Erholung kommt (aber evtl. erst nach der US-Wahl)
19.10.2016 | Florian Grummes
- Seite 4 -
Genau wie in USD hat die Korrektur den Silberpreis auch in Euro gerechnet exakt bis an seine steigende 200-Tageline (15,40 EUR) zurückgeworfen. Diese wichtige Durchschnittslinie gehört zum Standardrepertoire eines jeden Charttechnikers und liefert im aktuellen Fall eine sehr starke Unterstützung, an der die Preise eigentlich wieder nach oben abprallen müssten. Generell lautet der Analysten-Konsens, dass Kurse oberhalb einer steigenden 200-Tagelinie einen Bullenmarkt definieren, während Kurse unterhalb einer fallenden 200-Tagelinie einen Bärenmarkt klassifizieren. Da Märkte immer zu dynamischen Übertreibungen nach oben und unten neigen, kann der Abstand (bzw. die Abweichung) des Preisgeschehens zur 200-Tageline sehr groß bzw. auch zu groß werden. Früher oder später müssen sich das Preisgeschehen und sein Durchschnitt dann aber wieder annähern und gelegentlich auch wiedersehen bzw. berühren.
Genau das ist jetzt also am Silbermarkt erstmals seit Anfang April wieder passiert - nicht mehr und nicht weniger. Ein ganz normaler Vorgang innerhalb eines Aufwärtstrends, schließlich war der Silberpreis im Umfeld der BREXIT-Entscheidung doch etwas über das Ziel hinausgeschossen. Dass dabei die Unterstützungszone um 16,50 USD verloren gegangen ist, erscheint etwas ungünstig, liefert aber noch keinen Grund zu Pessimismus. Im Gegenteil, aktuell ist der Silberpreis derart überverkauft, dass zumindest eine Erholung bis an die 50-Tagelinie (17,00 EUR) ohne Probleme möglich sein sollte.
Im Gegensatz zum Silberpreis in USD und zum Silberminen-ETF hat die Stochastik auf dem Tageschart für den Silberpreis in EUR bereits nach oben gedreht und damit ein Kaufsignal vollzogen. Auch der RSI hat sich aus der überverkauften Zone bereits wieder hervorgearbeitet. Das noch aktive Verkaufssignal beim MACD würde ich in diesem Zusammenhang eher ignorieren. Die entscheidende Hürde auf Sicht der nächsten Wochen und Monate wartet nun in Form der roten Abwärtstrendlinie, welche durch die Verbindung der tieferen Hochs in diesem Sommer entstanden ist. Aktuell verläuft diese Trendlinie bei ca. 17,20 EUR.
Summa summarum erhält der Tageschart das Prädikat "vorsichtig bullisch".
Handelsempfehlung:
Das zuletzt genannte Nachkauflimit bei 16,50 EUR wurde kürzlich zum zweiten Mal ausgeführt. Nutzen sie dringend die aktuell günstigen Kurse mit einem neuen Nachkauflimit unterhalb von 16,10 EUR.
8. Platin
Die erwartete Erholung am Platinmarkt an seiner 200-Tagelinie (1.005,28 USD) ist vollständig misslungen und bestätigt damit als klassische Ausnahme die beim Silberpreis in EUR ausgeführte Regel zur 200-Tagelinie. Vielmehr ist der Platinpreis seit der zweiten Augustwoche bitterböse abgestraft worden und befindet sich in einem sehr dynamischen Abwärtstrend. Seit dem Hoch am 10.August bei 1.199,50 USD hat sich Platin um 22,6% auf 928,30 USD verbilligt!
Die Konsequenz ist natürlich ein völlig überverkaufter Tageschart. Alle drei Indikatoren (insbesondere der RSI) bestätigen diese These. Allerdings zurrt die eingebettete Stochastik den Abwärtstrend zunächst weiter fest und lässt eine baldige Erholung vorerst noch nicht zu.
Den starken Preisverfall haben die kommerziellen Händler natürlich dazu genutzt ihre zuvor getätigten rekordhohen Leerverkäufe in die günstigeren Preise hinein gewinnbringend einzudecken. Vom Terminmarkt wird daher jetzt eine neutrale Konstellation gemeldet, welche den Abgabedruck am Platinmarkt in Kürze beenden sollte. Es liegt zwar noch kein antizyklisches Kaufsignal vor, von einer Bereinigung kann man hier aber schon sprechen. In Verbindung mit dem hohen Pessimismus stehen die Chancen für eine baldige Erholung/Gegenbewegung eigentlich recht gut. Die weiterhin steigende 200-Tagelinie eignet sich hier als realistisches Kursziel für die nächsten Wochen bzw. ein bis zwei Monate recht gut.
