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Eurozone auf der Überholspur?

11.10.2016  |  Folker Hellmeyer
EZB, Ansätze eines Zugzwangs?

Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1132 (07.35 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1120 im asiatischen Handel markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 103.93. In der Folge notiert EUR-JPY bei 115.708. EUR-CHF oszilliert bei 1.0947. Europaskeptiker haben keine leichte Zeit.

Die Datensätze passen nicht zu dem Blues, dass die Eurozone scheitern wird. Nun ist es definitiv aber nicht an der Zeit, alle Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, ob instabiler Bankensektor, ob zu hohe Staatsquoten oder überregulierte Arbeitsmärkte in einzelnen Ländern der Eurozone, klein zu reden.

Dennoch gilt es festzuhalten, dass in einem Umfeld einer schwächlichen Konjunkturlage in den USA sowohl die Eurozone als auch China sich erfreulich entwickeln.

Man kann einen Emanzipationspfad von dem Wirtschaftszyklus der USA in Europa, in China und auch in zarten Ansätzen in Russland ausmachen.


Kommen wir zu den Fakten:

Der Sentix-Index der Eurozone für den Berichtsmonat Oktober überzeugte gestern mit einem nicht erwarteten Anstieg von zuvor 5,6 auf 8,5 Punkte. Die Konsensusprognose lag bei lediglich 6,3 Zählern. Der Index markierte damit den höchsten Stand seit dem Zwischenhoch per Juni 2016 und den dritthöchsten Indexstand im laufenden Jahr.

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© Reuters


Die Industrieproduktion Italiens lieferte gestern einen Paukenschlag, der aber an den Märkten verhallte. Im Monatsvergleich kam es per August zu einem Anstieg um 1,7%. Die Prognose war bei -0,1% angesiedelt. Mehr noch wurde der Vormonatswert von +0,4% auf +0,7% revidiert. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 4,1%. Die Prognose lag bei -0,4%. Nach Deutschland und Frankreich reiht sich jetzt Italien in das Überraschungskonzert bei der Industrieproduktion per August ein. Wir sind äußerst erfreut, aber für Euphorie gibt es keinen Grund. Die Frage ist ob dieser Schwalbe weitere folgen werden?

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© Reuters


Gestern wurde OECD-Frühindikator per August veröffentlicht. Auch hier punktet die Eurozone (100 Punkte = Wachstum im langjährigen Mittel). Der Index für die gesamt OECD liegt bei 99,7 Punkten, ergo wirtschaftliche Expansion unter dem langjährigen Durchschnitt.

  • Der Indexwert der Eurozone verharrte bei 100,3 Punkten.
  • Italiens Wert verharrte bei 100,4 Punkten.
  • Frankreichs Wert lag unverändert bei 100,4 Punkten.
  • Spanien Wert sank von 100,7 auf 100,6 Zähler.
  • Portugals Wert lag unverändert bei 100,6 Punkten.
  • Deutschlands Wert verharrte bei 99,9 Zählern.

Dazu im Vergleich:

  • Der Indexwert der USA liegt bei 99,0 Punkten.
  • Der Indexwert des UK stellt sich auf 99,5 Punkte.
  • Der Indexwert Japans lag bei 99,7 Zählern.

Vor diesen Hintergründen wird die Debatte über einen Exit der EZB aus den Notfallmaßnahmen zunehmend verständlich. Wir begrüßen von Herzen und mit Verstand die jetzt in Bewegung gekommene Debatte. An sich ist die Debatte überfällig. Das Ratsmitglied Visco betonte, dass ein Ausstieg aus dem Aufkaufprogramm von den Konjunkturdaten abhängen würde. Es sei schwierig derzeit terminliche Fixierungen vorzunehmen.

Anders ausgedrückt darf sich der Devisenmarkt mit einer potentiell neuen Konstellation beschäftigen.

Der Blick nach China ist erfrischend. Der böige Wind wirtschaftlicher Expansion erfrischt Geist und Seele. Die Katalysatoren "One Belt - One Road" und die Seidenstraße als Teil davon entfalten ihre Wirkung. Aristoteles würde sich freuen.

Wir freuen uns, dass das Timing im Jahresausblick bezüglich der wirtschaftlichen Effekte per Mitte des Jahres eine Punktlandung war. Laut Regierungsangaben lief die chinesische Wirtschaft im 3. Quartal besser als zuvor prognostiziert. Industrieproduktion, Gewinne und Investitionen legten im dritten Quartal zu. Ministerpräsident Li Keqiang betonte, dass in den Städten neun Millionen neue Jobs entstanden seien. Man werde die bei 6,5% - 7,0% angesiedelte Wachstumszielzone per 2016 erreichen.

Ja, und Russland kommt auch wieder langsam in Fahrt:

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© Moody’s Analytics


Im Rahmen der Sanktionspolitik des Westens muss die Frage gestellt werden, wer sich ultimativ eigentlich isoliert? Liegt unter Umständen eine Überschätzung/Hybris des Westens vor? Haben sich die aufstrebenden Länder nicht wegen des Missbrauchs des westlichen ordnungspolitischen Rahmens mit der AIIB, der New Development Bank und CIPS emanzipiert?

Wer internationales Recht einfordert, sollte sich vielleicht selbst dran halten. Ansonsten wäre der westliche ordnungspolitische Rahmen ja ein Unterordnungsmnodell für Drittländer. Wer seine eigene Souveränität und Kultur nicht mit Füßen tritt, muss sich gegen eine solche Struktur wehren.

Die Infragestellung der Sanktionspolitik ist angebrachter denn ja, weil die aufstrebenden Länder (Führungsachse, China, Indien, Russland) einen Anteil an der Weltwirtschaft in Höhe von 62% haben, dass sie für 85% der Weltbevölkerung stehen und 70% der Weltdevisenreserven haben. Mehr noch wachsen diese Länder in einer Bandbreite zwischen 4% - 5,5%. Russland ist integraler Bestandteil dieser Achse.

Was heißt das für das exportorientierte Deutschland? Fragen über Fragen …

Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.0950 - 1.0970 dreht den Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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