Unsicherheit steigt - Chancen nutzen
17.10.2016 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Konfrontation mit Russland, Krieg in SyrienUnter Clinton ist keine Änderung im Vorgehen der Amerikaner zu erwarten. Eine Eskalation der Konfrontation mit Russland und der kriegerischen Auseinandersetzung in Syrien und anderen Ländern in Nahost wäre nicht von der Hand zu weisen. Unter Trump, der vermutlich für eine weniger militärisch-expansive, eher isolationistische US-Außenpolitik vertreten würde, wäre eine Entschärfung der Konfliktherde eher wahrscheinlich. Sollte sich Amerika unter Trump weltmachtpolitisch zurückziehen, käme es zu einer Neuausrichtung der weltweiten Sicherheitsbalance - was vermutlich in vielen Regionen der Welt nicht konfliktfrei ablaufen würde.
Niedrige Zinsen, noch mehr Geld
Das weltweite Banken- und Finanzsystem ist unter den hohen Schulden zusehends krisenanfällig geworden. Aus diesem Grund sind zunehmende wirtschaftliche und politische Unsicherheiten besonders heikel. Der Druck auf die Zentralbanken steigt nämlich, Abschwunggefahren und drohende Preiseinbrüche auf den Finanzmärkten mittels niedriger Zinsen und dem Anwerfen der elektronischen Notenpresse abzuwenden. Mit anderen Worten: Die Wahrscheinlichkeit, dass die Politik der Niedrigzinsen (in nominaler und realer Rechnung) und der Geldmengenvermehrung fortgeführt wird, ist sehr hoch.
Quelle: Thomson Financial
Der Grund, dass die deutschen Zinsen seit einiger Zeit auf oder sogar unter der Nulllinie liegen, ist nicht etwa der, dass zu viel gespart und zu wenig investiert wird. Die Europäische Zentralbank (EZB) ist vielmehr dafür maßgeblich verantwortlich. Zum einen hat sie Kurzfristzinsen in den Negativbereich gesenkt, und das zieht auch alle übrigen Zinsen auf beziehungsweise unter die Nulllinie. Zum anderen verstärkt sie diesen Effekt durch ihre Anleihekäufe. Die EZB treibt die Anleihekurse in die Höhe, und entsprechend sinken die Renditen ab.
In diesem Zusammenhang darf nicht übersehen werden, dass das ungedeckte Papiergeldsystem grundsätzlich inflationär ist. Die Inflation, für die es sorgt, zeigt sich aber nicht nur in den Konsumentenpreisen, sondern auch in den Preisen für zum Beispiel Aktien und Häuser. Und diese Inflation ist üblicherweise höher als die offizielle Konsumentenpreisinflation. Das fortlaufende Inflationieren ist kein Zufall: Ohne Inflation (im Sinne einer Geldmengenausweitung) lässt sich das ungedeckte Papiergeldsystem und die Konjunktur, für die es sorgt, nicht in Gang halten.
Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen
* Alle Serien sind indexiert (Q1 1975 = 100).
**Aktienmarktindex Dow Jones geteilt durch die Industrieproduktion (Menge), um näherungsweise an die "reine" Preisentwicklung der Aktienkurse zu gelangen.
* Alle Serien sind indexiert (Q1 1975 = 100).
**Aktienmarktindex Dow Jones geteilt durch die Industrieproduktion (Menge), um näherungsweise an die "reine" Preisentwicklung der Aktienkurse zu gelangen.
Quelle: Bloomberg. Die grauen Flächen markieren Quartale, in denen die Geldmenge gegenüber dem Vorjahr schneller gewachsen ist als das nominale BIP.
Inflation verlangt nach immer mehr Inflation. So verwundert es nicht, dass es Empfehlungen gibt, die Zentralbanken sollten doch die Inflation weiter in die Höhe befördern. So lautet die Botschaft eines Papiers, das der Präsident der Federal Reserve Bank of San Francisco, John C. Williams (er wird als einflussreicher Protegé von Fed-Chefin Janet L. Yellen gesehen) am 15. August 2016 veröffentlicht hat. Dahinter verbirgt sich die Überlegung, dass eine "etwas" höhere Inflation vorteilhaft für die Volkswirtschaft sei. Aber das ist natürlich ein Trugschluss. (1)
Jede ungedeckte Papierwährung unterliegt der Gefahr, durch Inflation entwertet zu werden; der Euro ist keine Ausnahme. Als Monopolisten der Geldproduktion könnten die Zentralbanken, wenn es politisch gewünscht ist, die Geldmenge im Grunde jederzeit und in jeder gewünschten Menge ausweiten. Beim Euro kommt jedoch noch erschwerend hinzu, dass er - anders als der US-Dollar oder der japanische Yen - neben dem Inflationsrisiko zusätzlich auch noch das Risiko eines Auseinander- beziehungsweise Zusammenbrechens trägt. Damit ist der Euro gewissermaßen risikoreicher als die anderen großen Währungen.