Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Amerikas Wirtschaft - enttäuschend in mehrfacher Hinsicht

01.08.2016  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1170 (08.00 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1074 im europäischen Handel markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 102.42. In der Folge notiert EUR-JPY bei 114.42. EUR-CHF oszilliert bei 1.0828.

Wer sich vor einigen Monaten kritisch über die angestrebte Zinswende in den USA geäußert hat, war deutlich in der Minderheit. Analog zu den hoch gesteckten Erwartungen an die US-Notenbank waren die Kursentwicklungen im Dollar klar vorherzusehen, ein Absinken unter die Parität galt unter den großen Investmentbanken als gesicherte Erkenntnis und wurde so in den (Wirtschaftsmedien) nur zu gerne weitergetragen.

Nun, wir wissen inzwischen, dass wir mit unserer skeptischen Haltung Recht behielten. Weder konnte der Dollar nur ansatzweise die ihm zugeschriebene Aufwertung zeigen und das hat einen klaren Hintergrund.

Das von den Medien schon häufiger an den Rande des Abgrunds geschriebene Europa hat die USA inzwischen vom Wachstum deutlich überholt, wie die letzten Daten nochmals bezeugen. Rechnerisch vergleichbar stellt sich die Situation wie folgt dar:

Während die Wirtschaft in den Vereinigten Staaten im ersten Halbjahr nur um magere 0,24% wuchs, waren es in der Eurozone 0,90%, das entspricht dem Faktor 3,75…

Trotz Europas vielfältiger Probleme zeigt sich die Wirtschaft widerstandsfähiger als die amerikanische Wirtschaft - während die europäische Wirtschaft überwiegend aus eigener Kraft zulegen kann, liegen außerhalb Europas die Budgetdefizite deutlich höher.

Dem üblichen Muster folgend, fand eine Revision der letzten Quartale statt, die unter anderem das erste Quartal mit 0,8% nach vorher gemeldeten 1,1% herabsetzte.

Wie der Chart verdeutlicht, zeigt sich nach dem Tapering-Abschluss (4Q 2014) eine fortgesetzte Schwäche in der US-Ökonomie. Dabei gilt mehr denn je, dass auch massive Subventionierungen u.a. durch Zinspolitik, Vorkrisen-Kreditstandards oder niedrige Benzinpreise der US-Wirtschaft keinen Auftrieb gegeben haben. Im Gegenteil - nach der Mini-Zinserhöhung im 4Q 2015 wurde das Wachstum fast vollständig abgewürgt.

Open in new window
© Zerohedge


Besonders aus dem Privatsektor wurden die Abwärtsrevision ausgelöst. Aber damit nicht genug, besonders eine deutliche Revision des zweiten Quartals 2015, das die Datenbasis für die historische Zinserhöhung im Dezember lieferte, wurde aggressiv von 3,9% auf 2,6% revidiert.

Man stellt sich angesichts dieser dramatischen Abwärtsrevisionen nach einem Jahr abermals die Frage über die Datenqualität. Es schließt sich unweigerlich die Frage an, warum die Fed auf der vorliegenden Datenbasis (diese Revisionen sind Muster, kein Einzelfall) weitreichende Entscheidungen trifft. Auch in 2016 wird dieselbe Karte gespielt - man möchte auch in der aktuellen Situation datenabhängig entscheiden, ob und wann man die Geldzügel weiter anziehen möchte.

Wie sinnvoll ist die gewollte Abhängigkeit von Daten, die im Nachhinein extrem revisionsanfällig sind?

Dass wir weiter nicht an eine Zinswende (upps, man liest hiervon plötzlich nichts mehr..) glauben, müssen wir nicht gesondert betonen. Im Gegenteil - die Möglichkeit auf eine neue Runde QE sind mit diesen ernüchternden Zahlen wieder angestiegen. In den zurückliegenden drei Quartalen war der Aufschwung so wenig ausgeprägt wie seit 1949 nicht mehr! Das sind keine Geräusche, das sind Alarmsignale aus Washington!

Wer nach diesen Zahlen noch den Aussagen einiger Fed-Gouverneure Glauben mag, dass es in den kommenden Monaten zu einer oder zwei Erhöhungen kommen kann, der beweist, dass sein Glaube an die Fed unerschütterlich ist…oder er ein unverbesserlicher Optimist ist.

Abwärts geht die Stimmung der Verbraucher, wenn man sich das das Barometer nach Lesart der Universität Michigan mit 90,0 Zählern betrachtet. Im Vormonat lag der Wert noch bei 93,5 Punkten.

Open in new window
© Moody´s


Chicagos Einkaufsmanagerindex ist auf 55,8 Punkte nach 56,8 Zähler gefallen. Man hatte mit einem größeren Rücksetzer auf 54,0 Punkte gerechnet. Da der Index noch deutlich über der Wachstumsschwelle von 50 Indexpunkten notiert, ist die Situation in Chicago als solide zu bezeichnen. Zuletzt hatte auch der Fed National Activity Index Wachstum in der Region signalisiert.

Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.0950 - 1.0970 dreht den Bias.

Viel Erfolg!


© Moritz Westerheide
Bremer Landesbank



Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!



Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"