Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Dieselskandal dürfte Platinmarkt nachhaltig beeinflussen

18.07.2016  |  Thorsten Proettel
- Seite 2 -
Open in new window

Kfz-Nachfrage auf Diesel-Markt konzentriert

Der traditionell größte Anteil der Platinnachfrage geht auf die Kraftfahrzeugindustrie zurück, wo das Edelmetall gemeinsam mit Palladium vor allem zur Herstellung von Abgaskatalysatoren verwendet wird. In den letzten Jahren verdrängte das preislich günstigere Palladium jedoch immer mehr das Platin. Nur noch im Bereich der Abgasumwandler für Dieselmotoren überwiegt die Platinnutzung aufgrund besserer technischer Eigenschaften. Dieselmotoren werden außer in Lastkraftwagen in nennenswertem Umfang nur in Westeuropa in Personenfahrzeugen eingesetzt. Der Anteil der Kfz-Industrie an der gesamten Platinnachfrage fiel deshalb von etwa 50% zu Beginn des Jahrtausends auf aktuell rund 40%.


Abgasskandal Sargnagel für Diesel-PKWs?

Der Skandal um geschönte Abgaswerte von Dieselmotoren namhafter deutscher Hersteller führte bereits in Nordamerika zum Aus für solche Antriebe in Personenkraftwagen. Sie sind quasi unverkäuflich. Auch in Europa werden Stimmen laut, Dieselmotoren aus PKWs zu verbannen. Beispielsweise beschloss die französische Regierung Ende Juni, die bislang gewährten Mehrwertsteuernachlässe für Diesel-Firmenfahrzeuge binnen drei Jahren zu streichen. Gemäß Umwelt- und Energieministerin Ségolène Royal seien diese "nicht mehr zu rechtfertigen“. Fast gleichzeitig ließ sich die Präsidentin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger, in den Medien mit den Worten zitieren: "In den hochbelasteten Innenstädten haben Diesel-Fahrzeuge sicher keine Zukunft“.

Nach Messungen des Kraftfahrtbundesamtes erreichten viele Dieselfahrzeuge mit grüner Umweltplakette einen fünf-bis zehnfach höheren Schadstoffausstoß als offiziell von den Herstellern angegeben. Wir gehen deshalb davon aus, dass die Nutzung von Dieselmotoren mittel- bis langfristig stark zurückgehen wird und sich auf LKWs beschränkt, wo aufgrund der höheren Fahrzeiten eine Ausrüstung mit leistungsfähigen und regelkonformen aber teuren Abgaskatalysatoren wirtschaftlich ist. Für private PKW-Halter dürften die Kosten vermutlich zu hoch sein, und angesichts der angedachten Einführung einer violetten Umweltplakette wird diese Käufergruppe möglicherweise schon bald einen großen Bogen um Dieselmotoren machen.


Schmucknachfrage hängt an China

Mit rund 76 Tonnen beziehungsweise etwa 35% an der Gesamtnachfrage ist die Nutzung als Schmuckmetall der zweitwichtigste Verwendungszweck für Platin. Hiervon entfallen wiederum fast 50 Tonnen allein auf die Volksrepublik China, dem weltweit mit Abstand größten Markt für Ringe und Ketten aus Platin.

Die heute im Vergleich zum Jahresanfang weniger düsteren Konjunkturperspektiven für das Reich der Mitte mögen zwar zu der Einschätzung verleiten, dass damit auch die Perspektiven für die Platinnachfrage wieder besser geworden sein. Tatsächlich bewegte sich der Bedarf in den vergangenen Jahren aber nur unter kleineren Schwankungen um die Marke von 80 Tonnen, und weder der Preisrückgang in der jüngeren Vergangenheit, noch das höhere Wirtschaftswachstum vor und nach 2008 änderten hieran etwas.


Fazit

Die ausgesprochen niedrige Bewertung von Platin in der zweiten Jahreshälfte 2015 wurde durch den Anstieg der Notierungen in den letzten Monaten beendet. Auf dem derzeit erreichten Niveau rechnen wir mit keiner Fortsetzung der Verteuerung. Die immer noch als gut zu bezeichnende konjunkturelle Lage in den Märkten Westeuropas dürfte die Kfz-Nachfrage zunächst stabil halten. Mittel- bis langfristig rechnen wir aber mit einem Rückgang des Anteils von Dieselaggregaten in der PKW-Herstellung, die nicht durch einen höheren Materialeinsatz im LKW-Bereich ausgeglichen werden dürfte. Es ist deshalb denkbar, dass die Platinnotierungen über unseren Prognosehorizont hinaus eher wieder sinken.

Nichtsdestotrotz bestehen für industrielle Anwender durch die fast schon monopolartige Stellung Südafrikas auf der Angebotsseite weiterhin hohe Verfügbarkeitsrisiken. Die Kaprepublik vereinigt etwa drei Viertel der weltweiten Förderung auf sich.


© Thorsten Proettel
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart



Diese Publikation beruht auf von uns nicht überprüfbaren, allgemein zugänglichen Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit und Vollständigkeit wir jedoch keine Gewähr übernehmen können. Sie gibt unsere unverbindliche Auffassung über den Markt und die Produkte zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses wieder, ungeachtet etwaiger Eigenbestände in diesen Produkten. Diese Publikation ersetzt nicht die persönliche Beratung. Sie dient nur zu Informationszwecken und gilt nicht als Angebot oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf. Für weitere zeitnähere Informationen über konkrete Anlagemöglichkeiten und zum Zwecke einer individuellen Anlageberatung wenden Sie sich bitte an Ihren Anlageberater.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"