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Höherer Risikoappetit zu Wochenbeginn

20.06.2016  |  Eugen Weinberg
Energie

Die Ölpreise haben sich seit Freitagmorgen massiv erholt: Ein Barrel der Sorte Brent verteuert sich um rund 3 USD und überwindet heute Morgen sogar wieder die psychologisch wichtige Marke von 50 USD. Sowie die Verluste zuvor - vor allem die spekulativen Anleger hatten bis Dienstag ihre Netto-Long-Positionen deutlich abgebaut (siehe Tabelle) - ist auch die Erholung primär dem allgemeinen Finanzmarktumfeld zuzuschreiben.

Doch auch wenn der Risikoappetit zuletzt wieder gestiegen ist, bleibt die Stimmung angespannt. Nur ein Votum der Briten für den Verbleib in der EU könnte schnell für Ruhe sorgen. Die Impulse aus dem Fundamentalumfeld am Ölmarkt sind dagegen wenig richtungsweisend. Das Analysehaus Energy Aspects warnt zwar vor einem deutlichen Rückgang von Norwegens Ölproduktion: Wegen Instandhaltungsmaßnahmen sollen im Juni insgesamt 230 Tsd. Barrel pro Tag fehlen. Zudem besteht die Gefahr eines Streiks in Norwegens Ölindustrie.

Aber grundsätzlich konnte Norwegen in jüngster Zeit einige Produktionserfolge verbuchen, und so sollte laut IEA die Produktion 2016 nur marginal unter dem 4-Jahreshoch von 2015 liegen. Zudem berichtete der Öldienstleister Baker Hughes von einer Belebung der Bohraktivitäten in den USA. Der Anstieg der US-Bohrungen war immerhin der dritte und damit längste in Folge, nachdem die Ölbohrungen ihren Abwärtstrend im September letzten Jahres wieder aufgenommen hatten. Offensichtlich werden die Schieferölproduzenten wieder zuversichtlicher, doch die Erholung is unseres Erachtens noch zu zart, als dass man schon von einer Trendwende sprechen kann. Vorerst wird der Rückgang der Schieferölproduktion die Preise wohl stützen.


Edelmetalle

Gold steht nach einer spürbaren Erholungsbewegung am Freitag zum Auftakt in die neue Handelswoche deutlich unter Druck und fällt zeitweise wieder auf 1.280 USD je Feinunze. Belastet wird Gold durch den höheren Risikoappetit der Marktteilnehmer heute Morgen, der sich unter anderem in festen Aktienmärkten und höheren Anleiherenditen widerspiegelt. Es profitiert darüber hinaus nicht vom deutlich abwertenden US-Dollar.

Dieser führt dazu, dass sich Gold in Euro gerechnet noch wesentlich stärker verbilligt (-2% auf 1.125 EUR je Feinunze). In Großbritannien scheint sich das Meinungsbild der Bevölkerung hinsichtlich des "Brexit"-Referendums am Donnerstag zu verschieben. Gemäß den jüngsten Umfragen der Meinungsforschungsinstitute haben mittlerweile die Gegner eines "Brexit" - dem Austritt Großbritanniens aus der EU - wieder einen kleinen Vorsprung. Dies trägt offenbar zu einer gewissen Entspannung an den Finanzmärkten bei, im Zuge derer Gold aktuell weniger gefragt ist.

Das Referendum wird diese Woche aber wohl das bestimmende Thema sein. Die Unsicherheit über den Ausgang der Abstimmung sollte Gold unseres Erachtens Unterstützung geben. Wie die CFTC-Statistik zeigt, haben die spekulativen Finanzinvestoren in der Woche zum 14. Juni ihre Netto-Long-Positionen bei Gold um fast 30% auf ein neues Rekordhoch von 229,2 Tsd. Kontrakte ausgeweitet. Sie haben damit den Preisanstieg von Gold in der Beobachtungsperiode verstärkt.


Industriemetalle

Die Metallpreise profitieren vom höheren Risikoappetit der Marktteilnehmer und dem schwächeren US-Dollar und legen zum Wochenauftakt allesamt zu. Kupfer steigt auf 4.600 USD je Tonne, Zink handelt wieder bei rund 2.000 USD je Tonne und Nickel verteuert sich auf 9.200 USD je Tonne.

Auf den Philippinen hat der neu gewählte Präsident Duterte die Minenunternehmen, deren Anlagen angeblich die Umwelt gefährden, vor einer Schließung gewarnt, sollten sie ihre Anlagen nicht nachrüsten. Die Philippinen sind gemäß Daten des World Bureau of Metal Statistics der weltweit größte Nickelerzproduzent und der Hauptlieferant für China. Sollte es tatsächlich zu Minenschließungen und damit zu einer Verringerung des Angebots kommen, würde sich auch die Lage am Weltmarkt weiter anspannen.

Spiegelbildlich zu Gold haben die spekulativen Finanzinvestoren bei Kupfer laut CFTC-Statistik in der Woche zum 14. Juni ihre Netto-Short-Positionen deutlich ausgeweitet. Diese wurden um 27% auf ein Rekordhoch von 47,3 Tsd. Kontrakte aufgestockt.

Dies war vor allem auf den Aufbau von Short-Positionen zurückzuführen, welche ebenfalls ein Allzeithoch erreichten. Die spekulativen Finanzinvestoren haben damit wohl zum Preisrückgang von Kupfer beigetragen - Kupfer fiel im Beobachtungszeitraum auf ein 4-Monatstief. Die Preisreaktion nach dem Datenstichtag legt nahe, dass mittlerweile wieder einige der Short-Positionen geschlossen wurden.

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Agrarrohstoffe

Die Preise für Mais und Sojabohnen stiegen am Freitag um 2,9% bzw. 2,6%. Wie so oft ist die unklare Witterung ein Hauptgrund - nicht zuletzt die Sorge, dass sich ein La-Nina-Phänomen mit zu heißer und trockener Sommerwitterung in den USA etablieren könnte. Das US-Landwirtschaftsministerium USDA hatte in der Woche zuvor bei beiden Produkten für die laufende und die kommende Saison die erwarteten weltweiten Angebotsdefizite angehoben.

Der Prognose des USDA für 2016/17 liegt dabei noch ein Trendertrag in den USA zugrunde. Jede Abweichung nach unten würde die Bilanzen weiter in den negativen Bereich führen und den weltweiten Lagerabbau beschleunigen. Außerdem hatte das USDA in seinen jüngsten Prognosen die erwarteten US-Exporte 2016/17 bei beiden Produkten angehoben, nachdem die aktuellen Ernten in Südamerika enttäuschten.

Die USA sind weltgrößter Exporteur bei Mais und nach Brasilien zweitgrößter Sojabohnenexporteur. Hinzu kommt die Unsicherheit über die US-Flächenverteilung. Über diese wird erst nach dem am 30. Juni zur Veröffentlichung anstehenden Bericht des USDA mehr Klarheit herrschen. Übertriebene Sorge ist aber nicht angebracht: Die bisherigen Berichte zur Pflanzenentwicklung geben dazu wenig Anlass. Bei Sojabohnen hatte sich die Bewertung zuletzt sogar verbessert. Heute veröffentlicht das USDA seinen wöchentlichen Bericht zur Pflanzenentwicklung.



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