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Schuldenmonetisierung soll Euro-Crash abwenden

22.08.2016  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 4 -
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Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen


Der Euro-Bankenapparat wird so einen Teil seiner Risikoaktiva los und erhält dafür neues Geld von der EZB. Zugleich nehmen die Sichtguthaben (und damit die Geldmenge M1) beträchtlich zu.

Die EZB hat beträchtliche Kredite von Staaten und Banken in die eigene Bilanz übernommen, deren Ausfälle von den Steuerzahlern zu tragen sind. Zudem hat sie dadurch die Überschussliquidität der Banken drastisch ausgeweitet. Nachdem die EZB die Staatsschulden gekauft hat, kann sie zum Beispiel die Zins- und Tilgungszahlungen erlassen beziehungsweise bis auf weiteres aussetzen ("Moratorium"). Die Staatsschulden verbleiben als "Erinnerungsposten" auf der Aktivseite der EZB - und die Staaten sind jedoch im Prinzip ihre Schulden los. Ein ähnlicher Schuldenerlass ließe sich im Prinzip auch für private Schulden darstellen. Die betrachteten Transaktionen geben einige interessante Einsichten:

(1) Die EZB ist (technisch gesehen) in der Lage, die Kreditausfallsorgen, die dem Euro gefährlich werden können und die zu einem Auseinanderbrechen des Euroraums führen könnten, aus den Märkten zu vertreiben.

(2) Dazu kann die EZB Schuldpapiere von Staaten und Banken aufkaufen und die damit verbundenen Kreditausfallrisiken auf die eigene Bilanz nehmen - und damit den Steuerzahler in Haftung nehmen.

(3) Ein solches Vorgehen der EZB würde die Überschussreserve im Bankensektor und/oder für Nachfragezwecke relevante Geldmenge M1 stark ausweiten - was auf einen Kaufkraftverlust des Euro hinausläuft.

(4) Befürchten die Marktakteure, dass die Anleihekäufe und die damit verbundene Geldmengenvermehrung aus dem Ruder gerät, kann es zu einem Vertrauensverlust in die Euro-Währung kommen. In einem solchen Fall knickt die Geldnachfrage ein. Eine "Flucht aus dem Geld" könnte eine Hoch- oder gar Hyperinflation auslösen, die die Kaufkraft des Euro extrem herabsetzt.

So gesehen ist ein Zusammenbruchszenario für den Euro zwar nicht unmöglich, aber es ist nicht zwangsläufig, und zwar dann nicht, wenn es der EZB gelingt, die Schulden in großem Stil zu monetisieren. Unter den derzeit verfolgten Geldpolitiken sind nicht Kreditausfälle die größte Gefahr für Sparer und Investoren, sondern das Aushöhlen, der Verlust der Kaufkraft des Eurogeldes.


Konsequenzen für die Anlage

Vor diesem Hintergrund bietet es sich für Anleger an, beispielsweise Gold anstelle von Termin- und Spareinlagen zu halten. Das gilt umso mehr in Zeiten, in denen es keinen Zins mehr auf Bankguthaben gibt. Physische Edelmetalle unterliegen - anders als die mittlerweile unverzinslichen Termin- und Spareinlagen - keinem Ausfallrisiko. Zudem sollte der Anleger auch über das Investieren in Aktien nachdenken. Aber nicht irgendwelche Aktien, sondern Aktien von Unternehmen, die auch in inflationären Zeiten noch erfolgreich wirtschaften können. Das können nämlich nicht alle Unternehmen. (1)

Unternehmen aber, die "inflationsresistente" Geschäftsmodelle haben, sind in der Lage, erhöhte Produktionskosten auf die Absatzpreise überzuwälzen, und auf diese Weise können sie eine nach Abzug der Inflation positive Verzinsung erzielen. Wenn es dem Anleger gelingt, derart geeignete Unternehmensaktien aufzuspüren, und er diese Aktien auch zu günstigen Preisen kaufen kann (indem er beispielsweise bei Kursrückschlägen an der Börse zugreift), kann er den Folgen der Inflation nicht nur entgehen. Er hat dann auch die Möglichkeit, langfristig eine positive Rendite nach Abzug der Inflation auf sein Kapital zu verdienen.

Wie gesagt, eine solche Ausrichtung der Geldanlage erscheint sinnvoll für Anleger zu sein, die zum Schluss kommen, dass ein Zusammenbruchszenario des Euro zwar ein mögliches Szenario ist, dass es aber nicht das wahrscheinlichste ist angesichts der Möglichkeiten der EZB, die Euroschulden in großem Stile und zeitlich gestreckt zu monetisieren.


Zusammenfassung:

  • Die Zentralbanken halten die Zinsen weiterhin niedrig und schaffen neues Geld, um einen 'Crash' abzuwehren.

  • Noch ist ihre Trickkiste nicht erschöpft, noch gibt es Möglichkeiten, die Folgen der Überschuldung abzuwehren.

  • Vor allem die Europäische Zentralbank (EZB) wird wohl noch Schulden in ganz großem Stil aufkaufen, also monetisieren.

  • Die damit verbundene Geldmengenvermehrung dürfte die Kaufkraft des Euro früher oder später schmälern.

  • Der Geldwertverfall, nicht das Ende des Euro scheint die vorrangige Gefahr zu sein, der Sparer und Investoren ausgesetzt sind.

  • So gesehen macht es Sinn, auf Gold und auf Aktien von Unternehmen mit inflationsresistenten Geschäftsmodellen zu setzen.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


(1) Siehe hierzu zum Beispiel den legendären Aufsatz von Warren E. Buffet aus dem Jahr 1977: "How inflation swindles the equity investor".



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