Die ungelösten Probleme der Eurozone - Rückendeckung für den Goldpreis in den kommenden Monaten?
03.10.2016 | Thorsten Proettel
Vier Jahre seit “Whatever it takes.”
Der Sommer 2012 ist vielen Zeitgenossen als eher kühl und verregnet in Erinnerung geblieben. Er war also gefühlt längst nicht so schön, wie der diesjährige. An den Börsen ging es dagegen heiß her. Griechenland führte einen Schuldenschnitt durch. Der deutsche Aktienindex DAX brach bis Juni um mehr als 1.000 Punkte ein und italienische Staatsanleihen rentierten mit mehr als 6%.
Spanische und portugiesische Anleihen warfen sogar 7% beziehungsweise 11% ab. Der Goldpreis bewegte sich im Bereich zwischen 1.600 und 1.800 USD, also deutlich höher als heute. EZB-Chef Mario Draghi versprach in dieser Lage auf einer Investorenkonferenz in London, alles tun zu wollen, um den Euro zu erhalten. Sein Ausspruch "Whatever it takes" gelangte zu Berühmtheit.
Kollaps wurde verhindert
Mittlerweile sind mehr als vier Jahre vergangen. Was passierte in der Zwischenzeit? Draghi gelang es bekanntlich, zunächst mit der bloßen Ankündigung die Krisenstimmung zu beenden. Der Rückgang des Goldpreises in der zweiten Jahreshälfte 2012 spiegelt die größere Zuversicht an den Weltbörsen wider. Ein unmittelbarer Kollaps der Eurozone wurde vermieden. Außerdem erreichte Draghi in der Folgezeit mit einer extrem lockeren Geldpolitik und Anleihenkäufen eine bis jetzt andauernde Stabilisierung der Lage.
Neue Krise möglich?
Bei den positiven Wirkungen handelt es sich bis jetzt aber im Großen und Ganzen nur um eine Besserung der Symptome. Die Ursachen der Krise wie die ausufernde Verschuldung der Mitgliedstaaten, die Missachtung der Stabilitätsregeln, abweichende Erwartungshaltungen über die Aufgaben der Notenbank und unterschiedlich starke Wirtschaftsräume blieben bestehen. Auch die grundsätzlichen Konstruktionsfehler, wie die grenzenlose Kreditschöpfung über das TARGET-Zahlungsverkehrssystem, wurden nicht beseitigt. Die Frage bleibt deshalb bestehen, ob die Eurokrise von 2012 wieder zurückkehren und den Goldpreis antreiben könnte.
Lösungswege werden nicht beschritten
Zu Draghis persönlicher Entlastung ist zu sagen, dass er für Besserungsmaßnahmen nur Zeit kaufen kann. Tätig werden müssen die Mitgliedsstaaten beziehungsweise die EU-Kommission. Welche Lösungsschritte in den letzten vier Jahren oder zukünftig möglich gewesen wären beziehungsweise sind und weshalb sie scheitern, wurde hier bereits ausführlich diskutiert. An dieser Stelle soll deshalb nur eine kurze Zusammenfassung stehen:
Der ursprünglich verfolgte und schon Anfang der 1990er Jahre in Maastricht angedachte Weg der Durchsetzung von harten Regeln dürfte sich zukünftig kaum etablieren. Er ist bereits gescheitert, wie zuletzt der laxe Umgang der EU-Kommission mit den Haushaltssündern Spanien und Portugal belegte. Brüssel drückte beide Augen zu, als die Neuverschuldung höher als erlaubt ausfiel. Und auf Paris gemünzt ließ Kommissionschef Jean-Claude Juncker verlauten, man dürfe es wegen dem zu hohen Defizit nicht so hart anfassen, "weil es Frankreich ist".
Mehr Umverteilung scheitert am Norden
Eine denkbare Alternative zur Überwindung der Probleme wäre eine verstärkte Integration der Einzelstaaten mit einer zentralen Wirtschaftsregierung, einem einzigen Finanzhaushalt und einem tiefgreifenden Umverteilungsmechanismus, beispielsweise durch eine europäische Arbeitslosen- und Rentenversicherung.
