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Dinge nehmen ihren Lauf

14.06.2016  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1282 (07.51 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1238 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 105.95. In der Folge notiert EUR-JPY bei 119.53. EUR-CHF oszilliert bei 1.0877.

Die Dinge nehmen ihren Lauf. Ob die Richtung Sinn stiftend ist, darf diskutiert werden.

Das auflagenstärkste britische Boulevardblatt "Sun" plädiert laut für einen Brexit. Es sei die letzte Chance des UK, sich von der undemokratischen Brüsseler Maschine zu befreien (Titelseite). Die letzte ICM-Umfrage (Guardian) sieht die "Brexiteers" mit 53% deutlich vor den "Bremains" bei 47%. Ja, die nicht nur britische Kritik ist, Boulevard hin oder her, nicht vollständig unbegründet.

Das Fundament der EU und der Kommission ist auf keinen Fall undemokratisch, da die Protagonisten von demokratisch legitimierten Regierungen bestimmt werden, aber es ist eben eine indirekte demokratische Legitimierung für machtvolle Positionen. Das gilt es, perspektivisch zu ändern.

Das Thema der Freizügigkeit in der EU ist den Briten, aber auch anderen Ländern der EU nicht genehm.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Erweiterungspolitik durch die EU, die entscheidende Grundlage dieses Problems ist, nicht einer expliziten Zustimmung der Menschen in der EU bedarf, denn die damit verbundenen finanziellen und gesellschaftspolitischen Kosten sind fraglos erheblich und werden von den EU-Menschen mehr als von den EU-Eliten im täglichen Leben geschultert?

Fakt ist, dass gerade im Rahmen der Ost-Erweiterungspolitik der EU in den überwiegenden Fällen die Standards, die von den Beitrittsländern hätten erfüllt werden müssen, um den Beitritt sachlich unbestechlich zu gewährleisten, nicht erfüllt wurden.

Genau dieses Problem der "heißen Naht" fällt der EU heute auf die Füße. Bei dem Beitritt zur Eurozone wurden vergleichbare Fehler gemacht (allen voran Griechenland mit Goldman-Hilfe).

Auch die aktuelle Assoziierungspolitik der EU wirft die Frage auf, in wie weit diese Länder ansatzweise die erforderlichen Standards erfüllen und ob die damit verbundenen Kosten ökonomisch, finanziell und gesellschaftspolitisch in dieser Form gegenüber den Bürgern der EU verantwortbar sind, denn unsere Regierungen und EU-Eliten sind den EU-Bürgern und nicht Drittstaaten verpflichtet.

Sollte es nicht zu einer Neuorientierung kommen, spielen die Eliten der EU mit der Zukunft dieses Gebildes.

Wachstum muss in Unternehmen konsolidiert werden, ansonsten nehmen Existenzrisiken zu. Das gilt auch für Staatengebilde. Am Ende muss auch die Frage stehen, wem diese Erweiterungspolitik mit der "heißen Naht" nützt und wessen Agenda damit erfüllt wird, wenn man den aktuellen Scherbenhaufen betrachtet? Hat das unter Umständen etwas mit Geopolitik zu tun?

Falls unsere Leserschaft darauf Antworten hat, sind wir empfänglich!

Nachdem der JPY unter den Hauptwährungen im Jahr 2016 der Gewinner ist, ohne dass die Fundamental- als auch Strukturdaten dafür auch nur eine zarte Grundlage bieten, erreicht uns Verbalakrobatik seitens des japanischen Finanzministeriums, die diesen Sinnzusammenhang aufgreift: Sollten die schnellen und spekulativen Bewegungen zu Gunsten des JPY andauern, würde darauf reagiert, heißt es aus Tokio. Diese Einlassung stellt eine Warnung möglicher Eingriffe am Devisenmarkt in den Raum.

Ob Worte ausreichen, sei dahin gestellt. Der Markt wird sich voraussichtlich nur durch handfeste Maßnahmen beeindrucken lassen, auch wenn die aktuelle Bewertung des JPY weder mit diskontierten "Cash-Flows" noch mit der Markteffizienztheorie in Einklang zu bringen ist.

Der Blick auf den EUR-JPY Chart impliziert zwar eine gewisse Reife (MACD) der Befestigungsbewegung des JPY, aber die Markttechnik signalisiert durchaus noch weiteres Potential der JPY-Befestigung bis in Bereiche von 110 - 115.

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© Reuters


Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.1080 - 1.1110 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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