Schwer verdauliche Datenkost vom US-Arbeitsmarkt und US-Dienstleistungssektor
06.06.2016 | Folker Hellmeyer
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Positiv stachen zunächst die Auftragseingänge der US-Industrie ins Auge. Im Monatsvergleich kam es zu einem unerwartet starken Anstieg um 1,9% nach zuvor +1,7% im Monatsvergleich. Die Prognose lag bei 1,5%.Diese Freude im Monatsvergleich weicht jedoch Ernüchterung im Jahresvergleich, der aussagefähiger ist, da der Monatsvergleich häufig durch Großaufträge (Militär, Flugtechnik) verzerrt ist. Seit 18 Monaten ergeben sich in Folge im Jahresvergleich Rückgänge - so etwas gab es nur in Rezessionsphasen der US-Wirtschaft.
Chart © Zerohedge
Die US-Handelsbilanz setzte vergleichsweise positive Signale. Per Berichtsmonat April kam es zu einem Defizit in Höhe von "nur" 37,4 Mrd. USD nach zuvor "nur" -35,5 Mrd. USD (revidiert von 40,4 Mrd. USD). Die gesamte Datenreihe wurde revidiert. Das Thema der strukturellen Handelsbilazdefizite ist damit ein wenig weniger prekär, mehr aber auch nicht.
© Moody’s Analytics
Arbeitsmarktdaten sind nachlaufende Indikatoren. Das wird aktuell auch in den USA deutlich. Die Form der Erfassung der daten in den USA eröffnet Raum für nachhaltig negative Anpassungen bei der noch anstehenden "Benchmark Revision". Die US-Arbeitslosenquote sank per Mai unerwartet von zuvor 5,0% auf 4,7%.
Völlig zurecht hat der Finanzmarkt auf diese Meldung nicht reagiert. Diese Quote liefert keine Qualität, um mit Quoten anderer Wirtschaftsräume verglichen zu werden. Der Trick, mit dem diese Quote erreicht wird, liegt darin, Menschen aus dem Pool der Arbeitssuchenden zu entfernen. Per Mai wurden so 664.000 Menschen aus der Statistik befördert. Damit markiert der Anteil der Bevölkerung, der nicht mehr in der Statistik auftaucht, mit 94,7 Millionen Amerikanern einen neuen historischen Höchstwert.
Der Rückgang der Partizipationsrate, die auf dem niedrigsten Niveau deit den 70er Jahren oszilliert, unterstreicht die Schwäche des US-Arbeitsmarkts.
© Zerohedge
Der stärker beachtete "Nonfarm-Payroll Report" lieferte eine herbe Enttäuschung. Es wurden magere 38.000 Jobs generiert. Die Prognose lag bei 162.000 neu geschaffenen Stellen. Mehr noch wurden die beiden Vormonate um 59.000 Jobs nach unten revidiert. Der Abschwächungstrend am US-Arbeitsmarkt lässt sich an nachfolgendem Chart deutlich erkennen.
© Moody’s Economy.com
Ob diese Daten einen soliden und positiven Arbeitsmarkt signalisieren, muss jeder Leser selbst für sich entscheiden, aber aufgrund dieser Arbeitsmarktdaten sind die Erwartungen an Zinserhöhungen der Federal Reserve per Juni und auch Juli deutlich geschliffen worden.
Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.1080 - 1.1110 neutralisiert den positiven Bias.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
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