Abgesehen von dem notwendigen Zeitaufwand bis zur Umsetzung scheitert diese Lösung bislang an dem verständlichen Widerstand der nördlichen Geberländer der Eurozone. Sie dürfte auf absehbare Zeit auch nicht kommen. Als weitere Variante bliebe die Neuadjustierung des Teilnehmerkreises. Dagegen sprechen aber die Angst der Politiker vor einem Dominoeffekt und die Tendenz zum Hoffen auf bessere Zeiten, die sich auch an den mittlerweile drei Rettungspaketen für Griechenland zeigt.
Probleme bei Schönwetter wenig relevant
Zumindest in den letzten Jahren kehrte die Angst vor einem Ende der Eurozone trotz der zwischenzeitlichen Griechenlandkrisen nicht zurück. Das lag unter anderem daran, dass sich die Eurozone in einer Schönwetterperiode mit niedrigem aber positivem Wirtschaftswachstum, niedriger Inflation und niedrigen Rohstoffpreisen, ruhig gestellten Finanzmärkten sowie einem vorteilhaften Wechselkurs für die Exporte befand. Schwierig wird es, wenn der Wind dreht.
Sturmtief voraus?
Da einige Wahltermine anstehen, kann nicht ausgeschlossen werden, dass von politischer Seite Gegenwind zu erwarten ist. Die kommenden Monate werden zeigen, inwieweit die Vereidigung der neuen US-Regierung für Europa relevante Änderungen mit sich bringt.
Hillary Clinton wird nachgesagt, eher auf Konfrontationskurs mit Russland gehen zu wollen. Auf der anderen Seite irritieren Aussagen von Donald Trump, wonach er den gemeinsamen Schutz der baltischen Nato-Staaten in Abrede stellt. Unabhängig hiervon könnte sich der Goldpreis nach einer Wahl Trumps zunächst verbilligen. Die hierdurch ausgelöste Verunsicherung könnte zu einem Abzug US-amerikanischen Anlagekapitals aus dem Ausland und somit paradoxerweise zu einer Aufwertung des US-Dollars führen. Eine stärkere US-Währung bewirkt wiederum oftmals schwächere Goldnotierungen.
Der Sommer 2012 ist vielen Zeitgenossen als eher kühl und verregnet in Erinnerung geblieben. Er war also gefühlt längst nicht so schön, wie der diesjährige. An den Börsen ging es dagegen heiß her. Griechenland führte einen Schuldenschnitt durch. Der deutsche Aktienindex DAX brach bis Juni um mehr als 1.000 Punkte ein und italienische Staatsanleihen rentierten mit mehr als 6%.
Spanische und portugiesische Anleihen warfen sogar 7% beziehungsweise 11% ab. Der Goldpreis bewegte sich im Bereich zwischen 1.600 und 1.800 USD, also deutlich höher als heute. EZB-Chef Mario Draghi versprach in dieser Lage auf einer Investorenkonferenz in London, alles tun zu wollen, um den Euro zu erhalten. Sein Ausspruch "Whatever it takes" gelangte zu Berühmtheit.
Kollaps wurde verhindert
Mittlerweile sind mehr als vier Jahre vergangen. Was passierte in der Zwischenzeit? Draghi gelang es bekanntlich, zunächst mit der bloßen Ankündigung die Krisenstimmung zu beenden. Der Rückgang des Goldpreises in der zweiten Jahreshälfte 2012 spiegelt die größere Zuversicht an den Weltbörsen wider. Ein unmittelbarer Kollaps der Eurozone wurde vermieden. Außerdem erreichte Draghi in der Folgezeit mit einer extrem lockeren Geldpolitik und Anleihenkäufen eine bis jetzt andauernde Stabilisierung der Lage.
Neue Krise möglich?
Bei den positiven Wirkungen handelt es sich bis jetzt aber im Großen und Ganzen nur um eine Besserung der Symptome. Die Ursachen der Krise wie die ausufernde Verschuldung der Mitgliedstaaten, die Missachtung der Stabilitätsregeln, abweichende Erwartungshaltungen über die Aufgaben der Notenbank und unterschiedlich starke Wirtschaftsräume blieben bestehen. Auch die grundsätzlichen Konstruktionsfehler, wie die grenzenlose Kreditschöpfung über das TARGET-Zahlungsverkehrssystem, wurden nicht beseitigt. Die Frage bleibt deshalb bestehen, ob die Eurokrise von 2012 wieder zurückkehren und den Goldpreis antreiben könnte.