Solange aber die Stochastik mit beiden Signallinien unter 20 festhängt, muss der Tageschart mit extrem bärisch bewertet werden. Erst wenn sich dieser Indikator aus seiner misslichen Situation befreien kann, wird eine nachhaltige Erholung möglich.
Handelsempfehlung:
Das empfohlene Nachkauflimit bei 880 EUR wurde Anfang Oktober ausgeführt. Natürlich machen auf dem aktuellen etwas niedrigeren Preisniveau Käufe erst Recht Sinn. Nutzen sie die Korrektur mit einem Limit von 860 EUR.
9. Palladium
Der Palladiumpreis konnte sich im Vergleich mit den anderen Edelmetallen bis dato am besten aus der bärischen Affäre der letzten Wochen entziehen. Zwar ist auch hier seit Anfang Oktober eine dynamische Abwärtsbewegung zu beobachten, allerdings notiert der Palladiumpreis nach wie vor souverän oberhalb seiner steigenden 200-Tagelinie (596,71 USD). Die Korrektur hat die Notierungen bislang „lediglich“ bis in die breite aber solide Unterstützungszone um 630,00 USD zurückgetrieben. Angesichts der "embedded Stochastik" muss der Rücksetzer noch nicht vollständig ausgestanden sein, das Fundament für eine Gegenbewegung ist aber bereits gelegt.
Neben der genannten Unterstützungszone um 630,00 USD wartet bei ca. 620,00 USD noch eine ehemalige Trendlinie, welche ebenfalls als Auffangbecken dienen könnte. Darüberhinaus komplimentiert die 200-Tagelinie (596,71 USD) den starken Support der direkt unterhalb des aktuellen Preisgeschehens auf die Palladium-Bären wartet. Preise unterhalb von 600,00 USD sind daher kurz- und mittelfristig eher unwahrscheinlich.
Zudem hat die Korrektur hat auch den Terminmarkt halbwegs bereinigt, denn die kommerziellen Händler haben hier ihre Shortposition sehr deutlich reduziert. Aufgrund der "embedded Stochastik" muss der Palladium Tageschart vorerst noch mit "extrem bärisch" bewertet. Sobald die Stochastik aber über 20 springt, ist der Weg für eine Erholung bis zur fallenden 50-Tagelinie (684,59 USD) frei.
Handelsempfehlung:
Palladium bleibt bis auf weiteres eine Halteposition.
10. Zusammenfassung & Konklusion
Die seit Anfang Juli im gesamten Edelmetallsektor angelaufene Korrektur hat sich zuletzt beschleunigt und damit erstmals seit langer Zeit wieder für etwas Angst unter den Anlegern gesorgt. Letztlich bewegen sich die Rücksetzer bis dato aber in einem völlig normalen und gesunden Rahmen. Allerdings darf nicht verschwiegen werden, dass sowohl der Gold- als auch der Silberpreis bislang große Müge haben, hier zügig wieder auf die Beine zu kommen bzw. eine Erholung einzuleiten.
Auf allen analysierten Tagescharts (bis auf den Silberpreis in EUR) befindet sich die Stochastik im bärisch "embedded" Zustand. Damit ist der jeweilige Abwärtstrend quasi festgezurrt und die Wahrscheinlichkeit spricht eher für weiteren Abgabedruck. Es benötigt also einen deutlichen Befreiungsschlag, um die Markttechnik aus dieser bärischen Umklammerung zu lösen. Gelingt dies in Bälde, dürften Gold und Silber schnell bis an ihre 50-Tagelinie haussieren. Je länger sie aber knapp oberhalb ihrer 200-Tagelinie lethargisch festkleben, umso größer wird die Gefahr, dass es doch noch zu einem vorübergehenden Durchbruch (Bärenfalle) unter diese wichtige Durchschnittslinie kommt.
Da in den USA bekanntlich in drei Wochen die enorm wichtigen Präsidentschaftswahlen anstehen, wäre ein starker Goldpreisanstieg sicherlich unpassend. Insofern sollte man in den nächsten drei Wochen nicht all zu viel erwarten, sondern eher davon ausgehen, dass die Edelmetallpreise vor sich hindümpeln werden bzw. "nach oben gedeckelt" bleiben.
© Florian Grummes
www.goldnewsletter.de
10Quelle: pro aurum Silberedition vom 18.10.2016
Kostenloser Newsletter: http://eepurl.com/pPhCf
Hinweis Redaktion: Herr Grummes ist Referent der diesjährigen Internationalen Edelmetall- und Rohstoffmesse, die am 3. und 4. November in München stattfindet.