gestern hat nun der Präsident der New Yorker Fed, Dudley, in dieselbe Kerbe geschlagen. Er erklärte im Wesentlichen, dass ein zu starker US-Dollar kein Hindernis für eine Zinserhöhung sei. Die Markterwartungen für eine Zinserhöhung im Juni sind laut Fed Fund Futures allerdings wieder unter 30% gefallen. Offenbar glauben einige Marktteilnehmer den jüngsten Fed-Verlautbarungen nicht.

Trotz des starken Preisrückgangs verzeichneten die Gold-ETFs gestern weitere Zuflüsse. Die Bestände der von Bloomberg erfassten Gold-ETFs wurden um fast sechs Tonnen aufgebaut. Anscheinend haben einige Investoren das niedrigere Preisniveau als attraktive Kaufgelegenheit erachtet. Dies sollte den Goldpreis vor einem weiteren Rutsch bewahren. Wir gehen davon aus, dass er sich in etwa auf dem aktuellen Niveau stabilisieren wird. Silber verlor gestern zeitweise mehr als 3% auf 16,3 USD je Feinunze und damit deutlich überproportional im Vergleich zu Gold. Das Gold/Silber-Verhältnis ist im Zuge dessen auf 76 gestiegen, der höchste Stand seit Mitte April.


Industriemetalle

Die chinesischen Stahlpreise bleiben extrem volatil. Nach dem massiven Preisanstieg im März und April ist der Baustahl-Terminkontrakt an der SHFE im Mai bereits um 25% eingebrochen. Wir führen den Preisanstieg nicht nur auf die fundamentalen Faktoren wie Bestandaufstockung und eine unerwartet starke physische Nachfrage (insbesondere für Infrastrukturinvestitionen), sondern auch auf eine spekulative Überhitzung zurück. Offensichtlich haben Investoren in China Warenterminkontrakte als Anlage entdeckt.

Die Regierung hat bereits Maßnahmen zur Eindämmung der Spekulation ergriffen, was den Preissturz ausgelöst haben dürfte. Ob sie nun endlich auch Maßnahmen zur Reduktion der Produktionskapazitäten ergreift, bleibt dagegen fraglich. Die massiven Stahlexporte Chinas - voraussichtlich abermals über 100 Mio. Tonnen in diesem Jahr - kann man kaum mit einer starken Nachfrage im Ausland erklären. Daher dürften viele Handelspartner Maßnahmen gegen mögliche (unerlaubte) Subventionen im chinesischen Stahlsektor ergreifen.

So hat am Dienstag die US-Handelskammer die Anti-Dumping-Margen für kaltgewalzte Bänder und Bleche (Coils) aus China auf über 265% gesetzt. Darüber hinaus hat man die Zölle von zuvor 227% auf nun 256% erhöht. Das Thema der Produktionsüberschüsse und -überkapazitäten im Stahlsektor hat mittlerweile ein solch politisches Niveau erreicht, dass es auf dem Treffen der G7-Gruppe nächste Woche in Sendai in Japan diskutiert werden soll.

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Agrarrohstoffe

Der Kaffee Arabica-Preis ist gestern um fast 5% auf 124 US-Cents je Pfund gefallen. Von seinem zu Wochenbeginn verzeichneten 8-Wochenhoch hat sich der Preis mittlerweile 8,5% entfernt. Damit wurde der Preisansteig seit Monatsbeginn mehr als zur Hälfte wieder rückgängig gemacht. Preisbelastend ist der seit Mitte der Woche deutlich festere US-Dollar, weil dieser die Kaffeeexporte aus Brasilien und anderen wichtigen Produzentenländern attraktiver macht.

Die Kaffeeernte in Brasilien hat gerade begonnen und dürfte noch bis August andauern. Analysten der brasilianischen Ernteprognosefirma Safras e Mercado erwarten nach zwei dürrebedingt schwachen Jahren eine Kaffeeernte von 56,4 Mio. Sack, was nur knapp unter einem Rekordniveau liegen würde. Nur knapp darunter liegt die Ernteschätzung des Attachés des US-Landwirtschaftsministeriums in Brasilien mit 56 Mio. Sack.

Die Brokerfirma Marex Spectron erwartet für 2016/17 eine Kaffeeernte in Brasilien von 56,5 Mio. Sack und einen globalen Angebotsüberschuss von 1 Mio. Sack.

Deutlich besser hat sich zuletzt der Zuckerpreis gehalten. Dieser gab gestern nur geringfügig auf 16,7 US-Cents je Pfund nach und notierte zeitweise sogar im Plus. Die indische Regierung hat eine Regelung aufgehoben, welche die Zuckermühlen dazu zwang, überschüssigen Zucker zu exportieren. Dies deutet auf ein deutlich angespannteres Zuckerangebot in Indien und auf dem Weltmarkt hin.



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