Lösungswege werden nicht beschritten
Zu Draghis persönlicher Entlastung ist zu sagen, dass er für Besserungsmaßnahmen nur Zeit kaufen kann. Tätig werden müssen die Mitgliedsstaaten beziehungsweise die EU-Kommission. Welche Lösungsschritte in den letzten vier Jahren oder zukünftig möglich gewesen wären beziehungsweise sind und weshalb sie scheitern, wurde hier bereits ausführlich diskutiert. An dieser Stelle soll deshalb nur eine kurze Zusammenfassung stehen:
Der ursprünglich verfolgte und schon Anfang der 1990er Jahre in Maastricht angedachte Weg der Durchsetzung von harten Regeln dürfte sich zukünftig kaum etablieren. Er ist bereits gescheitert, wie zuletzt der laxe Umgang der EU-Kommission mit den Haushaltssündern Spanien und Portugal belegte. Brüssel drückte beide Augen zu, als die Neuverschuldung höher als erlaubt ausfiel. Und auf Paris gemünzt ließ Kommissionschef Jean-Claude Juncker verlauten, man dürfe es wegen dem zu hohen Defizit nicht so hart anfassen, "weil es Frankreich ist".
Mehr Umverteilung scheitert am Norden
Eine denkbare Alternative zur Überwindung der Probleme wäre eine verstärkte Integration der Einzelstaaten mit einer zentralen Wirtschaftsregierung, einem einzigen Finanzhaushalt und einem tiefgreifenden Umverteilungsmechanismus, beispielsweise durch eine europäische Arbeitslosen- und Rentenversicherung.
Abgesehen von dem notwendigen Zeitaufwand bis zur Umsetzung scheitert diese Lösung bislang an dem verständlichen Widerstand der nördlichen Geberländer der Eurozone. Sie dürfte auf absehbare Zeit auch nicht kommen. Als weitere Variante bliebe die Neuadjustierung des Teilnehmerkreises. Dagegen sprechen aber die Angst der Politiker vor einem Dominoeffekt und die Tendenz zum Hoffen auf bessere Zeiten, die sich auch an den mittlerweile drei Rettungspaketen für Griechenland zeigt.
Probleme bei Schönwetter wenig relevant
Zumindest in den letzten Jahren kehrte die Angst vor einem Ende der Eurozone trotz der zwischenzeitlichen Griechenlandkrisen nicht zurück. Das lag unter anderem daran, dass sich die Eurozone in einer Schönwetterperiode mit niedrigem aber positivem Wirtschaftswachstum, niedriger Inflation und niedrigen Rohstoffpreisen, ruhig gestellten Finanzmärkten sowie einem vorteilhaften Wechselkurs für die Exporte befand. Schwierig wird es, wenn der Wind dreht.
Sturmtief voraus?
Da einige Wahltermine anstehen, kann nicht ausgeschlossen werden, dass von politischer Seite Gegenwind zu erwarten ist. Die kommenden Monate werden zeigen, inwieweit die Vereidigung der neuen US-Regierung für Europa relevante Änderungen mit sich bringt.
Hillary Clinton wird nachgesagt, eher auf Konfrontationskurs mit Russland gehen zu wollen. Auf der anderen Seite irritieren Aussagen von Donald Trump, wonach er den gemeinsamen Schutz der baltischen Nato-Staaten in Abrede stellt. Unabhängig hiervon könnte sich der Goldpreis nach einer Wahl Trumps zunächst verbilligen. Die hierdurch ausgelöste Verunsicherung könnte zu einem Abzug US-amerikanischen Anlagekapitals aus dem Ausland und somit paradoxerweise zu einer Aufwertung des US-Dollars führen. Eine stärkere US-Währung bewirkt wiederum oftmals schwächere Goldnotierungen.